Auf dunklen Schwingen


Rabenschwarze Geschichten
von Melanie Vogltanz
Rezension von Stefan Cernohuby | 27. November 2017

Auf dunklen Schwingen

Hoch oben in den Lüften fühlt sich ein Vogel vermutlich frei und ungebunden. Je näher er jedoch der Erde kommt und je tiefer er fliegt, umso mehr passen sich die Federn des jeweiligen Vogels der Farbe seiner Umgebung und seiner Beschäftigung an. Besonders morbide Flattermänner besitzen dementsprechend ein schwarzes Federkleid. Kein Wunder also, dass ein Buch von Melanie Vogltanz namens „Auf dunklen Schwingen“ rabenschwarze Geschichten enthält. Besonders, wenn man sie und ihre Werke kennt.

Das Buch ist, nach einer Warnung vor dem absoluten Fehlen eines Happy Ends, in drei Abschnitte aufgegliedert. „(K)ein Märchen“, „Rabenfeder, Wolfsgeheul“ und „Schöne, neue Welten“. Im ersten Abschnitt begegnet man einem Zyniker, der plötzlich ein Stück Magie in seiner Welt entdeckt und dank der magischen Musikerin einen Weg in eine neue Welt. Eine Welt, die auf seine Einstellung nicht vorbereitet ist.
Häuser im tiefsten Wald sind heutzutage sicher keine Hexenhäuser mehr. Sollte man annehmen. Und die Geschichte mit dem Ofen ist sicherlich auch schon längst überholt, oder?
Wenn man das schönste, reinste Wesen der Welt kennenlernt und man sich zwischen diesem und dem Leben seiner Liebsten entscheiden muss, ist jede Entscheidung falsch.
Im zweiten Teil des Buchs wechseln Wesen ihre Gestalt. Wölfe, Vögel und Menschen kommen vor – nicht alle sind das, was sie zu sein scheinen. Sie sind brutal, verzweifelt und wahnsinnig, immer fließt Blut.
Die schönen neuen Welten beinhalten fehlgeschlagene Experimente der Nahrungsmittelindustrie, interessante Alternativen zu medizinischen Tierversuchen und eine Zukunft, in der Ratten und Hunde nicht immer so einfach voneinander zu unterscheiden sind.

Wie kommt unsere Redaktion an das Werk einer österreichischen Autorin, die mit gerade einmal 23 Jahren bereits sechs Romane und eben diese Kurzgeschichtensammlung vorweisen konnte. Ganz einfach, man beschwert sich darüber, dass sie zu viele Happy-Ends in aktuellen Geschichten verwendet. Dann bekommt man „Auf dunklen Schwingen“ ans Herz gelegt. Man sollte es aber nicht zu fest an sich drücken, denn das Blut auf den Seiten ist vielleicht noch nicht vollständig geronnen. Die neun enthaltenen Kurzgeschichten, von denen zwei bereits in anderen Anthologien erschienen sind, haben alle etwas gemeinsam. Sie sind erzählerisch auf höchstem Niveau verfasst, spannend und gehen alle nicht gut aus. Zugegeben, nicht alle enden mit dem Tod des oder der Protagonisten, aber die Quote ist höher als gewöhnlich. Und auf die Thematik selbst bezogen: Etliche der Geschichten bedienen sich bekannter Muster und gängigen Wesen, werde dabei aber trotzdem keineswegs langweilig. Hier merkt man, dass man es mit einer äußerst produktiven Autorin zu tun hat, die ihr Herzblut in jede Geschichte einfließen lässt. Und ja, eine gewisse Veranlagung zum Morbiden kann man ihr wohl nicht absprechen. Aber das ist eine bekannte Berufskrankheit von Autoren und Autorinnen, die zu viel mit Wien zu tun haben, selbst wenn sie nicht aus Wien sind. Von unserer Seite ist das Werk absolut empfehlenswert. Es ist als Taschenbuch und als eBook erhältlich und die perfekte Lektüre vor dem Einschlafen – zumindest, wenn man vorher noch etwas Verzweiflung verspüren möchte. Und für alle die behaupten, dass Kurzgeschichten für sie nichts sind: Melanie Vogltanz hat bereits eine ganze Menge Romane veröffentlicht. Pech, diese Ausrede zählt nicht.

„Auf dunklen Schwingen – Rabenschwarze Geschichten“ ist eine Sammlung von – nomen est omen – rabenschwarzen Geschichten von Melanie Vogltanz. Wer sich für erstaunliche, spannende und unterhaltsame Erzählungen begeistern kann, die allesamt ohne Happy End sind, sollte hier unbedingt zugreifen. Wer aber trotz dieser Warnung Hoffnung hat: Diese stirbt am Schluss. Also auf der letzten Seite.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
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