Design-Klassiker


on der Tiffany-Lampe bis zum iPad
von Philip Wilkinson
Rezension von Stefan Cernohuby | 11. März 2020

Design-Klassiker

Eine der seltsamsten Eigenschaften des Menschen ist sein Gefühl für Ästhetik. Gegenstände können natürlich einfach und funktional sein, doch das ist nicht alles. Denn wenn etwas eine Funktion hat und dabei dem Auge gefällt, steigert dies das Wohlbefinden des Betrachtenden. Das Stichwort heißt also Design, das allerdings keine neue Erfindung ist. Kein Wunder also, dass bei DK ein Buch erschienen ist, dass sich dem Thema „DesignKlassiker“ widmet – mit dem Untertitel „Von der Tiffany-Lampe bis zum iPad“.

Bei Einzelanfertigungen war individuelles Design schon immer interessant, ob es sich um korinthische Säulen oder königliche Langschwerter im Mittelalter handelte. Doch mit der Industrialisierung und Massenfabrikation bekam Design plötzlich eine Bedeutung für die breite Masse, die dann Zugang zu einer neuen Art von Alltagsgegenständen hatten. Doch Design machte auch über die Jahrzehnte eine Wandlung durch, die sowohl mit unterschiedlichen Gesellschaftsformen, politischen Bewegungen, Kunstströmungen und nicht zuletzt technologischen Entwicklungen in Wechselwirkung stand.

Der erste Abschnitt des Buchs widmet sich Design-Kreationen von 1860 bis 1919, in dem man einige Designs findet, die beinahe vergessen sind, aber einige, die heute noch im Einsatz sind. Darunter das Schweizer Armeemesser oder eben auch die Tiffany-Tischlampe, die Elemente aus Beleuchtung und die Funktionalität von farbigen Kirchenfenstern kombinierte. Stets wird etwas über die Erfinder, die Fabrikationsweise und die Resonanz auf das jeweilige Design erzählt. Es wird über den Tellerrand geblickt, was in Kombination mit den jeweiligen Designs verwendet wurde, was für Produkte die Erfinder oder deren Firmen noch herstellten.

In den 1920ern wurde vor allem das grafische Design neu erfunden. Plakate bekamen einen völlig anderen Stil und Sitzmöbel entwickelten sich immer weiter vom rein funktionalen Design weg, was sich besonders gut am Liegesessel LC4 der französischen Designerin Charlotte Perriand illustrieren lässt. Bemerkenswerte und immer noch in Verwendung befindliche Designs aus den 1930ern sind der Mokka Express sowie schematische U-Bahn-Pläne, aus den 1940ern kennt man mit Sicherheit den VW Käfer, während man aus den folgenden Jahrzehnten mindestens die Vespa, die Fender Stratocaster, die Leica M3, die Piktogramme der Olympischen Spiele, der Dyson-Staubsauger und letztendlich das iPad in Erinnerung behalten wird.

Design ist immer ein Spiegel der Gesellschaft, beziehungsweise ein Ausdruck des damals gewünschten und angestrebten Lebensgefühls. So stehen manche Jahrzehnte eher für verspieltes und farbenfrohes Design, während andere sich in dieser Hinsicht nüchtern und schnörkellos geben. Natürlich hat man geschwungene Linien im Kopf, wenn man an einen Cadillac aus den 1950ern denkt, aber das ist eine Momentaufnahme, keine 360°-Retrospektive. Der DK-Band kann das auch nicht ganz, vermittelt dem Leser aber weit mehr als nur Bilder des entsprechenden Alltagsgegenstandes. Sowohl die Informationen über die jeweilig beteiligten Designerinnen und Designer, als auch Rundum- und Ausblick sind gut gelungen. Etwas willkürlich ist nur, welchen der ausgewählten Produkte man nun zwei Doppelseiten anstatt der einen üblichen gewidmet hat. Ja, einige der ausgewählten Muster sind untrennbar mit der deutschen Geschichte verknüpft, doch bei anderen ist das eher unklar. Das ändert jedoch nichts daran, dass „DesignKlassiker“ einen Querschnitt der Design-Entwicklung vom Beginn der Industrialisierung an bis zum Beginn der 2000er-Jahre liefert, mit dem man mehr anfangen kann als nur Bilder zu betrachten. Wer sich schon immer für das Thema interessiert hat, könnte hier einige Anregungen finden, was man im Rahmen der nächsten Retro-Welle wieder neu unter die Leute bringen könnte.

„DesignKlassiker – Von der Tiffany-Lampe bis zum iPad“ ist ein im DK Verlag erschienenes Werk von Phillip Wilkinson, das dem interessierten Leser eine zeitgeschichtliche Reise der anderen Art ermöglicht. Quer durch die industriellen Designs von etwa 150 Jahren. Dabei gibt es den einen oder anderen Aha-Effekt, interessante Hintergrundinformationen und so manche Anregung für die Zukunft. Denn bei Designs ist es wie bei der Mode, es gibt sowohl zeitlose Klassiker als auch kurzlebige, Trends – die aber möglicherweise zyklische wiederkommen. Ein Buch, das nicht nur zum Durchblättern sondern auch für einen Rundumblick geeignet ist.

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