Harley Quinn

Harley Quinn - Prüfungsstress

von Sam Humphries, Sami Basri, Otto Schmidt
Rezension von Gabriel Zupcan | 25. August 2020

Harley Quinn - Prüfungsstress

Ein Megaevent mit unzähligen Tie-Ins ist stets der große Hype den der Verlag anpreist, die neuen Fans staunen und die alten Fans grummeln lässt. Insbesondere bei Serien mit eigener Dynamik wirkt es oft störend, wenn plötzlich Ereignisse, die nichts mit der Story zu tun haben, dazwischenfunken. Harley Quinn und ihre Autoren lassen sich von solcherlei Unsinn nicht beirren und führen einen eigenen Guerillakrieg gegen das Megaevent.

Die Serie ist allgemein bekannt für ihr brechen der „4th Wall“ zum Leser und in diesem Band wird es auf die Spitze getrieben. Fans des Surrealen und besonders langjährige Comicfans werden hier ausgiebig mit Insidern und Seitenhieben auf DCs typische Crossover gut unterhalten.Die Serie ist allgemein bekannt für ihr brechen der „4th Wall“ zum Leser und in diesem Band wird es auf die Spitze getrieben. Fans des Surrealen und besonders langjährige Comicfans werden hier ausgiebig mit Insidern und Seitenhieben auf DCs typische Crossover gut unterhalten.Es beginnt herzlich nerdig: Harley und ihre Freundinnen spielen eine Runde „Knights & Knaves“ (höhö), ein Spiel das Harley von einer alten Dame erworben hat. Prompt werden die Damen in eine Fantasy-Version von Gotham hineingesaugt: Das Königreich von Gotham! Dort herrscht eine böse Königin, die die wahre Königin (Selina höchstselbst… wie passend!) vom Thron gestoßen hat. Dummerweise kann sich nur Harley daran erinnern, dass dieses D&D-Jumanji nicht die echte Realität ist, die wohl jemand mit tatsächlicher Zauberei manipuliert hat… Harley begegnet zahlreichen Gothamer Gestalten in ihrer Fantasyinkarnation, was überaus köstlich ist. Die Seitenhiebe sind köstlich und manchmal braucht man durchaus länger um zu erkennen, welche Figur gemeint sein könnte.

Nach diesem Rollenspieler-Nonsens stellt sich heraus, dass es eine von Harleys Prüfungen war. Sie soll den Herren von Chaos und Ordnung (wieder einmal überdimensionale, gottgleiche Entitäten – hatten wir davon nicht bereits eine Menge?) zeigen ob sie würdig ist, ihr Engel der Vergeltung zu werden. Harley interessiert das eigentlich herzlich wenig, denn – und hier nimmt die Geschichte einen ungewohnt ernsten Einschlag – ihre Mutter liegt mit einer schweren Krebserkrankung im Krankenhaus. Harley überlistet sogar den Tod selbst (es ist NICHT Necron…), doch dann taucht die neueste Version von Lex Luthor auf und das Tie-In zum „Jahr des Schurken“ Event beginnt. Darin bietet Luthor als Technoversion des Teufels diversen Schurkencharakteren die Möglichkeit, ihre sehnlichsten Wünsche zu erfüllen. Autor Sam Humphries ergreift die Gelegenheit, um sich auf mehreren Ebenen mit dem Phänomen des Tie-Ins und Crossover-Events zu beschäftigen. Harley verarscht Lex nach Strich und Faden, andere Serien werden auf die Schippe genommen (Lois & Clark als Superagenten in Spandexkostümen), man liest stellenweise ein Comicheft, das Harley im Comic in den Händen hält. Das ist alles ganz großes Kino, ein Genrekommentar vom allerfeinsten. Am Ende jedoch kommt der bittere Ernst: Lex kann das Leben von Harleys Mutter retten. Wird sie sein Angebot annehmen?

Die surreale Erzählung etabliert, dass Harley eine Art Dualwesen ist: ihre Geschichten spielen sowohl außerhalb als auch innerhalb der regulären DC Kontinuität. Das ist derart wirr, dass es wieder Sinn macht. Wie sonst soll man erklären, dass die Harley ihrer eigenen Serie derart unterschiedlich zur Harley in anderen Serien (Hallooo Suicide Squad!) ist?Generell ist der Band von Dualitäten geprägt. Nonsens und Gute-Laune-Humor wechseln sich mit tragischem, persönlichem Schicksal ab. Trauer, Nostalgie, Melancholie werden abgelöst durch cartoonigen Slapstick. Die grafische Aufmachung überschreitet ebenfalls hier und da die Grenzen zum Cartoon, aber das stört keineswegs und ist thematisch richtig. Insgesamt ein schön gezeichneter Band mit Liebe zum komischen Detail.

Harley Quinn balanciert den engen Drahtseilakt zwischen Komödie und Tragödie und kann in beiden Bereichen durchaus überzeugen. Gute Laune wird hier von nachdenklichen Stellen abgelöst. Der Harlekin steht nicht nur für reine Clownereien zur Verfügung. Wenn man schon keine Tie-Ins mag, diesen „Anti-Tie-In“ sollte man sich jedenfalls gönnen.

Details

Bewertung

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