Manche Veränderungen kommen langsam und schleichend, sodass man sie gerne ignoriert. Oder zumindest gedanklich so weit vor sich herschiebt, dass man sich nicht mit ihnen beschäftigen muss. Eine Möglichkeit, um diese trotzdem wieder in Erinnerung zu rufen, ist, sie in ein anderes Setting zu transportieren. D.K. Berg ist mit ihrem Roman „Dürre – Schatten der Vergangenheit“ einen solchen Weg gegangen. Denn ihr Werk spielt in einer fernen Zukunft.
Gerade noch freut sich Jack O’Connor, weil seine Freunde dafür sorgen, dass der geniale junge Programmierer nach dem Schreiben illegaler Software aus Mangel an Beweisen vom Gericht freigesprochen wird. Doch nur kurz darauf hat ihn sein Vater auf Luna V abgesetzt, einem landwirtschaftlich genutzten Mond, wo es so gut wie keine Technologie gibt und sein Onkel Amos ein strenges Regime führt. Und diese Bezeichnung ist eigentlich noch untertrieben, denn in Wahrheit ist er ein aufbrausender, cholerischer Mann, der es genießt, anderen Schaden zuzufügen. Und obwohl Jack ihm dabei hilft, ein Bewässerungssystem zu entwickeln, das der Farm seines Onkels einen großen Vorteil verschafft, wird er beinahe jeden Tag systematisch verprügelt.
Joe heißt eigentlich Joanne, lässt sich aber niemals so nennen. Als sie von Terra Nova aus eine Brieffreundschaft mit einem Jungen namens Jack beginnt, ahnt sie nicht, dass dies zu einem Schüleraustausch führen soll, wo sie zehn Tage auf dem Landwirtschaftsmond wohnen soll. Etwas, das mehr als nur einen Kulturschock für sie in Petto hat. Denn tatsächlich gibt es familiäre Verflechtungen zwischen Jack, seinem Vater, seiner Tante und ihr selbst, von denen niemand weiß. Und all diese beginnen sich zu einem Zeitpunkt zu entfalten, auf dem das ökologische Gleichgewicht auf dem Mond kurz davor ist zu kippen.
Macht Technologie alles besser? Das ist eine Frage, die in diesem Roman auf mehreren Ebenen thematisiert wird. Die Antwort muss man sich beim Lesen selbst bilden, aber Technologie ist ein Werkzeug, das man wie jedes andere für verschiedene Zwecke einsetzen kann. Sowohl ihre Anwesenheit als auch ihre Abwesenheit können massive Folgen haben. Hinsichtlich Bewässerung und Wasserversorgung gibt es auf unserem Planeten einige sehr gute Beispiele, welche Folgen falsches Vorgehen haben kann, beispielsweise auch in Spanien. Von dem allgegenwärtigen Dürre-Thema spielen aber auch Gewalt und Unterdrückung große Rollen. Zum einen ist da der sadistische Familienpatriarch, der seine Frau und einen Neffen mit Schlägen gefügig halten will. Zum anderen werden Strafgefangene auf dem Mond wie moderne Sklaven gehalten, über elektronische Fußfesseln kontrolliert und bestraft. Erstaunlich ist, dass der Protagonist trotz seiner Situation es als oberste Priorität sieht, der Gemeinschaft zu helfen, während er selbst in totaler Unterdrückung lebt. Dieser Punkt ist der einzige, der im stimmungsvoll angelegten Setting ein wenig unglaubwürdig wirkt. Denn für den zweiten fraglichen Aspekt, dass es so viele familiäre Verknüpfungen zwischen den Charakteren gibt, kann man zumindest eine Person im Hintergrund vermuten, die die Strippen zieht. Insgesamt ist das Werk spannend, selbst wenn man technisch nicht zu sehr in die Tiefe geht. Aber das ist für die Geschichte auch nicht nötig.
„Dürre – Schatten der Vergangenheit“ ist der erste Roman einer Reihe von D.K. Berg, der zahlreiche Themen unserer Zeit aufgreift und in ein anderes futuristisches Setting überführt. Auch wenn das Werk sehr gut gelungen und durchgehend spannend ist, muss man mögliche Leser*innen warnen. Denn das allgegenwärtige Gefühl von Gewalt und Unterdrückung ist sicher nicht für alle geeignet. Man kann allerdings hoffen, dass in der Fortsetzung gegen diese Ungerechtigkeit aufbegehrt wird.
Details
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Erschienen:05/2024
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Umfang:417 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ISBN 13:9783384240934
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Preis (D):19,00 €