Die Genussformel

von Werner Gruber
Rezension von Stefan Cernohuby | 28. September 2017

Die Genussformel

Manchmal ist Kochen nicht gleich Kochen und Kochbücher eher praktische Ratgeber als Rezeptsammlung. Vor allem dann, wenn der Autor des Buchs nicht im eigentlichen Sinne Koch ist. Im Fall von „Die Genussformel“ hat der bekannte österreichische Physiker Werner Gruber – unter anderem war er mit den „Science-Busters“ auf Tour und hat diverse Sendungen des ORF unterstützt – sich dem Kochen von wissenschaftlicher Seite her angenähert. Das Erfolgsbuch ist mittlerweile in der 14. Auflage erschienen.

Nach zwei Vorworten, wovon eines zwischendurch und irgendwo zwischen Wien und Bruck an der Mur entstanden ist, geht es mit dem eigentlichen Inhalt los. Dieser beginnt mit einer Gegenüberstellung von Kochen und Wissenschaft. Es geht um Hypothesen, Theorien und Experimente sowie die richtige Herangehensweise. Sowohl das Thema Normierung als auch die Wiederholung von Versuchen spielt hier eine Rolle. Und besonders die Behauptung „Weil wir das schon immer gemacht haben“ wird sehr ausgiebig behandelt und kritisiert.
Inmitten von Ausschweifungen gibt es aber immer wieder physikalische Erklärungen, die meist durch minimalistische aber passende Illustrationen ergänzt werden. Wie erwärmt sich Wasser, welche Geheimnisse birgt ein handelsübliches Hühnerei, welche physikalischen Grundlagen muss man bei der Zubereitung von Knödeln berücksichtigen und was haben Diffusion und Osmose mit einer „Opferwurst“ zu tun? Diese und viele weitere Fragen werden im Laufe des Buchs behandelt, das aber auch mit Kochrezepten aufwarten kann. Bei diesen handelt es sich meist um die praktischen Umsetzungen der Grundlagen, die im Kapitel erklärt wurden. Mit einem kleinen Ausflug in die molekulare Küche, einem Mini-Lexikon und einem Wörterbuch Deutsch-Österreichisch endet der Band, der nirgendwo mit Ironie, Späßen und bissigen Bemerkungen geizt.

Werner Gruber ist in den letzten Jahrzehnten zu einer Fixgröße der Wissenschaft in den Medien geworden. Unabhängig von seiner fachlichen Kompetenz, die von uns ohnehin nicht beurteilt werden kann, hat der Physiker vor allem zwei große Vorzüge. Er ist nicht auf den Mund gefallen und – wie man so schön sagt – eine Rampensau. Dieses Image pflegt er und es gelingt ihm auch, diese Vorzüge auf Papier zu bringen. Dem Buch selbst kann man zugutehalten, dass man beim Lesen eine Menge lernt. Manche Details hat man sicher schon einmal gelesen oder in anderer Form gehört, die im Buch verwendete wissenschaftliche Herangehensweise an vermeintliche Küchengebote, die hier zum Teil widerlegt werden, ist allerdings aussagekräftiger. So werden „Urban Legends“ in Frage gestellt, Fakten präsentiert und darüber hinaus wird zum eigenen Experimentieren angeregt.
„Die Genussformel“ ist somit ein Buch, das überzeugt. Weniger jetzt durch die eigentlichen Rezepte, obwohl doch das eine oder andere dabei ist, das man möglicherweise ausprobieren würde. Vielmehr ist es eine alternative Herangehensweise ans Kochen, bei dem in der Regel wenig hinterfragt wird. Somit kann Werner Gruber, der ansonsten als streitbarer Zeitgenosse bekannt ist – egal ob in einem Copy-Café, dem Planetarium oder bei den Science-Busters – hier auf humorvolle Weise eine positive Entwicklung beim Leser anstoßen. Auch wir werden die Ananassaft-Methode bei der diesjährigen Martinigans ausprobieren und sind gespannt.

„Die Genussformel“ von Werner Gruber, ein Werk das mittlerweile in der 14. Auflage bei Ecowin erschienen ist, sollte man nicht als Kochbuch betrachten. Denn es stellt in Frage, beschreibt Experimente und einen ganz anderen Zugang zum Kochen, auch anhand vieler Beispiele. Es ist ein Buch über das man lachen kann, das aber auch zum Nachdenken und Kochen anregt. Dementsprechend können wir es nur empfehlen.

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Bewertung

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