Terror: Wenn Bilder zu Waffen werden

von Charlotte Klonk
Rezension von Manfred Weiss | 25. Juli 2017

Terror: Wenn Bilder zu Waffen werden

Bilder des Terrors sind in den Medien allgegenwärtig. Sie bringen das Grauen bis direkt zu unserem Frühstückstisch. Manchmal blättert man weiter, ohne den betreffenden Beitrag selbst zu lesen und es bleiben nur die Bilder als Informationsquelle. Was gezeigt wird und warum, sind damit Themen, die jeden betreffen. Höchste Zeit für einen Blick „hinter die Kulissen“.

Vom Pressefoto zum Smartphone

Charlotte Klonk beschreibt in „Terror: wenn Bilder zu Waffen werden“ die Bedeutung von Bildern und Bebilderung des Geschehens bei Terroranschlägen in den letzten drei Jahrhunderten. Beginnend mit fast kunstvoll erstellten Zeichnungen in den sogenannten Illustrierten Nachrichten des 19.Jahrhunderts bis hin zu im Internet oder Darknet kursierenden Bildern und Videos, die Terrororganisationen teilweise auch selbst von ihren Verbrechen erstellen. Umrandet wird alles von Erläuterungen zur Bildsprache professioneller Pressefotografen bis hin zu den Bildern, die von Jedermann/Jederfrau mit dem allzeit verfügbaren Smartphone oder mit der im Auto montierten Verkehrskamera erstellt werden.

Terror und Bilder - eine gefährliche Symbiose

Das Thema Bildsprache des Terrors ist momentan höchst aktuell. Über Generationen hinweg wurden wir mit Terror in verschiedensten Ausprägungen konfrontiert. Seien es die Personen- und Flugzeugentführungen in den 70er Jahren, Bombenanschläge oder Anschläge mit Flugzeugen und LKWs oder die Gewalt gegen Einzelpersonen und Gruppen in oder abseits von Krisengebieten. Die Fülle des Materials für so eine Untersuchung ist schier unerschöpflich. So konzentriert sich Charlotte Klonk auf Terroranschläge, die sich in der so genannt westlichen Welt ereignet haben und damit medial für uns viel präsenter waren als Terror in Russland, Asien oder Afrika. Diese Beschränkung der Darstellung macht sicher Sinn, um dem Buch einen klaren Fokus zu geben. Schwieriger wird allerdings der Zugang zum Thema. Durch die Konzentration auf Wissenschaftlichkeit der Darstellung und die verwendete Sprache entsteht eine eigenartige Distanz. Die zahlreichen Bildbeispiele werden zwar erläutert und in ihrem zeitlichen Zusammenhang gedeutet, aber viel von der Beschreibung versteckt sich hinter Begriffen wie Bildikone, Verortung oder ähnlichen Begriffen. So liest man interessiert, aber doch auch wieder distanziert weiter und stellt die thematisierten Terroranschläge vor allem in Kontext zur eigenen Erinnerung. An der einen oder anderen Stelle helfen die Erläuterungen besser zu verstehen, wie sich die Bilder teilweise in der laufenden Berichterstattung noch gewandelt haben.

Kapitulation vor der Bilderflut

Übrig bleibt aber am Ende eher die Kapitulation vor der Bilderflut, die uns heute bei allen Nachrichten überrollt. Bebilderung, möglichst live, möglichst nahe dran, wie verpixelt auch immer, überlagert schon fast die eigentliche Berichterstattung. Mit den Bildern wird ein Dabeisein vermittelt, das oft den Blick auf das Ganze verstellt.

Die im Buch gewählte wissenschaftliche Sprache macht die Kontaktaufnahme mit dem Thema – es geht ja nicht um die geschichtliche Aufarbeitung des Terrors selbst, sondern um die Wahl der Bilder – schwierig. Umso spannender ist dann das Nachwort, das ganz zum Ende den persönlichen Zugang der Autorin zum Thema vermittelt. Es ist genau dieser persönliche Fokus, der dem Buch zwischenzeitlich immer wieder fehlt. Dieses spontan beschriebene Reagieren auf Bilder, das man aus eigener Erfahrung nur zu gut kennt. Im Vordergrund des Buches steht mehr die Bildsprache als die Manipulation des Betrachters dadurch. Dieser Fokus blitzt nur da und dort auf. Es wäre jedenfalls auch spannend gewesen unterschiedliche bildliche Aufbereitung einzelner Terrorhandlungen zu sehen und die Konsequenzen in der Wahrnehmung des Betrachters in den Vordergrund zu stellen.
Die Bildbeispiele im Buch sind einfach und Schwarz/Weiß gehalten. Sie sind nicht mit Hochglanzdruck an einer Stelle zusammengefasst, sondern in den Fließtext eingefügt, was den Lesefluss erleichtert. Ein sympathisch unaufgeregter Zugang zur Bildverwendung, vor allem bei einem Buch, das gerade die Bilder selbst im Fokus hat.

„Terror: wenn Bilder zu Waffen werden“ ist ein Buch für alle, die eine kurze Erstlektüre zum Thema Bebilderung des Terrors suchen. Die Darstellung ist genau und sprachlich von präziser wissenschaftlicher Aufbereitung geprägt. Das Buch bleibt aber trotzdem gut lesbar. Auswirkungen auf die eigene tägliche Wahrnehmung der omnipräsenten Bilder des Terrors in den diversen Medien sind nicht auszuschließen. Das ist gut so, denn ein kritischer Zugang ist nicht nur zu den geschriebenen Meldungen, sondern vor allem auch zu den verwendeten Bildern notwendig. Dazu kann das Buch jedenfalls beitragen.

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