Das Haus der Frauen

von Laetitia Colombani
Rezension von Emilia Engel | 04. Juni 2020

Das Haus der Frauen

Der Palast der Frauen ist ein Ort, an dem Frauen Schutz finden, ein Dach über dem Kopf haben und eine warme Mahlzeit bekommen. Hier können sie zur Ruhe kommen, ihre Wunden pflegen und ein neues Leben beginnen. Gegründet wurde der Palast von einer außergewöhnlichen Frau im Paris der 1920er Jahre. Blanche hat ihr ganzes Leben der Hilfe der Armen gewidmet. Mit Hilfe ihres treuen Mannes hat sie viel erreicht. Der Palast der Frauen ist ihr Lebenswerk. Und auch viele Jahrzehnte später ist er noch ein Hoffnungsschimmer für unzählige Frauen.

Ein tragisches Ereignis bringt die erfolgreiche Anwältin Solène völlig aus der Bahn. Burn-Out ist die Diagnose, für sie nichts weiter als ein beschönigendes Wort für Depression. Solène muss sich eingestehen, dass die letzten zwanzig Jahre vollgepackt waren mit ihrem Leben als Anwältin. Doch eigentlich war es nie ihr Traum Anwältin zu werden, das war immer nur der Traum ihrer Eltern. Solènes Wunsch war es gewesen etwas mit ihrem fabelhaften Talent für Worte zu machen - Autorin werden, schreiben.
Es ist völlig klar, dass Solène nicht mehr in ihren Beruf zurückkehren möchte. Das Loch, in dem sie steckt, ist tief und dunkel. Auch die Trauer um eine vergangene Beziehung mischt sich in ihre Depression. Ihr Psychiater rät Solène, sich eine ehrenamtliche Tätigkeit zu suchen. Etwas, das ihrem Tun und Sein einen Sinn gibt. Doch Solène zweifelt. Als sie die Anzeigen durchgeht, findet sie nichts, das sie anspricht. Erst die Zeilen “Öffentlicher Schreiber gesucht” wecken ihr Interesse.
Schließlich landet sie in dieser Funktion im Palast der Frauen. Ein Mal pro Woche soll sie nur für eine Stunde hier sein, um für die Frauen verschiedenste Briefe, Schreiben oder Bewerbungen aufzusetzen. Viele der Frauen haben Migrationshintergrund, manche tun sich aber einfach schwer und brauchen deshalb sie einen Schreiber.
Für Solène bedeutet es viel Überwindungskraft zum Palast zu gehen. Sie trägt viele Vorurteile über diese Frauen in sich, Misstrauen und vielleicht auch etwas Angst. Das Leiden der Frauen, die so vieles durchgemacht haben - Gewalt, Missbrauch, Armut, Drogen - hat sie bisher noch nie so deutlich wahrgenommen, wie hier. Es scheint ihr unpassend, dass gerade sie, die noch nie Armut erfahren hat, hier helfen soll. Doch Solène wird überrascht. Der Palast der Frauen ist ein ganz besonderer Ort mit vielen besonderen Frauen, die jede eine einzigartige Geschichte mitbringt. Denn trotz all dem Leid gibt es hier Hoffnung und Freude. Etwas, das auch Solène in ihrem Leben erst wiederfinden muss…

Laetitia Colombani ist Filmschauspielerin und Regisseurin und mit ihrem ersten Werk als Autorin “Der Zopf” gelang ihr ein großer Erfolg. Auch ihr zweiter Roman “Das Haus der Frauen” ist etwas besonderes. Große Themen werden in diesem Buch angesprochen - Depression, Armut, Gewalt gegen Frauen, Zivilcourage.
Es geht um großartige Frauen, zum Beispiel um Blanche Peyron. Blanche Peyron führte ein Leben, das sie der Hilfe von Frauen widmete. Im Jahr 1926 gründete sie eines der ersten Frauenhäuser in Paris - zu dieser Zeit, unter diesen Umständen und dazu noch als Frau war und ist es immer noch eine beeindruckende Leistung. Immer wieder abwechselnd zu Solènes Kapiteln bekommt der Leser Einblick in die Zeit der Gründung des Frauenhauses. Colombani hat hierzu reichlich recherchiert und man spürt beim Lesen die Leidenschaft zu diesem Thema.
Der Beginn des Buches bringt den Leser sofort in Solènes Lage. Eine Frau um die vierzig, aus guten Verhältnissen, die plötzlich in eine Depression geschlittert ist. Es dauert ein paar Seiten bis man vollends warm wird mit der Protagonistin und der Geschichte.
Doch recht schnell wird der Leser von den Ereignissen mitgerissen. Eigentlich kann man Solène ganz gut verstehen, selbst wenn man keine Erfahrung mit Depression hat. Es ist für sie eine Zeit der Veränderung und die kann jeder mal gut gebrauchen.
Die Autorin schafft es ausgezeichnet den Blick auf das Schicksal der Frauen im Frauenhaus zu lenken. Dass es der Protagonistin Überwindung kostet und es kein Leichtes ist, spürt man beim Lesen. Doch sobald sie den Blick für das Elend der anderen nicht mehr verschlossen hat, sieht sie den enormen inneren Reichtum, der in diesen Frauen steckt.
Es ist wunderbar zu lesen wie die Protagonistin bei diesen Frauen eine Heimat findet,Freundschaft und endlich wieder Hoffnung schöpfen kann. Es ist herzerwärmend und rührt den einen oder  anderen Leser bestimmt zu Tränen.

“Das Haus der Frauen” ist ein ausgesprochen guter Roman. Wer gerne Bücher liest, die Tiefgang haben und wichtige Themen ansprechen, dabei aber nicht zu ausufernd wird, liegt mit diesem Roman genau richtig. Es ist eindeutig kein Wohlfühlroman und dennoch schafft es dieses Buch, dass man am Ende voller Hoffnung und Freude am Leben ist. 

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