Zum Glück gibt es Umwege

von Anne Buist, Graeme Simsion
Rezension von Emilia Engel | 14. Mai 2019

Zum Glück gibt es Umwege

Jeder beginnt seinen Jakobsweg von einem anderen Punkt. Nicht nur der Ort, von dem aus man startet ist anders, sondern auch der emotionale und spirituelle Ausgangspunkt ist ein anderer. Jeder Pilger startet mit einem Rucksack, der hoffentlich nicht zu schwer ist, und den Erwartungen, durch diese Reise etwas zu erreichen. Auf dem Weg trifft man  Menschen, die einen ein Stück begleiten, teilt miteinander Freud und Leid. In dieser Geschichte treffen zwei Menschen - Zoe und Martin - aufeinander, Menschen wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten und der erste Eindruck der beiden voneinander ist alles andere als begeistert.

Erst vor wenigen Wochen hat Zoe durch einen Unfall ihren Mann verloren. Verloren und in Geldnot, aber erstaunlich wenig betroffen von ihrem Verlust, weiß Zoe nicht wie es weitergehen soll. Sie beschließt, nach über zwanzig Jahren endlich ihre Freundin in Cluny in Frankreich zu besuchen. Kaum ist Zoe dort angekommen, ereilt sie der Ruf einer Jakobsmuschel, die im Schaufenster eines Antiquitätengeschäftes liegt. Kurzerhand und völlig unvorbereitet beschließt die spirituell angehauchte Frau den Jakobsweg zu gehen. Zumindest den Teil bis zur spanischen Grenze, denn danach muss sie ihren Flieger zurück in die Staaten erwischen.
Martin ist ein geschiedener Ingenieur aus England, der auch seine liebe Mühe mit dem Geld hat. Seine derzeitige Hoffnung besteht darin, das Design für einen seinen ganz speziellen Handkarren zu testen, der auch von Menschen mit Rückenproblemen gut gezogen werden kann. Um sein Design gut vermarkten und verkaufen zu können, beschließt Martin, mit seinem Karren den Jaksobweg zu gehen und dabei alles auf seinem Blog festzuhalten. Sein Startpunkt ist ebenfalls Cluny, wo er auf die Amerikanerin Zoe trifft. Ihr erstes Treffen noch vor dem Start ihrer Pilgerreise verläuft peinlich und unangenehm.
Immer wieder treffen sich die beiden auf ihrem Pilgerweg. Der Zufall führt sie denselben Weg entlang. Doch die beiden unterscheiden sich enorm. Zoe und Martin liefern sich immer wieder verbale Schlagabtäusche. Wo sie zu Beginn der Reise einander noch skeptisch gegenüberstanden, lernen sich die beiden jedoch immer mehr kennen. Die Vergangenheit beider steht jedoch wie ein gewaltiger Stein zwischen ihnen. Auch wenn Zoe und Martin zu einer Zeit reisen, in der kaum Pilger unterwegs sind, kommt es dennoch zu einigen spannenden Begegnungen mit anderen Reisenden. Es sind die unterschiedlichsten Menschen., Was ihnen jedoch allen gemein ist, ist die Sinnsuche  und die Hoffnung auf einen Neuanfang. Auch Martin und Zoe suchen nach Sinn und finden in so vielerlei Weise so viel mehr…

Graeme Simsion und Anne Buist haben uns mit “Zum Glück gibt es Umwege” ein wundervolles Buch geschenkt. Das Autorenpaar ist selbst den Camino - wie der  Jakobsweg auch genannt wird - gegangen, so wie es die beiden Protagonisten des Buches tun. Beim Lesen kommt kein Zweifel auf, ob sich die Autoren mit dem Camino und dessen Routen auskennen.
Die Protagonisten sind sympathische Personen, mit denen der Leser leicht mitfühlt und die man sehr schnell lieb gewinnt. Zoe ist mehr für den gefühlvollen und herzlichen Teil zuständig und Martin ist ein sehr kopflastiger Mensch. Ihm fällt es sehr schwer, Gefühle einzugestehen und noch schwerer diese auszusprechen. Zoe trägt trotz ihres Optimismus viel Schmerz in ihrem Herzen, den sie auf dem Camino zurücklassen möchte. Auch Martin hat einige Problemstellen in seinem Leben, die er ohne es zu wollen oder es sich vorgenommen zu haben beginnt zu lösen. Jede der beiden trägt ein Päckchen am Rücken, das ihnen das Leben schwerer macht als notwendig. Doch wer kennt das nicht? Und genau deshalb kann man sich so gut in die beiden hineinversetzen.
Natürlich geht es in diesem Buch auch um Gefühle und Liebe. Aber die Liebe wird einem nicht aufs Auge gedrückt, sondern schleicht sich langsam und behutsam an, bis es zu spät ist. Auch das macht das Buch so lesenswert. Es ist so, wie es auch im Leben ist. Nicht immer kommen die Gefühle mit Feuerwerk und Tamtam und genau dann, wenn man will. Nein, manchmal erwischen sie einen in einer Phase großer Verlorenheit und dann, wenn es gerade nicht passend ist. Doch genau diese Zeiten sind es, in denen wir Verbundenheit und Gefühle brauchen. Den Jakobsweg zu gehen, ist eine Extremsituation, in der die Menschen sich selbst suchen und - wenn sie sich dem Weg öffnen - so viel mehr finden als sich selbst.
Auch die Bekanntschaften die Zoe und Martin treffen und mit denen sie immer wieder zusammentreffen, sind spannende Charakteren - alle mit ihrer eigenen Geschichte und ihrem eigenen Leid. Der Leser kriegt ein lebhaftes Bild davon, wie das Gehen des Jakobsweges eine Verbundenheit und einen Zusammenhalt schafft, den man bei uns so selten trifft.

“Zum Glück gibt es Umwege” ist ein sehr empfehlenswertes Buch, das bei den Leser einen bleibenden Eindruck hinterlassen wird. Es ist  sehr gut und unterhaltsam geschrieben und mit dem für die Autoren eigenen Witz und Charme. Wen das Ende kalt lässt und nicht zu Tränen rührt, dem können wir auch nicht helfen. Wer seinem Herzen etwas Gutes tun möchte, sollte auf jeden Fall dieses Buch lesen!

Details

  • Originaltitel:
    Two Steps Forward
  • Verlag:
  • Genre:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2019
  • Umfang:
    400 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783810530523
  • Preis (D):
    19,99 €

Bewertung

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