Ein europäisches Karussell

Beitrag von Janett Cernohuby | 02. Juni 2014

Literarische Werke werden nicht nur in ausgewählten Ländern und Kulturkreisen geschaffen, sondern so gut wie überall. Doch auch in unserem Alltag weniger präsente Regionen verfügen über interessante Autoren und vor allem ansprechende literarische Werke. Da wir jedoch zu diesen oftmals keinen Zugang haben, bleiben sie in ihren Nischen verborgen. Hinzu kommt natürlich die Hürde Sprache. Zwar gibt es viele, die Werke in ihrem englischen oder französischen Original lesen, jedoch wer besitzt genug bulgarische, litauische oder tschechische Sprachkenntnisse, um Werke von Autoren jener Länder zu lesen? Die nächste Hürde stellen dann Verlage dar, die einerseits entsprechende Übersetzer stellen und andererseits die Werke letztendlich drucken müssen. Das änderte sich, als im Jahr 2001 die literarische Reihe 'EditionZwei' ins Leben gerufen wurde. Unter der Schirmherrschaft der Bank Austria, dem Wieser Verlag und KulturKontakt Austria wurden in dieser Edition Autoren aus Ost- und Zentraleuropa sowie Südosteuropa einem deutschsprachigem Lesepublikum vorgestellt und näher gebracht.

Doch warum? Was war die Motivation dahinter?
In den späten 1980iger Jahren vollzog sich in den früheren Ostblockstaaten ein Wandel. Diktaturen wurden durch demokratische Systeme ersetzt. Ein Umbruch der nicht nur viel Arbeit mit sich brachte, sondern auch bankrotte Wirtschaften, die Verarmung sozialer Gruppen und nicht zuletzt Frustration. Man bewarb sich um die Aufnahme in die EU, was einigen Ländern auch gelang. Andere hingegen warten noch auf diese Aufnahme. Doch diese politischen Veränderungen haben nichts mit dem literarischen Können zu tun. Diese bewegen sich auf einem anderen Level, abseits politisch-ökonomischer Ereignisse. Denn Autoren der Oststaaten müssen sich keineswegs verstecken. Vielmehr benötigen sie einen Förderer, der sie zu uns holt und bekannt macht. Die 'EditionZwei' hat sich diese Ost-Süderweiterung zum Ziel gesetzt, und man begann damit, ausgesuchte Werke zu übersetzen und zu veröffentlichen.

Von der Gründung der 'EditionZwei' im Jahr 2001 an sollte es noch fünf Jahre dauern, bis das Konzept richtig ausgereift war. 2006 wurde der Literaturpreis 'BankAustria Literaris' ins Leben gerufen. Hierfür nominierten alle zwei Jahre lokale Jurys aus insgesamt 16 Ländern Autoren und Werke. Zu diesen Ländern gehöretn Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Russland, Serbien, Slowakei, Slowenien, Tschechien, Türkei, Ukraine und Ungarn. Eine weitere, jedoch dieses Mal internationale Jury zeichnete dann erneut Gewinner aus.
Die Rede ist hierbei von 1500 Werken, unter denen ein Hauptreis für Lyrik verliehen wurde. Die ausgezeichneten Bücher wurden erstmals auf der Leipziger Buchmesse präsentiert.

Die Werke der 'EditionZwei' bilden ein vielseitiges und vielschichtiges Potpourri an Geschichten und Gedichten, Formen und Stilen. Sie gewähren uns einen Blick in das Leben und die Welten der Autoren und Autorinnen. Aber auch in andere Kulturen, andere Lebensweisen und andere Wünsche an die Zukunft.

'Ein europäisches Karussell' ist innerhalb der 'EditionZwei' ein weiterer Schritt, Ost- und Südosteuropäische Literatur vorzustellen. Es umfasst nicht nur neun ausgesuchte Bände, sondern lädt seine Leser und Leserinnen dazu ein, die Verfasser der Werke auf einer außergewöhnlichen Reise zu begleiten. Man besucht Länder, die politisch und ökonomisch hinter den Mitteleuropäischen liegen, literarisch jedoch unbekannt, aber dafür sehr interessant sind. Nicht immer begegnen wir dabei erfreulichen Geschichten. In manchen spiegeln sich Hoffnungslosigkeit und Ausweglosigkeit. Es sind neun Titel, mit denen auch wir uns auseinandergesetzt haben und die wir in unseren Rezensionen vorstellen möchten.

Theodora Dimova: Die Mütter, Roman, Bulgarien
Anna Zonová: Zur Strafe und als Belohnung, Roman, Tschechien
Florin Lazarescu: Unser Sonderberichterstatter, Erzählung, Rumänien
Agda Bavi Pain: Am Ende der Welt, Roman, Slowakei
Palmi Ranchev: Ein bisschen Glück für später, Erzählungen, Bulgarien
Renata Serelyte: Blaubarts Kinder, Roman, Litauen
Boris Chersonskij: Familienarchiv, Roman in Versen, Rußland
Martin Rysavy: Dimitrij der Heiler, Skizzen, Tschechien
Rudolf Jurolek (Slowakei), Akos Fodor (Ungarn), Adisa Basic (Bosnien) Das Leben ist möglich, Poesie

Ein europäisches Karussell