Pancha Tantra

von Walton Ford
Rezension von Stefan Cernohuby | 22. September 2021

Pancha Tantra

Geschichten und Erzählungen haben auf Menschen sehr unterschiedliche Wirkung. Was sie aber bei allen gemein haben, ist Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Doch wo die einen damit zufrieden sind, bannen andere die Impressionen ihrer Vorstellungskraft auf Leinwand. Walton Ford ist Maler, der sich weder den Geschichten noch der Geschichte entziehen kann und beide zu integralen Bestandteilen seiner Malerei macht. Im TASCHEN Verlag ist mit „Pancha Tantra“ ein Werk erschienen, das seine Kunst und seine Arbeitsweise im Kleinen wie im Großen widerspiegelt.

Sind Tiere nur Tiere?

Manchmal wirft man einen Blick auf eine Illustration und weiß sofort, aus welcher Zeit diese stammt. Sieht man die Illustrationen Walton Fords, glaubt man zuerst, dass seine Bilder aus früheren Jahrhunderten stammen. Denn sie ähneln mitunter Kupferstichen aus dem 17. Jahrhundert, ähneln stilistisch den Werken von John James Audubonbis. Zumindest auf den ersten Blick. Denn die abgebildeten Tiere sind manchmal realistisch dargestellt, manchmal seltsam inszeniert, manchmal surrealistisch entstellt. Und manchmal stehen sie sogar sinnbildlich für eine Geschichte, eine Erzählung oder gar einen Sachtext.

Dreisprachige Erklärungen zeigen großes Spektrum

Sieht man die im Buch enthaltenen Illustrationen näher an, versteht man ihre Ursprünge. Denn hier wurden Bilder abgebildet, zum Teil im Ganzen und dann bestimmte Teilaspekte, denen auch eine Geschichte gegenübergestellt wird. Man findet handschriftliche Notizen. Man liest ein Essay. Man entdeckt Texte von George Orwell und Entdecker Sir Harry Johnston. Der eine erzählt von dem missglückten Versuch einen Elefanten zu erschießen, der andere von der ersten Begegnung mit einem Okapi. Kein Wunder also, dass man auf einen Elefanten stößt, der mit allen möglichen Tieren interagiert. Man trifft auf alle unterschiedlichen existierenden Arten von Eisvögeln – aber sie sitzen alle auf dem gleichen Ast. Und auch Papageien ziehen in den Bildern öfter einmal den Kürzeren, vor allem wenn sie in den Tatzen größerer Tiere landen. Dabei sind alle Begleittexte, auch wenn sie sich über mehrere Seiten ziehen, auf Englisch, Deutsch und Französisch abgedruckt.

Kunst und ihre Aussage

Man muss also über das hinausblicken, was die Bilder darstellen. Man muss die Geschichten dahinter erkennen, dann kann man auch die Kritik identifizieren, die hinter Bildern steckt. Sie zeigt Auswüchse der Geschichte, Kritik an Kolonialismus, sie greift Themen der Vergangenheit auf, zeigt aber auch Aspekte der Gegenwart. Nur selten stehen nicht Tiere im Zentrum. Aber wenn sie es nicht tun, sondern Maschinen oder Menschen ihre Rolle einnehmen, sind sie oder ihre Hinterlassenschaften nicht weit. Es ist die Interaktion der Lebensrealität der Tiere und der Menschen, die dann von Bedeutung ist. Beim Betrachten der Bilder sucht man immer nach einem vielleicht nicht ganz so offensichtlichen Sinn. Dieser ist stets vorhanden, manchmal deutlich durch ein surreales Detail, manchmal durch die Szenerie selbst. So hat man eine Menge zum Betrachten, genießen, aber gleichzeitig auch zum Nachdenken.

Wer nicht nur Tiere mag, sondern auch Bilder, die manchmal realistisch, manchmal surreal sind, wird hier definitiv fündig. Wer darüber hinaus auch noch in der Lage ist, Geschichten hinter den Bildern zu erkennen und die kritische Auseinandersetzung eines Malers mit der Geschichte mag, wird mit dem gewaltigen Bildband „Pancha Tantra“ von Walton Ford noch mehr Freude haben. Er ist keine leichte Kost, weder von den Geschichten noch Bildern her, die hauptsächlich Tiere zeigen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch, Englisch, Französisch
  • Erschienen:
    05/2020
  • Umfang:
    424 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783836578158
  • Preis (D):
    60 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Anspruch:
  • Illustration:

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