Cthulhu

Mittelalter - Die dunklen Jahre

von Frank Heller, Heiko Gill
Rezension von Stefan Cernohuby | 17. März 2010

Mittelalter - Die dunklen Jahre

Manche Neuerscheinungen im Bereich Rollenspiel werden lange erwartet und lassen noch länger auf sich warten. Eines der hochwertigsten Rollenspielprodukte ist "Cthulhu", das auch eine treue und breite Fanbasis vorweisen kann. Lange haben diese Fans auf das neue Regelwerk "Mittelalter - die dunklen Jahre" gewartet, das die Spieler in eine Zeit führt, die eigentlich keines Mythos bedarf, um als dunkel bezeichnet zu werden.

Was ist hauptsächlich relevant, um sich in eine lange vergangene Zeitperiode zurückzuversetzen, man hauptsächlich aus Büchern und oft schlechten Filmen kennt? Aufgearbeiteter Hintergrund. Keine einfache Aufgabe, schließlich erstreckt sich der Inhalt des Regelwerks keineswegs "nur" über das Mittelalter. Denn worauf sicherlich viele Spieler abzielen ist die Hexenverfolgung, die aber erst nach dem eigentlichen Mittelalter seine Blüte erreichte. Darauf wird allerdings gleich in der Einleitung hingewiesen, weswegen auch die längere Zeitperiode bis 1600 verständlich erscheint.
Obwohl bereits im Jahr 2002 mit "Cthulhu 1000 AD" ein ähnlich geartetes Regelwerk erschienen ist, hat man sich nicht damit begnügt, dieses neu aufzulegen. Die Umfänge wurden deutlich erweitert und nehmen in etwa die dreifachen Ausmaße an.
Ein großer Teil besteht aus einem geschichtlichen Überblick. Dieser findet auf verschiedenen Ebenen statt. Neben einem Überblick über die Obersten des Klerus werden auch konkurrierende religiöse Gruppen genau beleuchtet. Ihnen gegenüber steht die sich nur langsam wandelnde mittelalterliche Gesellschaft, mit ihren Ständen, ihren Zwängen und ihren Gebräuchen. Dies beinhaltet sowohl die Lebensumstände in jedem Stand als auch die notwendigen Umgangsformen.
Schließlich widmet sich das dritte "Okular" endlich jenem Aspekt, der für "Cthulhu"-Spielleiter am relevantesten ist. Nämlich die okkulten und cthuloiden Erscheinungen und Ereignisse. Dies beinhaltet ketzerische Gruppierungen, nicht autorisierte Naturforscher, gefährliche Alchimisten sowie Sekten und ihre mutmaßlichen Anhänger.
Neben den passenden mittelalterlichen Schauplätzen benötigt man natürlich noch eines, um wirklich im Mittelalter "Cthulhu" spielen zu können: Charaktere.
Von diesen gibt es zahlreiche klassische mittelalterliche Berufe, die einem das Spielen in allen unterschiedlichen Ständen ermöglicht. Regeln werden allerdings nicht erklärt, man ist also auf das Grundregelwerk angewiesen.
Abschließend erhält man noch zwei Abenteuer, die in unterschiedlichen Milieus platziert wurden. Einerseits in einer Burg, andererseits in der Heimat der Wikinger.

Über 300 Seiten ist das Regelwerk "Mittelalter - die dunklen Jahre" lang. Viele verschiedene und auch bekannte Gesichter haben an der Gestaltung und Erarbeitung dieses Bandes mitgewirkt. Dabei merkt man auch, welche Herausforderung es für die Mitwirkenden war, sich dem Thema zu widmen. Illustration, Satz und Ausarbeitung sind wie immer hervorragend, aber trotzdem fühlt man sich nicht so sehr beeindruck, wie bei anderen Regelwerken. Möglicherweise liegt es einerseits daran, dass man über lange Strecken trockene und nüchterne Zahlen, Daten und Fakten serviert bekommt - nur ab und zu unterbrochen von einem cthuloiden Hinweis. Oder aber es liegt an dem Dilemma, das von den Autoren im hinteren Teil des Buchs selbst aufgebracht wird. Nämlich der Tatsache, dass "Cthulhu" seine eigentliche Faszination daraus zieht, dass hinter der nüchternen "normalen" Welt unfassbares Grauen liegt. Im Mittelalter, wo die Leute ohnehin an Hexen, Dämonen und alle möglichen anderen Grauen glaubten, kann einen da ein Dunkeldürrer erschrecken? Kann man vor ausgeweideten Leichen erschrecken, wenn man ohnehin schon mit der spanischen Inquisition und ihren Foltermethoden konfrontiert war?
Fakt ist, viele mittelalterliche Irrglauben und Volksängste brauchen den Vergleich mit cthuloiden Übeln nicht zu scheuen.
Somit ist "Mittelalter - Die dunklen Jahre" ein Werk, das zwar sicherlich interessant und spannend ist, aber definitiv nicht für alle Spieler. Es obliegt dem erfahrenen Spielleiter, in dieser Welt Szenarien zu erschaffen, das seine Spieler zu fesseln vermag. Allein vom Regelwerk her wird dies nicht gelingen, so gut wie es auch ausgearbeitet ist. Schon der ausführliche, wenngleich notwendige Geschichtsteil tut dazu sein übriges.

"Mittelalter - Die dunklen Jahre" ist zwar, wie gewohnt, ein hervorragendes Produkt des Hauses Pegasus, erzeugt aber einige Schwierigkeiten. Die mittelalterliche Weltanschauung auf der einen, die lange Zeitperiode auf der anderen Seite, bedarf es eines versierten und erfahrenen Spielleiters, um seine Spieler für diese Epoche zu begeistern, vor allem da viele mit falschen Erwartungen an die Sache herangehen. Inwiefern es sich zum Spielen eignet, muss sich noch herausstellen, rein von der Arbeit und dem Ergebnis her ist das Werk sein Geld auf jeden Fall wert.

Details

  • Serie:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    10/2009
  • Umfang:
    312 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ASIN:
    393782684X
  • ISBN 13:
    9783937826844
  • Preis (D):
    39,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Spieltiefe:

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