Meine grüne japanische Küche


Vegetarische Rezepte für jeden Tag
von Stevan Paul
Rezension von Elisabeth Binder | 07. Juni 2021

Meine grüne japanische Küche

Dem gelernten Koch, Kulinarikjournalisten und vielfachem Kochbuchautor Stevan Paul ist mit dem 2017 erschienenen Buch "Meine japanische Küche" ein kleines Kunststück gelungen: eine alltagspraktische Annäherung an die japanische Küche ohne Anbiederung und Esoterik. Das offensichtlich positive Echo auf dieses Buch, eine weitere Japanreise mit Schwerpunkt auf traditionelle Nahrungsmittelproduktion und die ungebrochene Begeisterung für die japanische Geschmacksvielfalt machten eine Weiterführung fast unvermeidlich. Geworden ist daraus ein durchaus eigenständiges vegetarisches Kochbuch.

Thematisch folgt Stevan Paul in "Meine grüne japanische Küche" einem ähnlichen Konzept. Der Sushi-Ramen-Donburi-Grill Baukasten bildet auch hier den Schwerpunkt der etwas mehr als 80 Rezepte. Wirklich spannend wird es jedoch gleich zu Beginn. Da geht es um etwas zutiefst Japanisches, nämlich mit unterschiedlichen Konservierungsmethoden eingelegtes Gemüse, das geschmacklich definitiv mehr Nuancen aufweist als die hiesigen (zu) süß-sauren Essiggurken und Pfefferoni. Die Königsklasse unter den fermentierten Gemüsen ist dabei sicherlich das Nukazuke. Die Säuerung erfolgt in einem Bett aus fermentierter Reiskleie, das, ähnlich wie ein Sauerteig, durch ständiges Nachfüttern am Leben erhalten wird. Nahezu avantgardistisch wird es dann, wenn Kome Koji zum Einsatz kommt. Dabei handelt es sich um mit einem Pilz (Koji) besporten Reis, der offensichtlich wahre Geschmacksuniversen erschließt. Das ist alles so neu, dass der Autor freimütig zugibt, den Verwendungskontext und die Rezepte von den Fermentierungsgurus der neuen nordischen Küche übernommen zu haben. Der Sporenpilz bildet im Übrigen die Grundlage für Sake, Miso oder Sojasauce, daher also kein Grund zum Fürchten. Eher könnten schon Preis und Verfügbarkeit die Experimentierfreude hemmen. Im Gegensatz dazu kommen die meisten Rezepte erfreulicherweise mit handelsüblichen Lebensmitteln aus. Deshalb fällt die Warenkunde eher kurz aus und wird durch eine über QR-Code erreichbare Webseite ergänzt, es bleibt also mehr Platz für Rezepte.

Meine grüne japanische Küche

Dass hier kein praktizierender Vegetarier am Werk ist, lässt sich an mehreren Stellen erkennen. Der Eigengeschmack von Gemüse kommt in den wenigsten Rezepten zur Geltung, es wird mit Würzpasten und -saucen (teilweise selbst hergestellt) auf Biegen und Brechen "Geschmack" erzeugt. Wenn es um die Beschreibung von Basiskomponenten wie beispielsweise Dashi (Brühe) oder Sushi geht, dann findet man durchaus langwierige Ausführungen, wo Fisch im Mittelpunkt steht. Für das Verständnis der Geschmacksrichtungen und -nuancen sind diese Erklärungen jedoch durchaus nützlich, vor allem um zu verstehen wie mit den vegetarischen Varianten dieser Rezepte äquivalente Geschmackserlebnisse erreicht werden. Daneben gibt es auch noch einige Rezepte, die vor allem auf die visuelle Simulation von Fisch- oder Fleischgerichten abzielen. Dabei sind die Seitanschnitzel oder -steaks jetzt keine wirkliche Errungenschaft, die diversen vegetarischen Sushi hingegen subtil im Geschmack und darüber hinaus hübsch anzusehen.

Meine grüne japanische Küche

Die vielleicht größte Lücke in "Meine grüne japanische Küche" ist, bei allem Bemühen um Authentizität, die nur mit einem Satz erwähnte traditionelle, vegane buddhistische Küche (Shojin Ryori). Oder behält sich der Autor hier noch genügend Spielraum für "Meine vegane japanische Küche" vor?

Was das vorliegende Buch mit seinem Vorgänger positiv verbindet, sind die gut strukturierten und alltagstauglichen Rezepte. Das vor allem deshalb, weil sie meist mit wenigen Zutaten und einer vergleichsweise kurzen Zubereitungszeit auskommen. Einzig bei den Desserts sind etwas Geduld und Erfahrung gefragt. Das gut durchdachte und umfangreiche Register unterstützt den Baukastengedanken, der hinter den Rezepten steckt. Hilfreich sind auch die Fotos, die es zu jedem Rezept gibt. Sie sind wunderschön anzusehen, verschrecken aber nicht. Im Gegenteil, sie legen das Augenmerk auf die Machbarkeit der Rezepte.

Meine grüne japanische Küche

"Meine grüne japanische Küche" ist ein alltagsfreundliches, undogmatisches und Kocherfolg versprechendes Buch, das ein einfaches Konzept verfolgt: Was entsteht, wenn man bei japanischen Gerichten einfach Fisch und Fleisch weglässt? Dieses Experiment ist zu einem Großteil gelungen und lädt auf jeden Fall zum Mit- und Weitermachen ein.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2021
  • Umfang:
    224 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783881172479
  • Preis (D):
    31,41 €

Bewertung

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