Denkt man an die griechische Mythologie kommen einem mehrere Dinge in den Sinn. Das Pantheon aus immer streitenden Göttinnen und Göttern. Gewaltige Kriege, welche dieselben angezettelt haben, im Streit um die Gunst der Sterblichen. Und nicht zuletzt die Helden, welche in ihrem Namen Krieg führten und Heldentaten vollführten. Nur selten besinnt man sich aber der Heldinnen des Mythos. Françoise Rachmühl und François Roca wollten Abhilfe schaffen und haben „Heldinnen des Mythos“ verfasst.
Schon im Vorwort wird klargestellt, dass es gute Gründe gibt, sich mit den Frauen aus der griechischen Mythologie auseinanderzusetzen, da diese nicht nur wichtige Positionen innehatten, sondern auch in vielen Situationen Ereignisse ausgelöst oder Entscheidungen getroffen hätten, die ihrer ursprünglich zugedachten Rolle widersprachen. Diese Frauen werden im Buch auf unterschiedliche Weise präsentiert – natürlich auch in Porträts, die von Françoise Rachmühl stammen.
Helena war Frau von Menelaos, des Königs von Sparta, und wurde danach von Paris dazu überredet, mit ihr nach Troja zu fliegen. So wurde sie ein Auslöser für den Trojanischen Krieg, bevor sie nach diesem wieder zurück nach Sparta mitgenommen wurde.
Penelope, Odysseus Gemahlin, wartete 20 Jahre auf ihren Ehemann, um dann ihr Leben gemeinsam zu beschließen. Eurykleida, die Amme des Odysseus darf hingegen selbst von ihrem Leben berichten. Von der der Geburt des großen Helden bis in ihr hohes Alter, wo sie ihren einstigen Schutzbefohlenen an seinen Füßen erkennt.
Antigone, die Tochter des Ödipus, wird wieder von außen betrachtet, in Wechselwirkung mit ihrem Vater, ihrer Mutter und ihrem Bruder, dessen Bestattung sie letztendlich ihr Leben kostet.#Weitere behandelte Frauen sind unter anderem Ariadne, die Theseus auf der Insel Naxos zurückließ, die Amazonenkönigin Antiope und die Blutrache nicht scheuende Medea.
Das ursprünglich auf Französisch als „Mythiques: Héroïnes de légende“ erschienen ist, versucht nun einerseits optisch weibliche Mytengestalten in Bild zu fassen, als auch die wichtigen Rollen zu unterstreichen, welche jene Frauen in der Mythologie innehatten. Ihre Taten werden reflektiert, die Folgen hervorgehoben, die jene Handlungen hatten. Teils wird auch über verschiedene Motive und Beweggründe diskutiert. Das natürlich jeweils im Kontext des für die Gestalten entstandenen Bilder. Was im Buch aber leider gar nicht zur Sprache kommt, ist der Kontext der Entstehung der einzelnen Frauenschicksale, die aus unterschiedlichen Zeiten und aus unterschiedlichen Quellen stammen. Gerade im Hinblick auf behandelte Amazonen und Frauen, die sich ihren Männern widersetzt haben, ist die Sichtweise natürlich durch diejenigen geprägt, welche die Geschichtsschreibung innehatten. Und selbst in einer Geschichte, um die sich Mythen und Sagen ranken und bei denen vermutlich nur ein Kern tatsächlich irgendeiner Wahrheit entspricht, ist die Perspektive eine männliche. Hier hätte man etwas tiefer graben können, als die Überlieferung aussagt und so einige Details hinterfragen. Vielleicht wäre das aber angesichts der sehenswerten Porträts der Künstlerin zu ambitioniert oder zu viel Aufwand geworden.
„Heldinnen des Mythos“ von Françoise Rachmühl und François Roca versucht einerseits, weiblichen Heldinnen (und Opfern von Helden) der griechischen Mythologie ein Gesicht zu geben und sie anderseits auch auf Basis ihrer Erzählungen vorzustellen. Während ersteres optisch eindrucksvoll passiert, wirken die Zusammenfassungen ihres Wirkens trotz verschiedener Perspektiven eher zweidimensional, ohne viel von der Entstehung ihrer Legenden zu hinterfragen. Und dieser Punkt ist es, der das Werk letztendlich nur durchschnittlich erscheinen lässt.
Details
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Originaltitel:Mythiques: Héroïnes de légende
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Erschienen:07/2024
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Umfang:96 Seiten
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Typ:Hardcover
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ISBN 13:9783964282453
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Preis (D):25,00 €