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Der Earl von Gaudibert gegen die Mächte der Finsternis - Teil 1


Der Fluch des Vincent St.John-Smythe
von M. W. Ludwig
Rezension von Stefan Cernohuby | 01. Januar 2020

Der Earl von Gaudibert gegen die Mächte der Finsternis - Teil 1

Mit den Konsequenzen von Lügen muss man leben. Das kann sowohl bedeuten, dass man überführt wird und sich dafür rechtfertigen muss, oder aber, dass man damit davonkommt und ungeahnten Erfolg durch selbige hat. Der Earl von Gaudibert ist ein Zeitgenosse, der wohl in die zweite Kategorie einzuordnen ist. Und doch muss er im ersten Teil von „Der Earl von Gaudibert gegen die Mächte der Finsternis“, welcher den Untertitel „Der Fluch des Vincent St.John-Smythe“ trägt, ganz andere Saiten aufziehen.

Eigentlich hat alles zu einem befriedigenden Ende gefunden. Zweifler am Mondfahrt-Abenteuer wurden überzeugt, Konkurrenten aus dem Rennen geworfen und selbst die Frau fürs Leben wurde gefunden. Aber irgendwie ist Graham McPherson trotzdem nicht ganz glücklich. Oder gesund. Jeden Tag muss er eine Tinktur nehmen und trotzdem funktionieren gewisse Dinge nicht. Der Vertrag für ein neues Buch will auch erfüllt werden, doch alle seine Ideen werden als zu futuristisch abgelehnt. Man will klassischere Materie. Horror. Nichts was ihm vorschwebt. Als dann noch seine Nemesis, Vincent St.John-Smythe die Dreistigkeit besitzt, ihn um Hilfe zu bitten, wird er erstmals ungemütlich und verweist ihn seines Hauses. Leider muss er kurz darauf feststellen, dass sein Erzfeind offenbar doch einigen faszinierenden Themen auf der Spur war – Stoff, der sich auch gut für einen Roman eignen würde. So startet ein neues Abenteuer, bei dem man nicht nur um den Beweis für Übernatürliches sucht, die Charaktere begegnen auch Prominenten dieser Zeit und geraten in Konflikt mit zahlreichen Stars der viktorianischen Zeit – Arthur Conan Doyle, Sherlock Holmes selbst, Bram Stoker und viele andere finden sich, gemeinsam mit einigen anachronistischen Anspielungen, in der Geschichte wieder.

Leider sind es die Anspielungen, welche die eigentlich gelungene neue Geschichte des Earl von Gaudibert zu einem etwas problematischen Stück Literatur machen. Wenn eine Ärztin namens Harleen einen Patienten namens Renfield behandelt, ein Hund namens Cujo vorkommt, den man getrost auch King nennen könnte, eine seltsame Familie Bates ein Motel betreibt, ein Mr. Morningstar dabei hilft, Texte aus einer Engelssprache zu übersetzen, über eine Statue eines Schutzpatrons der Gewalttäter und die Auswirkungen auf potentiell am Tag der Enthüllung der Statue (20.04. 1889) sinniert wird, dann wird es haarig. Wenn solche Stellen ein- oder zweimal im Roman vorkommen würden, wäre es kein Problem. Auch in der Rezension zum Vorgängerwerk (LINK) wurde einmal erwähnt, dass der Autor an manchen Stellen etwas über sein Ziel hinausgeschossen wäre. Hier passiert das deutlich häufiger. Und leider sind viele der Anspielungen einfach nicht subtil genug, sondern werden mit dem Holzhammer präsentiert – From Hell, gewissermaßen. Natürlich muss man relativieren. Für Leser ohne enzyklopädisches Nerd-Wissen, historisches Basiswissen oder Kenntnis klassischer Horror-Literatur ist Dr. Seward einfach nur ein Name eines Arztes und das Abheben eines Pik-Asses als Wunschkarte eines Pokerdecks einfach nur ein normaler Vorgang. Aber für den Verfasser dieser Kritik eben nicht. Da hilft es dann auch nichts, dass die Verlegerin höchstselbst in Form einer Nebengestalt auftritt, umgeben von den Insignien ihres liebsten Fandoms. Dank der äußerst liebevollen Gestaltung des Werks, mit unzähligen Illustrationen und unterschiedlichen Sektionen kann man das Gesamtergebnis nicht völlig schlechtreden. Aber leider wird das eigentliche Potential nicht ausgeschöpft.

„Der Earl von Gaudibert gegen die Mächte der Finsternis“ präsentiert sich in seinem ersten Band „Der Fluch des Vincent St.John-Smythe“ zwar gewohnt amüsant, die vielen Anspielungen auf andere Charaktere, Literaten und Popkultur ist aber leider schlicht und ergreifend „Too Much“. So sehr, dass die eigentliche Handlung in den Hintergrund rückt. Dank der wirklich aufwändigen Gestaltung des Werks kann man dem Roman insgesamt zwar soliden Durchschnitt attestieren, leider aber nicht mehr.

Details

Bewertung

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