Salzburger Schicksalsorte

von Barbara Brunner (Hrsg.)
Rezension von Stefan Cernohuby | 18. Juli 2016

Salzburger Schicksalsorte

Es gibt Orte in unserer Umgebung, an denen sich die Schicksale anderer Menschen entschieden haben. Wenn man zudem in der Geschichte nachforscht, findet man Ereignisse, die unter Umständen nicht nur für Menschen selbst sondern sogar für eine ganze Region wegweisend waren. Barbara Brunner hat sich als Herausgeberin für das Werk „Salzburger Schicksalsorte“ betätigt, welches die Artikel einer gleichnamigen Reihe aus den Salzburger Nachrichten aufgreift.

Salzburg ist die viertgrößte Stadt Österreichs und hat seit der ersten urkundlichen Erwähnung schon beinahe 900 Jahre Geschichte, auf die es zurückblicken kann. Natürlich gab es in dieser langen Zeit zahlreiche einschneidende Ereignisse – einige von diesen wurden in der Zeitung aufgearbeitet und fanden nun ihren weg in dieses Buch.
Beispiele dafür waren der Bau des legendären Kraftwerks in Kaprun, bei dem zwar zahlreiche Menschen ums Leben kamen, jedoch auch einer der wichtigsten Beiträge zur Sicherung der österreichischen Stromversorgung unternommen wurde.
Ebenso die Vertreibung von mehreren Hundert protestantischen Bauern aus ihrem Zuhause im Jahr 1731 war ein einzelner Schachzug im Rahmen von Reformation und Gegenreformation, der aber gravierende Auswirkungen auf das Leben vieler Menschen hatte. Der Bau der Großglockner-Hochalpenstraße und das vergebliche Warten auf die Formel 1 am Salzburgring hatten unterschiedlich großen Einfluss auf das Leben der Menschen, genauso wie der Absturz des „Fliegenden Schneiders“ in seinem selbstgebauten Segelflugzeug. Der Bau des Almkanals zur Wasserversorgung von Salzburg war sicherlich ein Meilenstein im 12. Jahrhundert und viele andere Ereignisse sind bemerkenswert oder zumindest erstaunlich – so wie eine kollektiv „vergessene“ Schlacht gegen die Franzosen oder schockierend wie die Geschichten über die Hexenverfolgung. Ein Großteil der Artikel widmet sich Themen, die untrennbar mit dem zweiten Weltkrieg verbunden sind.
Eine Gestapo-Zentreale im Kloster, der Abschuss zweier Bomber, die Ermordung von Behinderten durch das Regime, Unterstützer von Hitler, schon lange vor dem „Anschluss“, ein Konzentrationslager im hochalpinen Uttendorf. Auch Stollen, zum Schutz vor Bomben gebaut, ein verschwundenes philosophisches Paradies und SS-Todesschwardrone werden erwähnt - selbst das ehemalige Haus der singenden Familie Trapp steht in direktem Bezug zum einstigen NS-Regime.

Ja, das Bundesland Salzburg hat, wie auch seine Hauptstadt, eine bewegte Vergangenheit, in welcher sich das Schicksal vieler Menschen an unterschiedlichen Orten entschieden hat. Sowohl die Serie, die in den „Salzburger Nachrichten“ erschienen ist, als auch das von Barbara Brunner herausgegebene Buch machen Sinn – denn viele Details der Ereignisse aus dem Salzburger Land weiß der gemeine Bürger nicht, schon gar nicht als Wiener. Insofern ist das Buch informativ, spannend und gut recherchiert. Dennoch liegen sehr viele Schwerpunkte der Artikel auf Ereignissen zur Zeit des NS-Regimes. Ja, es gibt zahlreiche Begebenheiten, die man nie vergessen sollte und deren zeit- und schicksalsbestimmende Funktion außer Frage steht. Dennoch hat Salzburg, wie zu Beginn erwähnt, fast 900 Jahre Geschichte vorzuweisen. Hier wäre eine etwas bessere Balance wünschenswert gewesen. Dennoch kann man das Werk, das im Anton Pustet Verlag erschienen ist, trotzdem empfehlen. Denn viele der „Spotlights“, die hier aus der Geschichte herausgegriffen wurden, sind nicht nur altbekanntes Wissen, sondern tatsächlich Neues, dem man sich bedenkenlos widmen kann, wenn man sich für die Geschichte des Landes interessiert.

„Salzburger Schicksalsorte“ ist ein von Barbara Brunner herausgegebenes Werk, das verschiedene Artikel in sich vereint, die allesamt Schicksalsorte aus der Salzburger Geschichte im Fokus haben. Auch wenn die unterschiedlichen „Spotlights“ aus fast 900 Jahren nicht völlig ausgewogen über den Zeitraum verteilt sind, beinhalten sie doch viel Wissen, das man als relevant bezeichnen und historisch interessierten Lesern ans Herz legen kann.

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