Die flüsternden Seelen

von Henning Mankell
Rezension von Janett Cernohuby | 08. Februar 2009

Die flüsternden Seelen

Durch seine Romane über den Kriminalkommissar Kurt Wallander hat sich Henning Mankell nicht nur eine große Fangemeinde geschaffen, er wurde auch zu einem der bekanntesten schwedischen Schriftsteller des Krimigenres. Nun erschien erstmalig in Deutschland sein wohl persönlichstes Werk: "Die flüsternden Seelen", eine Erzählung über Afrika.

Dies ist die Geschichte des alten Afrikaners Felisberto. Am Lagerfeuer sitzend erzählt er aus seinem Leben, spricht von Menschen, denen er begegnet ist und von seiner Familie. Er berichtet von der Stammesmutter Samima, einer längst verstorbenen weisen Frau. Diese hat eine fast religiöse Bedeutung für die Menschen und spricht noch immer durch Träume zu ihnen.
Ebenso erzählt Felisberto von seinem Herren Estefano und dessen Frau Elvira. Er berichtet, wie er lange Jahre für einen Hungerlohn, der zuletzt nicht einmal mehr gezahlt wird, für die Familie arbeitet. Als die Revolution die Weißen zwingt das Land zu verlassen, folgt Felisberto seinem Herrn bis zur Hafenstadt. Dort dient er ihm noch einige Zeit, bis er nach Estefanos Tod und Elviras Abreise zu seiner Familie zurückkehrt.
Felisbertos Familie ist groß und so gibt es eine Menge über sie zu erzählen. Von seiner Schwägerin, die ein guter Mensch aber eine schlechte Frau ist oder von seinem Neffe Lukas. Dieser ist in eine ferne Stadt namens Le Harve ausgewandert, um dort ein neues Leben zu beginnen. Seit seinem Weggang kommt täglich ein Vogel zur Hütte seines Vaters und lässt ein paar Münzen fallen. Für den Vater gibt es keinen Zweifel, woher die Münzen stammen. Lukas bleibt nicht lange in Le Harve, sondern reist weiter nach Paris. Dort arbeitet er hart für ein niedriges Gehalt. Als seine Frau Laura ein Kind bekommt, will er ihr ein besonderes Geschenk machen. Da er kein Geld besitzt, verpfändet er das Wertvollste was er besitzt: seine Seele. Als es Lukas nicht gelingt, diese nach drei Monaten zurückzukaufen, muss er sein Pfand einlösen und stirbt. Von nun an wird wohl kein Vogel mehr zur Hütte seines Vaters fliegen, um dort ein paar Goldmünzen hernieder zu werfen.
Und so erzählt Felisberto von vielen Menschen, die ihm in seinem Leben begegnet sind. Es sind traurige Geschichten, die aber dennoch Hoffnung enthalten.

Seit seiner ersten Afrikareise fühlt Henning Mankell eine tiefe Verbundenheit mit dem schwarzen Kontinent. Immer wieder zieht es den Autor dorthin zurück, wo er sich auch in verschiedensten Projekten engagiert. Der schwarze Kontinent lässt ihn nicht los und so liefert Mankell mit diesem Werk nicht nur eine ergreifende Erzählung von der Begegnung afrikanischen Menschen mit Europäern, sondern auch eine Liebeserklärung an diesen Kontinent. Lange versuchte er diese auf Papier zu bringen, doch es sollte über 20 Jahre dauern, bis es ihm schließlich gelang. Diese lange Zeit gibt der Autor als Grund an, warum der Roman so verhältnismäßig dünn geworden ist. Trotz dieser Kürze ist es eine großartige Erzählung über Afrika. Aus der Sicht Felisbertos schreibt Mankell über die Menschen Afrikas, die politische Geschichte, die Zerstörungskraft des Kolonialismus und über religiöse sowie mythische Vorstellungen. Auf knappen Raum gelingt es dem Autor, die Lebensgeschichten seiner Figuren überzeugend und ergreifen zu wiederzugeben.
Der Autor schlüpft in die Rolle Felisbertos und erzählt dessen Lebensgeschichte in der Ich-Form. Der Sprache des Buches ist erfüllt von Traurigkeit, Leid, Zerstörung, aber auch Hoffnung und der Schönheit Afrikas. Eindrucksvoll schildert Henning Mankell persönliche Schicksale und bedient sich dabei eines poetischen, sensiblen und feinfühligen Tons. Die besondere Stimmung des Buches wird zusätzlich durch die ungewöhnliche Art der wörtlichen Rede unterstrichen. Diese wird nämlich nicht wie sonst üblich in Anführungszeichen dargestellt, sondern mit Aufzählungszeichen in Form von Bindestrichen. Diese schlichte und einfache Form ergänzt sich gut mit der Hauptpeson Felisberto. Dieser ist ein einfacher Mensch, der teilweise naiv und weltfremd scheint. Die Revolution beobachtet er stillschweigend, versteht nicht so recht, worum es geht und vertraut darauf, dass die Anführer schon wissen, was sie tun. Auch die Nebencharaktere sind sehr gut ausgearbeitet und fügen sich in die eigentümliche Stimmung des Buches ein.

Acht Jahren mussten wir warten, bis das bereits 1998 in Schweden erschienene Buch endlich auf den Deutschen Markt kam. Doch das Warten hat sich gelohnt. Henning Mankell liefert mit "Die flüsternden Seelen" einen großartigen Afrikaroman voller Gefühle und Emotionen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    01/2007
  • Umfang:
    254 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783552053359
  • Preis (D):
    21,5 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
    Keine Bewertung
  • Gefühl:
  • Erotik:
    Keine Bewertung

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