Veggie-Love


80 Gemüserezepte für den ganzen Tag
von Ditte Ingemann
Rezension von Elisabeth Binder | 07. April 2017

Veggie-Love

Ein dänisches Wort hätte es 2016 fast zum Wort des Jahres 2016 des Oxford English Dictionary geschafft. Hygge ist der unübersetzbare Begriff für eine Form der Gemütlichkeit, Heimeligkeit und Geselligkeit, die die Dänen offensichtlich immer wieder an die Spitze der glücklichsten Nationen katapultiert. Wer wissen will, wie dieses Konzept auf Gemüse anwendbar ist, braucht nur zum neuesten Kochbuch der Foodstylistin und -bloggerin (http://www.thefoodclub.dk - nur in Dänisch) Ditte Ingemann zu greifen.

Das Buch beginnt mit einem knappen Lob des Gemüses als Lieferant von Vitaminen, Mineralien und Ballaststoffen. Dem folgen 13 Tipps, wie man Gemüsemuffel jeden Alters dazu bringt, mehr von dem guten Gemüse zu essen. Die Frage bleibt offen, wieso diese Überzeugungsarbeit notwendig ist. Bei näherer Betrachtung ist Gemüse eigentlich der kleinste gemeinsame Nenner an unbedenklichen Lebensmitteln für die meisten Unverträglichkeiten und Ernährungsmoden wie Paleo, Clean oder Low Carb. Warum muss also rund um das Gemüse noch immer so viel Überzeugungsarbeit geleistet werden? Eine Theorie offenbart sich beim Blick ins Tiefkühlregal. Frisch geerntetes Gemüse ist in der Zubereitung vergleichsweise aufwändig: waschen (kann sehr zeitraubend werden und auch das eine oder andere unerwünschte Getier zum Vorschein bringen), schälen und schneiden muss man sonst kein anderes Lebensmittel mit der gleichen Intensität. Wie gut, dass Tipp #1 ein reines Gewissen bei der Verwendung von Tiefkühlgemüse verspricht.

Die 80 Gemüserezepte sind nach Mahlzeiten geordnet und decken die Essbedürfnisse eines ganzen Tages ab, beginnend beim Frühstück. In diesem Kochbuch darf das Gemüse einfach nur Gemüse sein, daher fehlen jegliche Versuche, Gemüse mit einer entsprechenden Menge Zucker und Mehl in die Nachspeisform zu zwingen. Ein Kapitel über Desserts sucht man daher vergeblich. Auch die anderen Rezepte zu Salaten (kalt und lauwarm), Hauptgerichten und Beilagen geben den unterschiedlichsten Gemüsesorten viel Platz, mit ihrem eigenen Geschmack und in Farbe zu punkten. Hier wird nichts frittiert oder in fettigen Milchprodukten ertränkt. Die nicht-gemüsigen Zutaten werden dezent eingesetzt und bewegen sich im Wesentlichen im low-carb/paleo/clean-Spektrum, also wenig Mehl, wenig Milchprodukte und das eine oder andere Ei. Da (nicht tiefgekühltes) Gemüse dann am besten schmeckt, wenn es in Saison ist, findet man nach den Rezepten noch einen Gemüsekalender. Daran anschließend gibt es noch Vorschläge, welche Rezepte am besten zu verschiedenen Fleisch- und Fischsorten passen.

Die meisten der Rezepte sind tatsächlich, wie im Vorwort versprochen, "einfach zugänglich und können in 30 - 40 Minuten fertiggestellt werden". (S. 5) Deswegen fehlen konsequenterweise auch durchgehend die Zeitangaben. Das ist auch weiter nicht störend, die wenigen zeitlichen Ausreißer lassen sich schnell identifizieren. Bei einigen Rezepten scheinen die Zeitangaben etwas unrealistisch. Ein ganzer Blumenkohl (Karfiol) wird bei 200 Grad im Backrohr ganz sicher nicht in 30 - 40 Minuten weich genug, um sich geschmacklich mit der umgebenden Marinade zu verbinden und Röstaromen zu entwickeln.

Auch wenn das Kochbuch im dänischen Original "Meine grüne Küche" heißt, so trifft die "deutsche" Übersetzung "Veggie Love" den Inhalt eigentlich besser. Ditte Ingemanns Kochbuch ist eine Liebeserklärung an das Gemüse mit einem eindeutig dänischen Einschlag. Die Gerichte sind heimelig, bodenständig wie hygge und bunt wie Lego.

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