Kein Zurück

von Stephen King, David Nathan (Sprecher*in)
Rezension von Stefan Cernohuby | 19. November 2025

Kein Zurück

In mittlerweile über 50 Jahren hat Stephen King schon beinahe über jedes Thema geschrieben. In den letzten Jahren lässt er in seine manchmal phantastischen, manchmal nur zu realistischen Romane immer mehr Tagesgeschehen und politische Ansichten einfließen. So auch in „Kein Zurück“, in dem er gleich zwei gleichermaßen wichtige Handlungsstränge verfolgt.

Holly Gibney ist mittlerweile die Betreiberin des Detektivbüros „Finders Keepers“ und hilft neben ihren Standard-Aufgaben, wie zum Beispiel dem Wiederfinden von gestohlenem Schmuck, auch immer wieder der Polizei aus. So wie bei einem Mordfall, bei dem eine Joggerin einen Zettel mit dem Namen einer Geschworenen in der Hand hält. Einer Geschworenen, die mit ihrer Entscheidung falsch lag, was einen zu Unrecht Verurteilten im Gefängnis das Leben kostete.

Doch da mit Hobbyfällen kein Geld zu verdienen ist, nimmt sie wenig später erstmalig eine Anstellung als Personenschützerin an. Sie begleitet die Feministin Kate McKay auf einer Buchtour quer durch die USA, wo sie hauptsächlich von militanten Abtreibungsgegnern und christlichen Fanatikern bedroht wird. Nach einem Beinahe-Giftanschlag ist jedoch schnell klar, dass es hier keineswegs um leere Drohungen geht. Jemand will sie wirklich umbringen.
Gleichzeitig passieren immer mehr Morde, bei denen die Namen von Geschworenen des gleichen Prozesses gefunden werden. Man nennt sie „die Stellvertretermorde“. Izzy, die leitende Ermittlerin in diesem Fall, ist Hollys Freundin und holt immer wieder Ideen ein.
Zwei Fälle, die zu Beginn anscheinend nichts miteinander zu tun haben, finden irgendwo Verflechtungen und viele andere Themen, die ebenfalls in den Roman einfließen. Softball, übermäßiger Ehrgeiz, Lyrik, Soul-Music, Anonyme Alkoholliker, christliche Sekten, Geschlechteridentitäten, Rassismus sind nur einige Gebiete, die ebenfalls eine wichtige Rolle für den Ausgang des Romans spielen.

Als Roman hat das Werk auf Deutsch 640 Seiten, als Hörbuch eine stolze Länge von 19 Stunden und 8 Minuten und wird von David Nathan gelesen. Kritische Stimmen könnten behaupten, dass es an manchen Stellen zu lang ist. Und tatsächlich sind nicht alle Nebenstränge, Hintergrundgeschichten und Analysen relevant, als die Ereignisse sich zuspitzen. Viele der Informationen bleiben für die Charaktere auch für im immer im Dunklen und werden lediglich den Leser*innen präsentiert. Etwas, das dazu führt, dass man möglicherweise für einige der Antagonisten sogar mehr Verständnis entwickelt als die hochgradig sozialen Heldinnen des Werks. Gerade Holly Gibney ist nicht nur eine Beinahe-Sherlock-Holmes, sondern ein derartig starker moralischer Kompass, dass man manchmal glaubt, sie könne buchstäblich alle Charaktere im Buch wieder auf den Weg der Gerechten zurückführen. Kann sie aber leider nicht. Das Werk spiegelt auch die politische Entwicklung der USA wider und geizt keinesfalls mit Kritik am System und dem derzeitigen Präsidenten, auch wenn dies nie direkt angesprochen wird. Alles zusammen ist es ein intensives Werk, das sehr nahe an Menschen und Gesellschaft dran ist und dessen einziger Horror aus religiösem Fanatismus und genauso fanatischem Glauben in die Richtigkeit der eigenen Handlung entstammt. Und das ist schlimm genug.

„Kein Zurück“ ist ein Roman von Stephen King, der in seiner Hörbuchfassung von David Nathan eingelesen wurde. Das mitunter etwas langatmige Werk enthält zwei gleichberechtigte Handlungsstränge, viel Gesellschaftskritik und mindestens genauso viel politische Tatsachenberichte, wodurch man sehr nah an den handelnden Personen dran ist. Und genau durch diese Authentizität kann man dem großen Meister auch nicht böse dafür sein, dass das Werk auch mit 100 Seiten weniger problemlos funktioniert hätte.

Details

Bewertung

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