Ab ins Netz?!


Wie Kinder sicher in der digitalen Welt ankommen und Eltern dabei entspannt bleiben
von Katja Reim
Rezension von Stefan Cernohuby | 23. Juni 2017

Ab ins Netz?!

Das Internet ist nur noch für die wenigsten Erwachsenen „Neuland“, trotzdem stehen insbesondere Eltern heutzutage vor einem Problem, das früher einfach nicht existent war. Denn wie führt man ein Kind behutsam an eine Welt heran, die sich – in ständiger Veränderung und Entwicklung befindend – als Wunderland mit Antworten auf alle Fragen darstellt? Journalistin und Mutter Katja Reim versuchte in einem Buch eine Antwort zu präsentieren. „Ab ins Netz?! – Wie Kinder sicher in der digitalen Welt ankommen und Eltern dabei entspannt bleiben“

Katja Reim beginnt zuerst mit einer Episode aus ihrem eigenen Leben. Sie stellt klar fest, dass sie eine Art Nestflüchter war, alle möglichen Dinge ausprobiert hat und dabei meist ihrem Bauchgefühl gefolgt ist. Sie führt im Folgekapitel aus, dass sie dasselbe Vorgehen auch in Bezug auf die Erziehung ihrer Tochter, beziehungsweise auf deren erste Kontakte mit Technologie und unterschiedlichen Medien gewählt hat. Zwar erwähnt sie, dass es zu den Themen Theorien und Studien gibt – beispielsweise für Fernsehzeit, Hörspiele, Computer – aber auch, dass sich empfohlene Zeiteinschränkungen für sie als unrealistisch, beziehungsweise nicht einhaltbar erwiesen haben. Auch was die Nutzung von Smartphones angeht, wird gleich auch auf für frühe Altersgruppen nutzbare Spiele und Applikationen eingegangen – unter anderem wird „Geocaching“ angeführt. Weitere Themen im Buch sind das irreale und unglücklich machende Konzept Werbung – sowohl in Flyern als auch im Fernsehen –, die Unterscheidung zwischen Realität und Fiktion sowie Rabattkarten in Einkaufsketten. Danach findet die Autorin wieder zu ihrem eigentlichen Thema zurück, schreibt über Datenvervielfältigung im Internet, Entwicklungsschritten ihrer Tochter von „zwei Geld“ zu „digitalem Geld“ und Tipps für eigene Smartphones für Kinder. Nach SPAM folgt zuerst ein eher esoterischer Ansatz über Wahrheit und unterschiedliche Sichtweisen, bevor es plötzlich konkret wird. Quellennachweise gegen Fake News und die Möglichkeit über den eigenen Computer gefilmt zu werden, setzen das Buch fort. Dann macht es einen Schlenker in Richtung Mobbing und stellt dann verschiedene beliebte Computerspiele vor. Nachdem Unterschiede zwischen Mädchen und Jungs behandelt werden, ist schlussendlich der Moment gekommen, um die Geschichte des Internets auszuarbeiten und zu erklären, wem es gehört.
Alle Kapitel sind dabei mit Zitaten durchsetzt und zusätzlich durch Daniela Meier-Soriats „Sketchnotes“ illustriert, welche Gedankengänge und Abhängigkeiten verschiedener Themen grafisch darstellen, was leichteres Verständnis ermöglichen soll.

Wie die ziemlich lange Inhaltsangabe zeigt, hat das Buch eine bunte Vielzahl an Themen, die es einem interessierten Leser präsentiert. Eine Menge Themen, über die mitunter etliche eigene Sachbücher verfasst wurden. Grundsätzlich ist das kein Problem, denn das Werk möchte ja keine Facharbeit ersetzen, sondern eigentlich Kinder und Internet, also digitale Medienkompetenz behandeln. Das „eigentlich“ ist das Problem, denn das Buch selbst folgt keinem wirklichen Konzept. Vor allem die Einleitungskapitel und auch einige Abschnitte zwischendurch folgen dem klassischen Blogansatz. Die Verfasserin eines Eintrags hat da etwas gemacht, etwas ausprobiert, ein bisschen variiert und dann für sich selbst eine zufriedenstellende Lösung der Mediennutzung für sich und ihr Kind gefunden – weil sie eben auf ihr Bauchgefühl gehört hat. Dann geht es plötzlich um technische und gesellschaftliche Konzepte, die insbesondere in sozialen Medien Anwendung finden. Hier geht es um eine witzige Illustration des eigenen Ansatzes, da um eine reichlich trockene Abhandlung darüber, wie Journalisten arbeiten (sollten). Hier wird ein tragischer Fall von Internethetze mit Todesfolge besprochen, da dass die Tochter mittlerweile lieber Minecraft spielt und gelegentlich einen Spruch bei Twitter absetzen darf – so sie möchte. Hätte das Buch einen konsistenteren Aufbau, einen roten Faden und würde nicht zwischen lockerem Bauchgefühl und wissenschaftlich-historischen Abhandlungen hin und her springen, hätte es uns vermutlich eher überzeugen können. Auch einige Zusammenhänge sind etwas schwer zu beurteilen. So schreibt Katja Reim zu Beginn darüber, viele essentielle Informationen einfach zu googeln, um ihrer Tochter Dinge zu erklären. Später wird das im Rahmen des Kapitels über Quellennachweise stets mit einem Fragezeichen versehen – weil man ja nicht sofort sagen kann, ob das stimmt. So muss man letztendlich selbst auf die vielen Quellen, auf die das Werk verweist, einen genaueren Blick werfen, um zu evaluieren, wie ernst man einige der Aussagen nehmen kann. Man kann es also mit folgenden Worten sagen: Jeder Journalist muss selbst darüber entscheiden, welche Quellen er für relevant genug betrachtet, sie für ein Werk heranzuziehen.

„Ab ins Netz?! – Wie Kinder sicher in der digitalen Welt ankommen und Eltern dabei entspannt bleiben“ ist ein Buch der deutschen Journalistin und Mutter Katja Reim, das bei Kösel erschienen ist. Es versucht eine Menge mehr zu sein als das, was es ursprünglich verspricht. Darunter ein Erlebnisblog, ein Ratgeber, ein Werk mit Fachinhalten und historischen Aufarbeitung. Leider scheitert das Buch genau daran. Es hat keinen roten Faden, präsentiert sich als Sammlung von Texten mit unterschiedlicher Relevanz und Glaubwürdigkeit und stellt Inhalte zusätzlich noch in „Sketchnotes“ einer Mitautorin dar, die im besten Fall kreativ aussehen, jedoch nur in den seltensten Fällen etwas zum Verständnis der Materie beitragen. Daher kann man das Buch nur eingeschränkt empfehlen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Erschienen:
    04/2017
  • Umfang:
    223 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783466310791
  • Preis (D):
    14,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Anspruch:
  • Illustration:

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