Schwarzes Blut

Wolfswille

von Melanie Vogltanz
Rezension von Stefan Cernohuby | 05. April 2018

Wolfswille

Es gibt Menschen, die behaupten es gäbe keine Zufälle. Stattdessen wäre da ein großer Plan, der sich auf jeden bezieht, ob derjenige will oder nicht. Im Roman „Wolfswille“ von Melanie Vogltanz gibt es zahlreiche Handlungselemente, die wie Puzzleteile ineinanderpassen. Doch wenn es tatsächlich einen Plan gäbe, würde der Protagonist des Romans den dafür Verantwortlichen vermutlich lautstark beschimpfen.

Alfio hat nicht nur einen seltsamen Namen, er ist auch schon sehr alt. Da er ein Wolfsmensch ist, ein Formwandler, sieht man ihm das jedoch nicht wirklich an. Doch er ist in einen harten Kampf mit sich selbst verstrickt. Stets kämpft er dagegen, dass seine bestialische Natur die Oberhand gewinnt – denn dann kann er nicht kontrollieren, was geschieht. Nur durch Schmerz und Opium hält er den Wolf teilweise unter Kontrolle. Und doch gerät er in Schwierigkeiten, als irgendein Verrückter in London damit beginnt, Prostituierte zu töten. Denn nicht nur, dass er eine der Damen kennt, ihre Beschützerin ist eine Strigoi, eine Blutsaugerin. Und diese hat sofort ihn, den Hemykin, im Verdacht, jener Ripper zu sein. Durch fingierte Beweise gelingt es Clarence Shade, ihn hinter Gitter zu bringen. Doch mehrere Versuche Alfio zu töten scheitern. Er ist nicht so leicht umzubringen. Da sich ein Arzt für ihn einsetzt, wird Alfio wieder freigelassen und zieht sich in die Wildnis zurück. Als er etwas später wieder zurückkehrt, hat sich an der Situation in der Stadt wenig verändert. Doch der Arzt, der ihm die Freiheit ermöglicht hat, möchte versuchen, ihn die Kontrolle über seine Verwandlung erlangen zu lassen. Dabei liefert sich Alfio jedoch einer ganz anderen Gefahr aus...

Was haben Bram Stoker, Mary Shelley und Jack the Ripper miteinander zu tun? Mutmaßlich relativ wenig, oder? Und doch gibt es die Möglichkeit, zahlreiche Gothic-Klassiker miteinander zu verbinden. Das ist etwas, das Melanie Vogltanz in ihrem Roman „Wolfswille“ tut, ohne dass es zu weit hergeholt scheint. Kein Wunder, ranken sich um den geheimnisvollen Mörder in Whitechapel doch so viele Legenden und Geschichten, dass man das ganze Thema ohne Probleme ins Reich das Phantastischen erheben könnten. Es gibt ein paar Details in der Handlung, von denen man nicht ganz so sehr überrascht wird, wie man gerne überrascht werden würde, aber das schmälert den Lesegenuss nur unwesentlich. Sehr konsequent ist auch, dass die Autorin im Protagonisten gar keine falsche Hoffnung aufkommen lässt, dass sich seine Situation merklich zum Besseren wenden könnte und er auf die eine oder andere Weise Frieden, Freundschaft oder ein normales Leben finden könnte. Hier wird mit dunklen Farbtönen gemalt, was man auch im Fall von „Schwarzes Blut“, dem Namen der Reihe erkennen kann. „Wolfswille“ ist jedoch allen Anzeichen zum Trotz keine Fortsetzung. Im Gegenteil, es ist ein für sich stehender Roman, der Ausgangspunkt einer neuen Trilogie ist – hier könnte man dem Verlag mangelnde Transparenz attestieren.

„Wolfswille“ von Melanie Vogltanz ist eine Gratwanderung zwischen Horror und Fantasy. Manchmal glaubt man, sie würde ihren Protagonisten die Chance geben, sich aus dem Elend ihrer Existenz zu befreien, doch die Autorin ist unbarmherzig. Das Werk ist eine liebevolle Hommage an mehrere Gothic-Klassiker, wenn man Liebevoll mit düster assoziiert. Harmoniebedürftigen Lesern, die nach einem Happy-End suchen, sei der Griff zu einem anderen Werk empfohlen. Wer sich an ein wenig Blutvergießen nicht stört, dem kann man das Werk gerne ans (schwarze) Herz legen.

Details

Bewertung

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