Entwickle deine Fotografie!


Wie du deine künstlerischen Ansprüche verwirklichst
von Pia Parolin
Rezension von Michael Seirer | 11. Januar 2023

Entwickle deine Fotografie!

Fortgeschrittene Technik ermöglicht es, in beinahe jeder Situation ein technisch korrektes Bild zu erstellen: Es wird richtig belichtet sein, die Schärfe wird passen. Neuerdings kann mit dem zusätzlichen Einsatz von KI sogar noch eine “kreative” Wahl des Ausschnittes und die Bearbeitung von Filtern automatisiert werden. Wie aber schafft es, Fotos zu erschaffen, die die eigenen Gefühle bei der Aufnahme beim Bettachter der Fotos ebenfalls auslösen? Wie können Fotoprojekte konzeptionell geplant und umgesetzt werden? “Entwickle deine Fotografie!” von Pia Parolin nimmt sich dieses vielschichtigen und umfangreichen Themas an.

Wichtig ist dabei zu wissen, dass es im ganzen Buch nicht um Technik, Fotomarken, Einstellungen oder neue Gadgets geht. Die geneigte Leserschaftwird keine Lightroom-Rezepte finden und keine Kompositionsregeln, die ihre Fotos sofort zehn Mal “besser” werden lassen. OK, ganz ohne Technik geht es in der Fotografie natürlich auch nicht, aber mit vier Seiten ist der Umfang wirklich überschaubar.

Der erste Abschnitt widmet sich der Entwicklung der Persönlichkeit um bewusstere Fotografien anzufertigen. Die Autorin legt hier Wert auf das Erforschen der eigenen Gefühle und unterstützt diese Reise mit vielen Aufgaben. Der darauf folgende Abschnitt beschreibt, wie man sein Konzept in eine künstlerische Fotografie umsetzt.
Nach dem Realisieren eines Konzeptes, also dem Fotografieren, Aussortieren und Bearbeiten, ist aber natürlich nicht Schluss. Mindestens ebenso wichtig ist es, die Ergebnisse zu präsentieren. Dies kann in Form von Ausdrucken, Portfoliomappen oder sogar einer Ausstellung sein. Der Abschnitt “Praktische Anwendungen” widmet sich ebendiesen Themen. Nach einer kurzen Abhandlung zu bekannten Fotografiegenres und wie man hier künstlerisch arbeitet, widmet sich das letzte Kapitel der großen Frage “Was ist Kunst?” und erörtert deren Funktion, Ziele und wie sich dieses Verständnis in Social Media Zeiten verändert hat.

Die Autorin hat sich ein schwieriges Thema ausgesucht, geht es doch nicht um leicht zu kommunizierende Informationen wie Einstellungen in Lightroom, sondern um die persönliche Entwicklung der Lesenden und deren Reise zu bewussterer Fotografie. Viele Aufgaben fordern zum notwendigen Reflektieren. Ohne Diskussion mit einer Mentor*in oder im (Foto-)Freundeskreis bleibt man hier eventuell stecken.

Der Text ist mit vielen Zitaten von mehr oder weniger bekannten (Fotografie-)Persönlichkeiten gespickt, die den Lesefluss einerseits auflockern und andererseits auch schon manchmal die eigene Meinung herausfordern.
Ein wichtiger Teil des Buches, nämlich die Reise von der ersten Konzeptidee zum Bild/zur Serie, hätte gerne deutlich umfangreicher ausfallen können. Die Beantwortung der “W”-Fragen für ein Fotoprojekt (Warum, Wie, Wo, Womit, Was, Wem) ist sicherlich eine wunderbare und herausfordernde Aufgabe. Insbesondere die Fragen “Wo” (Sehen), “Was” (Selektieren der entstandenen Aufnahmen) und “Wem” (die Präsentation) hätten jedoch mehr Seiten verdient.
Am Schluss findet sich noch eine feine Liste mit weiterführenden Büchern und Links zu Webseiten, Podcasts und YouTube-Videos. Noch besser wäre ein Link auf eine Internetseite mit allen Links gewesen oder wenigstens die Verwendung eines Url-Shortener Dienstes. Positiv hervorzuheben ist noch, dass die Bücherliste nicht nur Werke zur Fotografie, sondern auch Philosophie und Kunst beinhaltet.

Die “Lebensdauer” immenser Mengen von Fotografien wird durch das Hochladen auf Social Media Plattformen immer kürzer und der einzige Zweck ist häufig die Selbstdarstellung der uploadenden Person (Unterstellung des Rezensionsautors). Pia Parolin zeigt in ihrem Buch Wege zum bewussteren Fotografieren und hilft bei der Erstellung wirkmächtigerer Bilder und Serien, die einem selbst und anderen Betrachter*innen (abseits von schnell scrollenden Feeds auf winzigen Smartphonebildschirmen) dauerhaft Freude machen werden.

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