Das Schwarze Auge

Herokon Online

von Erdenstern
Rezension von Stefan Cernohuby | 09. Dezember 2012

Herokon Online

Manche Künstler oder Musikgruppen sind dafür bekannt, dass ihre Kompositionen und Arrangements bestimmte Ausrichtungen haben. Auch die deutsche Band Erdenstern fällt unter diese Kategorie. Denn sie sind besonders dafür bekannt, stimmungsvolle Musik zu schaffen, die in erster Linie als musikalische Untermalung von Rollenspielen dient und sich dabei zum Teil an aktuellen Filmsoundtracks orientiert. Nach "Elyrion", "Die Chronik Aventuriens" und dem Cthulhu-Ausflug "Berge des Wahnsinns" widmet sich das vierte reine Themenalbum wieder der Welt aus "Das Schwarze Auge", genauer gesagt dem Online-Rollenspiel Herkokon Online.

Das Album beginnt, wenn man es so will, mit dem Titelsong, der den Namen "Das Buch Herokon" trägt. Schon hier fühlt man sich bereits erstmals, als befände man sich am Beginn eines Filmsoundtacks, besonders beim Refrain, der vielleicht nicht unbeabsichtigt ein wenig Ähnlichkeit mit gewissen Piratenabenteuern hat.
"Willkommen in Aventurien" ist eine sanfte Begrüßung von Abenteurern auf einem gar nicht so ungefährlichen Kontinent. Ein wenig glaubt man sogar, auf dem Rücken eines haarigen Drachens durch die Lüfte zu reiten - nein, das war ein anderes Universum.
Um etwas genauer zu definieren, was dem typischen Aventurier tagtäglich begegnet folgt "Das ist unsere Heimat" (witzigerweise nicht DSA), das Lied präsentiert sich jedoch sehr folkloristisch und kann nicht vollends überzeugen.
Ähnlich geht es in "Spielt die alten Lieder!" weiter, wo man auch beinahe ein bekanntes Kinderlied heraushören kann.
Beinahe melancholisch wird die Stimmung in "Goldenes Herbstlaub". Streicher in Moll tragen das Lied, nur selten blitzt ein wenig Hoffnung auf.
"Über die weite Ebene" stellt eine musikalische Interpretation großer Entfernungen dar. Ein gelungenes Stück, selbst wenn es leichte Ähnlichkeiten mit dem Schnulzen-Titelsong eines der größten Tragik-Blockbuster aller Zeiten hat.
"Dichtes Unterholz" ist ein Lied, wie man es sich für einen Rollenspiel-Soundtrack nur wünschen kann. Es ist unaufdringlich, vermittelt aber dennoch dezent Spannung.
Mit "Hauen und Stechen" geht es erstmals weniger friedlich zur Sache. Schon mit dem Türöffnen am Beginn spürt man die sich anbahnende Spannung. Kampfgeräusche und gurgelndes Stöhnen machen klar, dass es ans Eingemachte geht - der Track ist nur etwas kurz.
"Durch den Morast" stellt wieder ein Lied der Reisekategorie dar, beginnt aber erst nach der Hälfte akustisch interessant zu werden. So bleibt es halb Hintergrund und halb Vordergrund.
Ein Gong leitet "Unser Tempel" ein. Leicht sphärische Klänge werden erst weit nach der Hälfte durch einige stimmliche Akzente erweitert.
Weit mehr treibende Kraft steckt hinter "Für den König und das Volk". Hier hat man akustisch den Eindruck, die Parade einer Heldentruppe vor sich zu sehen.
Im Krieg müssen oft harte Entscheidungen getroffen werden. "Haltet die Anhöhe!" soll eine solche akustisch illustrieren. Tatsächlich ist das Lied jedoch zu sanft geraten und versprüht gerade im Refrain "Ich sehe den Elfenbeinturm"-Feeling.
Dass es "In dunklen Ecken" nicht immer mit rechten Dingen zugeht, versteht sich von selbst. Dementsprechend lauernd und unstet ist auch das entsprechende Lied - eine gelungene Adaption.
Eine "Spelunke" ist oft zweite Heimat für allerlei zwielichtiges Gesindel. Allerding scheint sich in diesem Fall eine griechische Musikertruppe in die Spelunke geschlichen zu haben, die deutlich zu viel Ouzo intus hat.
"Meterhoch Schnee" ist sicher etwas, womit man sich weder auf Reisen, noch als örtlicher Schneeschaufler gerne konfrontiert sieht. Das Lied ist jedoch eher eine Hommage an das Fallen des Schnees und sein Aussehen als seine Auswirkung.
Sehr ruhig scheint es in magischen Instituten zuzugehen. "Die Magierakademie" präsentiert sich zwar geheimnisvoll und versprüht magischen Charme, bleibt aber dennoch gebremst, ohne wirklich viel Fahrt aufzunehmen.
"Krieger bis zum Horizont" klingt nach einer eindrucksvollen Kulisse. Die Frage ist eben, ob feindliche oder verbündete Krieger. Da der "Bedrohungsgrad" des Liedes nicht so hoch ist, kann man sich wohl eher den Anblick einer gewaltigen Armee vorstellen.
"Am Portal des großen Tempels" kann man zu Beginn sogar Greensleeves hören, danach entfaltet sich seine Bedeutung akustisch, bleibt aber trotzdem stets ruhig.
"Der Wind steht günstig" klingt nach Aufbruch. So vermeint man nach anfänglichem Alltag eine Veränderung zu hören, die möglicherweise einen Charakter aus der bekannten Heimat ins Ungewisse führt.
Den Abschluss macht "Zeit der Abenteuer". Wenn der Charakter im vorherigen Lied seine Enttäuschung getroffen hat, trägt sie nun im letzten Lied der CD ihre Früchte. Man kann sich vorstellen, einen Reisenden auf seiner ersten gefährlichen Reise zu begleiten, dem die Gefahren erst langsam bewusst werden und der sehenden Auges in ein Abenteuer stolpert. Ein gelungener Abschluss.

Erdensterns aktuellstes Album, der Soundtrack zum Rollenspiel Herokon Online, hat insgesamt 20 Tracks. Darunter sind Lieder, die begeistern. Lieder, die Stimmung verbreiten und andere, die hervorragend als Untermalung für Rollenspielsessions geeignet sind. Doch leider nicht nur. Leider sind einige Stücke weder Fisch noch Fleisch - also eindeutig einzuordnen -, darüber hinaus scheinen nicht alle ihren Titel widerzuspiegeln. Darüber hinaus scheinen die Lieder auf der CD samt und sonders sehr zurückhaltend konzipiert. Nirgendwo hat man das Gefühl, das der Komponist von den wilden Pferden (und ihrer Stimmung) mitgerissen wurde, die ihm zuvor durchgegangen waren. So ist der Soundtrack letztendlich zwar stimmungsvoll und wohlklingend, jedoch leider ein wenig zu zahm. Fans und große Liebhaber von DSA und Herokon Online werden vermutlich trotzdem auf ihre Kosten kommen.

Details

  • Autor*in:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    10/2012
  • Umfang:
    1 CD
  • Typ:
    CD
  • ASIN:
    B009YWK4NS
  • Preis (D):
    15,99 €
  • Spieldauer:
    79:46 Minuten

Bewertung

  • Gesamt:
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