Junta

von Eric Goldberg, Vincent Tsao
Rezension von Stefan Cernohuby | 12. Februar 2012

Junta

Wenn man den einen oder anderen Bericht über Kleinststaaten sieht oder liest, von denen man noch nie etwas gehört hat, außer dass es wieder einen Militärputsch gegeben hat, fragt man sich doch, wie eine solche "Bananenrepublik" eigentlich funktionieren kann. Die Antwort ist überraschend einfach. Genauso wie bei uns - nur mit einigen unbedeutenden Abweichungen. Diesen widmet sich der Spieleklassiker Junta, der 2011 nun in seiner vierten Auflage erschienen ist.

Man hat es nie leicht als Präsident. Ob man nun gewählt wird oder nicht, immer hat man Scherereien mit kleinen Geschäften, die man führt. Auch auf der Insel "Republica de las Bananas" versucht er natürlich sein Bestes zu geben und dabei das meiste für sich und die Seinen wieder hereinzuholen. In diesem Fall handelt es sich aber nicht um Bankkredite oder Gratisflüge, sondern um Entwicklungsgelder aus dem Ausland - diese wollen schließlich sicher angelegt werden, also auf seinem Schweizer Konto.
Doch zuerst beginnt das Spiel damit, dass der Präsident gewählt wird. Jeder Spieler kann wählen, dazu können zusätzliche Stimmen durch Einflusskarten oder einmalig nutzbare Stimmkarten kommen. Dies kann durchaus auch im weiteren Spiel noch vorkommen, obwohl Machtübernahmen später nicht unbedingt so harmlos ablaufen. Anschließend werden die Ämter besetzt - nach Gutdünken des Präsidenten, eventuell auch nach Geschäften. Die weitere Macht im Reich wird wie folgt verteilt. Drei Generäle kontrollieren Armeebrigaden, der Minister für Innere Sicherheit kontrolliert die Polizei, der Admiral der Marine die Marine-Infanterie und der Kommandeur der Luftwaffe die Fallschirmjäger.
Nun steht der Präsident vor dem Budget, Er schlägt vor, welches Ressort wie viel Geld bekommen soll und hofft, dass sein Vorschlag angenommen wird. Falls ja, wird das Geld vergeben, falls nicht kündigt sich vielleicht schon der erste Putsch an. Besonders wenn der Präsident die gesamte Entwicklungshilfe selbst einsackt.

Denn nun gilt es für die Spieler, sich für einen von fünf möglichen Aufenthaltsorten zu entscheiden. Dann dürfen beginnend mit dem Minister für Innere Sicherheit Attentate angesagt werden. Der Vorteil des Ministers ist dabei, dass er als einziger einen automatischen Versuch bekommt, für weitere Attentate sind passende Politikkarten erforderlich. In der Regel werden ein Zielspieler und ein vermuteter Aufenthaltsort bestimmt, einzelne Karten haben andere Effekte. Um das Ministeramt nicht zu mächtig zu machen, darf die Geheimpolizei nicht jede Runde die Bank heimsuchen. Stimmt der vermutete Aufenthaltsort bei einem Attentat, ist das bedauernswerte Opfer in der Regel tot, seine Barschaft geht an den Auftraggeber. So ein Politmord gilt dabei als ausgezeichneter Vorwand für einen Putsch. Und letztendlich versucht ja jeder seine Gelder in der Schweiz zu deponieren. Danach kann nun versucht werden, den Präsidenten zu stürzen. Jeder, der sich daran beteiligen will, wird zu einem Rebellen. Es folgen Attentate und Kampfhandlungen, die sich über alle militärischen Einheiten ziehen und bei denen eine Seite der Gewinner ist. Präsident oder Rebellen. Wer gewinnt, darf einen der Verlierer exekutieren. Doch da es in Bananenrepubliken große Familien gibt, steigt der Spieler als anderes Mitglied der gleichen Familie in der nächsten Runde zurück ins Spiel ein. Weniger blutige Varianten sind ein Rücktritt des Präsidenten und ein Gang ins Exil. Gewonnen hat am Ende derjenige (oder die Familie des Spielers), der am meisten Geld vorweisen kann.

Wer Junta schon aus früheren Ausgaben kennt, also aus der Prä-Pegasus-Ära, wird merken, dass die Ausführung der Regeln definitiv eindeutiger geworden ist. Auch der Stil ist etwas verspielter, geworden. Die Illustrationen wirken eher wie Comics oder Cartoons, was aber sehr gut zu einer derart fiktiven Umgebung passt. Die Altersempfehlung des Spiels kann man mit Sicherheit nicht auf den Schwierigkeitsgrad beziehen. So ist "Junta" gewiss auch für Spieler, die jünger als 16 Jahre sind, spielbar. Vermutlich wurde das Thema, das sich um Verrat, Attentate, Putsche und vor allem Steuerhinterziehung dreht, als derartig haarsträubend und schlechtes Beispiel für die Jugend betrachtet, dass man das Alter so hoch setzte. Doch betrachtet man die aktuelle politische Lage, besonders in Bezug auf das deutsche Präsidentenamt, ist die Bananenrepublik gar nicht so weit von der Realität entfernt. Die theoretische Zeitangabe von zwei Stunden kann man nicht ganz ernst nehmen, in der Regel wird diese zumindest um eine Stunde überschritten, besonders wenn man zähe Verhandlungen führt und mehr Putschversuche durchführt. Doch trotz der taktischen Schwerpunkte kann man bei Putschs durch hohes Würfelglück auch eine beinahe verloren geglaubte Situation zum Besseren wenden. Ob dies ein Schwachpunkt ist, kann allerdings in den Raum gestellt werden. Mit der richtigen Spielerzusammensetzung und einer ausreichenden Anzahl von Spielern, idealerweise mehr als vier, steht einem spannenden Spieleabend nichts im Wege.

Die vierte Auflage von "Junta" in der Version von Pegasus Spiele, zeigt sich im Vergleich zu früheren Varianten klarer strukturiert. Der Faktor Spielspaß ist allerdings der gleiche. Hat man eine Truppe aus einer ganzen Reihe unterschiedlicher Spielertypen beisammen, macht eine Partie am meisten Spaß. Da sowohl Qualität des Materials als auch der bewährte Spielmechanismus gelungen sind, kann man für dieses Spiel nur eine Empfehlung aussprechen.

Details

  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    12/2011
  • Umfang:
    diverse Spielmaterialien
  • Typ:
    Spiel
  • ASIN:
    393979418X
  • ISBN 13:
    4250231704802
  • Spieldauer:
    120 Minuten

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Spieltiefe: