Die große Erzferkelprophezeiung

Zwerg und Überzwerg

von Christian von Aster
Rezension von Stefan Cernohuby | 12. Juli 2020

Zwerg und Überzwerg

Was weiß man über Zwerge in phantastischer Literatur? Meiste haben sie in allen Erzählungen gewisse Dinge gemeinsam: Sie sind klein, gedrungen, haben lange Bärte, trinken gerne Bier und schürfen nach edlen Erzen. Manchmal wird ihnen eine gewisse Eintönigkeit bei Trinkliedern nachgesagt und hinsichtlich der Zwergenfrauen gibt es verschiedene Darstellungen. Auch Christian von Aster hat sich dem Thema angenommen, sein Ton ist aber in „Zwerg und Überzwerg“, dem ersten Teil von „Die große Erzferkelprophezeiung“, deutlich apokalyptischer.

Auch wenn man es kaum wahrhaben will, die Zwerge sind ein aussterbendes Volk. Ja, generell wächst ihre Bevölkerung. Doch das liegt nur daran, dass für jeden verstorbenen Zwerg zwei neue aus den eingelagerten Eiern schlüpfen. Seit in einem schrecklichen Krieg gegen eine heimtückische Spinnenart alle Frauen (inklusive ihrer Eier) ums Leben gekommen sind, gibt es keine Hoffnung mehr. Doch Zwerge sind nicht nur stoisch und gute Trinker, sie sind auch langlebig. So sind Todesfälle sehr rar gesät. Bis zu dem Moment, als plötzlich ein Unglück nach dem anderen zu geschehen scheint. Ein Zwerg wird bei einem freundschaftlichen Faustkampf getötet, weil sein Helm verschwunden ist, eine Prophezeiung beginnt ihren Lauf zu nehmen. Etwas Böses beginnt in den Hallen der Zwerge umzugehen und offenbar kann nur einer den Untergang des kompletten Zwergenvolks aufhalten. Der Schicksalszwerg. Jener Zwerg, der aus unterschiedlichen Personen besteht, die aber wie ein Zwerg handeln …

Mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden, um die Überraschungen nicht vorwegzunehmen. Allerdings kann man hier doch einiges ansprechen, ohne den Inhalt zu verraten. Das von Christian von Aster konzipierte Zwergenvolk hat den ausgeprägten Wunsch, dass sich nichts verändert und nichts von der Norm abweicht. Dabei ist völlig unerheblich, ob der aktuelle Zustand eigentlich gut ist. Denn ewige Rivalität zwischen Feuermachern und Rauchentsorgern, permanente Ausbeutung durch Braumeister, immerwährende Routine und sinnlose Handgriffe – das ist der Status Quo in allen Bereichen. Wenn etwas nicht nach Vorschrift geht, weiß ein Zwerg nicht, was zu tun ist. Veränderung ist unwillkommen, Tradition hat Vorrang. So wäre ein Mit-Zwerg, der kein Bier mag, eine derartige Abweichung von der Norm, dass man diese möglicherweise beseitigen müsste – man könnte dies beinahe mit einem südlichen Bundesland von Deutschland und einem bekannten Fest gleichsetzen. Und ein Zwerg, dessen Ei durch ein Drachenei ersetzt wurde, müsste dieses trotzdem als Sohn aufziehen. Kein Wunder, dass es Außenstehende leicht haben, ein solches System zu unterminieren. Der Autor lässt es weder an Witz noch an Brutalität mangeln. So sollte man sich als Leser nicht zu sehr an die Charaktere gewöhnen und sie allzu liebgewinnen. Denn auch wenn es einen zweiten Band der Erzferkelprophezeiung gibt, nicht alle Charaktere werden in diesem vorkommen.

„Zwerg und Überzwerg“ ist der erste Teil von Christian von Asters „Die große Erzferkelprophezeiung“. Zwerge zeigen sich in diesem Band in all ihrer Pracht, machen aber gerade deshalb nicht immer die beste Figur – zumindest dem Leser gegenüber. Da dies aber einerseits gewollt und andererseits gleichermaßen witzig wie spannend und unterhaltsam gelungen ist, kann man das Werk all jenen Lesern empfehlen, die sowohl Zwerge mögen, als auch bereit sind, über ihre Klischees zu lachen. Denn sowohl die Menge Humor als auch die Zahl der Klischees ist auf der Zwergenskala nach oben offen.

Details

Bewertung

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