Sandman

Kurze Leben

von Neil Gaiman
Rezension von Stefan Cernohuby | 04. April 2009

Kurze Leben

Betrachtet man die Menschheit mit einem etwas differenzierteren Blick, am besten von außen, kann man an der Existenz von Individuen eigentlich wenig Bemerkenswertes erkennen. Denn gemessen am Alter von Gebäuden, der Erde oder gar des Universums ist die Lebensspanne eines einzelnen Menschen geradezu unglaublich kurz. Doch auch Dinge, die scheinbar ewig währen, sind manchmal Veränderungen unterworfen. Genau davon erzählt der siebente Band der "Sandman"-Reihe von Neil Gaiman.

Während auf einer kleinen griechischen Insel einige ungewöhnliche Priester einer genauso außergewöhnlichen Aufgabe nachgehen, beschließt Delirium von den Ewigen, dass es nach über 300 Jahren an der Zeit ist, ihren verschollenen Bruder Destruction zu suchen. Doch allein verspricht sie sich nicht viel Erfolg. So fragt sie der Reihe nach alle ihre Verwandten, ob sie ihr behilflich sein wollen. Doch sowohl Desire als auch Despair sind davon nicht angetan. So sucht sie ihren Bruder Dream als dritten auf. Sie erwartet gerade von ihm keine Unterstützung, wird aber überrascht. Denn Morpheus sieht in ihrer hoffnungslosen Suche eine Möglichkeit, sich von seinen eigenen Problemen abzulenken. Denn nachdem ihn seine Geliebte verlassen hat, herrscht im Traumreich Regenwetter.
So besuchen die beiden Suchenden einen alten Freund von Dream und beabsichtigen ehemalige Freunde von Destruction zu seinem Verbleib zu befragen. Doch dieser hat in Weiser Voraussicht einige Vorkehrungen getroffen, da er nicht gefunden werden will. So müssen einige Unschuldige sterben und Dream beschließt, die für ihn sinnlos gewordene Suche aufzugeben, unter anderem um nicht weitere kurze Leben zu beenden. Das geht solange gut, bis er feststellt, dass ihn auch selbst nach Antworten verlangt. Und so muss er in Kauf nehmen über seinen Schatten zu springen und etwas zu tun, das er niemals wollte. Etwas, was weit reichende Folgen hat...

Ein eigenes Pantheon zu schaffen und mit einer einfachen Geschichte zu beginnen klingt nicht schwierig. Doch Neil Gaimans Saga um den "Sandman", Dream oder auch Morpheus, hat sich längst selbstständig gemacht. Sie ist zu etwas geworden, was weit über das Niveau erhebt, das man in Comics oder auch in Graphic Novels erwartet. Er diskutiert in haarsträubenden Handlungen philosophische Fragen, aus einer Perspektive, an die vorher so gut wie niemand gedacht hätte. Er streut die Gedanken aus, dass nichts von dem, was wir als ewig und unveränderlich betrachten, dies auch wirklich ist. In seinen Welten verändern sich sogar Götter und nehmen andere Berufe an, weil sie in ihrer ursprünglichen Existenzform keine Daseinsberechtigung mehr haben. Er schreckt weder davor zurück historische Persönlichkeiten in seinen Erzählungen zu verwenden, noch Gestalten aus dem DC-Universum. Und doch hat seine Schöpfung etwas eigenes, etwas völlig einzigartiges an sich. Auch der siebente Band der Reihe "Sandman" mit dem Titel "Kurze Leben" ist vom erzähltechnischen Standpunkt her nur als genial zu bezeichnen. Und auch wenn sich der Zeichenstil wieder ein wenig von den anderen Bänden unterscheidet, erfüllen die Illustrationen ihren Zweck - sie unterstreichen den Ausdruck und geben so viel oder wenig Preis, wie der Autor es beabsichtigt hat. Insofern erhält man hier beim Kauf ein weiteres einzigartiges Werk von Neil Gaiman, das seinesgleichen sucht.

"Kurze Leben", der siebente Band der "Sandman"-Reihe von Neil Gaiman ist mindestens genauso gelungen wie die vorherigen Bände - was bedeutet, er erhebt sich turmhoch aufragend über durchschnittlichen Comicwerken. Für jeden, der tiefgründige Graphic Novels mag, ist diese Reihe ein absolutes Muss.

Details

  • Autor*in:
  • Serie:
  • Band:
    7
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    02/2009
  • Umfang:
    260 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783866077829
  • Preis (D):
    24,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Gewalt:
  • Illustration:

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