Über manche Buchtitel sollte man besser zweimal nachdenken, denn sie können gleich mehrere Dinge bedeuten. Mit „Tod bei den Salzburger Festspielen“ hat Sophie Reyer einen historischen Kriminalroman geschrieben, auf den das in jedem Fall zutrifft. Denn wer weiß, was in Salzburg inszeniert wird, hat die Worte „Tod“ und „Jedermann“ schon in Kombination gehört. In diesem Werk sind allerdings sowohl historische Elemente als auch ein Kriminalfall involviert.
Wir schreiben das Jahr 1937 und Veränderung liegt in der Luft. Nicht zum besseren, weder politisch noch für die Kunst. Der jüdische Regisseur Max Reinhardt weiß genau, woher der Wind weht, und ist sicher, dass er das letzte Mal der Verantwortliche für die Salzburger Festspiele und die diesjährige „Jedermann“-Inszenierung sein darf. Daher will er, dass sie um jeden Preis stattfindet und auch die Ermordung der Erstbesetzung für den Tod bringt ihn von jenem Weg nicht ab. Etwas, das auch der eher gemütliche und mitunter schnell überforderte Inspektor Breitensee feststellt, und was den Regisseur in seinen Augen zutiefst verdächtig macht. Aber auch andere Personen im Umfeld machen ihn sehr skeptisch. Ein Pfarrer namens Braun, die Witwe des Opfers und dann auch noch der Komponist der Theatermusik lassen ihn misstrauisch werden. Nur die Sängerin Anna nicht, denn in die verguckt er sich, sogar als auch die Zweitbesetzung des Todes ermordet wird.
Da greift Max Reinhardt tief in die Trickkiste und holt seine Ex-Frau Else Heim nach Salzburg. Die Mutter seiner beiden Söhne war früher selbst gefeierte Schauspielerin und hat nach der Trennung von Max Reinhardt auch keinerlei Angst vor dem Tod. So, dass sie sowohl dessen Rolle übernehmen als auch einen ungewollten Köder für einen möglichen Mörder spielen kann. Bewusst oder unbewusst.
Die Handlung rund um die Ermordung verschiedener Schauspieler bei der „Jedermann“-Inszenierung ist letztendlich die große letzte Bühne, welche die Schauspielerin Else Reims in Wahrheit nicht erhalten hat. Parallel zu den Ereignissen in 1937 begleitet man sie beim Heranwachsen und finden ihrer Passion – der Schauspielerei. Als Ausnahmetalent ihrer Zeit war es für sie gleichermaßen Fluch und Segen, Max Reinhardt kennenzulernen. Denn der Partnerschaft und Kooperation in ihren frühen Jahren folgten Kinder, Hochzeit und dann das Interesse ihres Mannes für eine andere Frau. Danach ist sie selbst kein Teil seiner Inszenierungen mehr und erhält nicht mehr jene Rollen, an denen sie selbst Interesse hat. Sophie Reyers Interpretation ihres großen Finales als Tod bei den Salzburger Festspielen, im Angesicht des Todes – also in Gefahr – und mit einem vom Publikum gefeierten Erfolg bei der Inszenierung ist etwas, was sie im wahren Leben nicht erhalten hat. Denn jene Morde und ihren Einsatz gab es nicht. Österreich am Rande des Nationalsozialismus, mit stetig stärker werdendem Hass gegen Juden war dagegen nur zu real. Die Mischung aus historischen Gegebenheiten, der Lebensgeschichte der Schauspielerin Else Heim und dem fiktiven Kriminalfall ist spannend und gelungen und somit nicht nur Fans der Salzburger Festspiele und der alljährlichen „Jedermann“-Inszenierung zu empfehlen.
„Tod bei den Salzburger Festspielen“ ist ein gleichermaßen spannender wie nachdenklicher Roman über Morde bei der „Jedermann“-Inszenierung 1937. Denn das einerseits langsam erarbeitete Porträt der eigentlichen Protagonistin trifft auf einen Kriminalfall und ein Österreich, das kurz davor ist, an Deutschland angeschlossen zu werden – Judenhass inklusive. Es ist ein Buch, über das man auf mehreren Ebenen nachdenken kann, auch wenn nicht alle Ingredienzien voll und ganz der Realität entsprungen sind.
Details
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Erschienen:07/2025
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Umfang:240 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ISBN 13:9783740825850
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Preis (D):15,50 €