Müll 2.0


70 kreative Projekte aus Recyclingmaterial
von Christine Baillet, Isabelle Bruno
Rezension von Elisabeth Binder | 06. Oktober 2017

Müll 2.0

"Müll 2.0" ist bereits das dritte Buch des französischen Autorinnenduos Isabelle Bruno und Christine Baillet, das ins Deutsche übersetzt wurde. Nach IKEA und LEGO beschäftigen sie sich in ihrem neuesten Buch mit Materialien, die normalerweise in den entsprechenden Recyclingcontainern landen.

Das Buchrezept hinter "Müll 2.0" (und den zwei anderen Büchern) ist relativ einfach: Man suche zu einem Thema die zahlreich vorhandenen Do-It-Yourself Blogs nach den 70 besten Ideen ab. Dann sortiere man die Fundstücke in vier Schwierigkeitsgrade, überlege sich ein kurzes Vorwort von ungefähr einer Seite und fertig ist das Buch. Fairerweise muss man anmerken, dass die Autorinnen auch kein Hehl draus machen, dass der kreative Input ihrer Bücher aus verschiedensten Quellen stammt, nur nicht ihrer eigenen Kreativität. Bei jedem Projekt sind die Designer an eher unauffälliger Stelle vermerkt. Der Bildnachweis am Ende enthält noch detailliertere Verweise und Links.

Müll 2.0

Die Beschreibungen der Projekte sind in Kochbuchmanier verfasst. Titel und Begleittext leiten das Bastelrezept ein. Die Materialliste befindet sich in einer Box auf der ersten Seite. Die Anleitung selbst ist das Herzstück. Hier wird in einfachen, manchmal aber zu knappen Schritten das "Wie wird's gemacht?" beschrieben. Der Anleitungstext wird oft durch Fotos ergänzt. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass die Anleitungen vollständig sind. Gerade im Könner- und Profibereich passiert zwischen den angeführten Arbeitsschritten und dem Endergebnis oft ein kleines Wunder. Vermutlich fehlen deswegen auch Zeitangaben für die Realisierung der Projekte.

Die Einschätzung des Schwierigkeitsgrads der Projekte in Einsteiger, Bastler, Könner und Profis wird in den meisten Fällen gut getroffen. Allerdings setzen die Profiprojekte auf einem wirklich sehr hohen künstlerischen und handwerklichen Niveau auf. Die Umsetzung hängt oft aber auch nicht bloß vom Können ab, sondern ist an Voraussetzungen geknüpft, die grob geschätzt bei nur einem Prozent der Leserschaft anzutreffen ist: Da wird einem leeren Büro von 100 Quadratmetern eine Inneneinrichtung aus Karton verpasst, ein Loft mit Möbeln aus Europaletten eingerichtet oder eine bereits vorhandene Bar in einem Restaurant mit Weinkistendeckeln abgedeckt, auf die zuletzt noch "eine Barabdeckung Ihrer Wahl" aufgelegt wird (Seite 126).

Müll 2.0

Insgesamt muss man sich über das Verständnis von Upcycling, das in den Projekten zum Ausdruck kommt, doch etwas wundern. Das fängt gleich mit der "Träumenden Pflanzenkatze" an. Aus einer Plastikflasche wird ein Blumentopf erzeugt, allerdings unter Einsatz von vielen anderen und erwiesenermaßen nicht umweltfreundlichen Materialien wie beispielsweise Sprühlack. Viele der Projekte von "Müll 2.0" sind also ein sicheres Rezept zur Erzeugung von Müll 3.0. Auch wenn im Vorwort halbherzig davor gewarnt wird, dass man keine Produkte kaufen soll, um an deren Verpackungsmaterial zu kommen, erfordern viele Projekte Ausgangsmaterialien, die für die Realisierung erst angeschafft werden müssen. Vor allem die Objekte und Möbel aus Karton erfordern große Kartons, in denen zuvor selbst wieder Möbelstücke verpackt gewesen sein mussten. Besonders gilt das für alle Konstruktionen aus Paletten, die man als Endkonsument ohnehin nicht in die Hände bekommt.

Müll 2.0

Wer also auf der Suche nach brauchbaren Upcyclingprojekten ist, die das Konzept ernst nehmen, wird bei "Müll 2.0" nur bedingt fündig, Inspirationen für kreative Basteielen gibt es jedoch genug. Aber die würde man ja auch selbst im Internet finden, so wie die Autorinnen.

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