Der letzte König von Osten Ard

Die Kinder des Seefahrers, Band 1

von Tad Williams
Rezension von Stefan Cernohuby | 17. Dezember 2025

Die Kinder des Seefahrers, Band 1

Liest man einen Roman, hat man einen großen Vorteil gegenüber den Charakteren. Man ist in der Lage von Geschehnissen zu wissen, die am anderen Ende der Welt vonstattengehen und parallele Handlungsstränge zu verfolgen. Etwas, was auch im ersten Teil von „Die Kinder des Seefahrers“ von Tad Williams für die handlungstragenden Personen hilfreich wäre. Doch da der Autor ihnen diese Fähigkeit nicht zu gesteht, bleibt ein Gefühl der Verzweiflung immer präsent.

Sowohl Simon als auch Miriamel denken voneinander, dass sie gestorben sind. Dabei sind weder König noch Königin verstorben, sondern wurden von den Ereignissen mitgerissen. Denn das Böse kann unterschiedliche Gesichter haben. Das von kleinen Adeligen, die nur einen Vorteil für sich erreichen wollen, und das einer uralten Nornenkönigin, welche die ganze Welt brennen sehen will. Tödlich können trotzdem beide sein. Denn während letztere auf einem großen Feldzug ist, um nicht nur ihre Erzfeinde, die Sithi, auszulöschen, sondern einen noch unbekannten Plan zu verfolgen, ist der ehemalige Stadthalter Pasevalles nur auf Rache und sein eigenes Wohl bedacht. Beide bringen jedoch ganze Reiche und den Status Quo zu Fall. Und doch gibt es noch Hoffnung sowie weitere interessante Handlungsstränge. Denn auch Morgan, der Enkel des Königspaars, ist mit einer abtrünnigen Opfermutigen auf dem Weg ins Gebirge. Dort treffen sie nicht nur alte Bekannte des Thronebern, sondern auch auf ein uraltes Geheimnis, das vermutlich den Krieg entscheiden könnte.

Jede Geschichte hat irgendwann ein Ende. Auch die große Saga um Osten Ard nähert sich ihrem Abschluss. Doch noch immer gibt es eine Menge Fragen, die nicht beantwortet sind. Weder im Fall, wer welche Rolle spielt. Also Retter oder Zerstörer. Unwissentlicher Handlanger oder insgeheimer Schläfer. Noch ist klar, wer oder was das die Tochter des Seefahrers ist oder was sein einstiges Schiff betrifft. In beiden Fällen ist nicht zu erahnen, wo die Geschichte hinführt. Lediglich der Wunsch nach Zerstörung der Nornenkönigin Utuk’ku scheint vorhersehbar – auch wenn ihre Pläne selbst, besonders hinsichtlich eigentlich bereits verstorbener und wiederbelebter Verwandter trotzdem nicht nachvollziehbar sind. Dennoch hat man beim Lesen deutlich den Eindruck, dass die Spielfiguren auf einem riesigen Spielbrett immer weiter auf ihre finale Position vorrücken. Man spürt, dass nicht alle lieb gewonnenen Charaktere am Leben bleiben werden oder gar können. Denn es wird großer Opfer bedürfen, um der Vernichtung zu entgehen, wenn dies überhaupt möglich sein sollte. Und letztendlich muss man auf die Beantwortung der Frage warten, wer nun tatsächlich der letzte König von Osten Ard sein wird.

Der erste Band von „Die Kinder des Seefahrers“ ist gleichzeig auch Teil des vierten Bandes der Reihe „Der letzte König von Osten Ard“. Man merkt, dass eine Ära zu Ende geht, nicht nur wegen des Alters der Charaktere. Jegliche Entscheidung, jeder Schritt, jeder Spielzug zeigen, dass die Handlung auf ein großes Finale hinsteuert. Ein Finale, das man auf jeden Fall miterleben möchte.

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