Die Geheimnisse der Klingenwelt

Seelenspalter

von Ju Honisch
Rezension von Stefan Cernohuby | 19. April 2017

Seelenspalter

Die Seele eines Menschen ist etwas, das man weder sehen noch berühren kann. Trotzdem ist es auf gewisse Art und Weise das, was uns als solche definiert. Was würde also geschehen, wenn man eine Seele spaltet und etwas einfügt, das dort nicht hingehört? Würde man dann zu einer anderen Person? Unter anderem mit dieser Frage beschäftigt sich der Fantasyroman „Seelenspalter“ von Ju Honisch, als erster Band der Reihe „Die Geheimnisse der Klingenwelt“.

Maleni ist eine leidglich gutaussehende, aber doch sehr unauffällige Frau. Das gilt jedoch nicht, wenn ihre andere Hälfte übernimmt. Denn Taryah ist das genaue Gegenteil. Verlockend, lasziv und das Leben in vollen Zügen genießend tanzt sie, umgarnt sie, tötet sie. Denn Taryah ist eine Mörderin, die durch die unterschiedlichen Reiche reist und mächtige Heerführer im Namen der Xyi – geheimnisvoller Assassinen, denen man magische Kräfte nachsagt – ausschaltet Und sie steckt in Maleni. Doch bei ihrem aktuellen Auftrag versagt Maleni. Nicht, weil es ihr nicht gelingt, ihr Ziel auszuschalten. Sondern weil sie sich durch Emotionen dazu hinreißen lässt, einen Vergewaltiger zu töten und seine Opfer zu erlösen. Auf der Flucht trifft sie auf zwei reisende Schmiede, die sie vor ihren Verfolgern retten. Sie entschließt sich, mit ihnen zu reisen. Eine Tat, die allem widerspricht, was sie gelernt hat. Auch Taryah versucht sie permanent dazu zu bringen, die beiden zu töten. Doch es steckt weit mehr hinter den Metallbearbeitern. Zwar handelt es sich zweifellos um Schmiede, doch sie sind noch mehr. Während der junge Elgor einfach nur freundlich zu sein scheint und ihr offenbar aus Sympathie hilft, ist Umbert ein alter Mann, der mit Sicherheit einen Plan hat. Und da ist noch der geheimnisvolle Verenn, der Maleni immer wieder rettet und dann verschwindet. Was steckt dahinter? Und vor allem, was hat man mit ihr vor?

Der Roman beschreibt eine Reise, in der sich die Protagonisten entwickeln und verändern müssen. Engstirniges Denken, blinder Gehorsam und die stillschweigende Akzeptanz der aktuellen Lage müssen erst abgelegt werden, bis die Charaktere es schaffen, über sich hinauszuwachsen. Dieser Prozess nimmt einen Gutteil des über 800 Seiten langen Werkes ein, wird aber zu keiner Zeit langweilig – selbst als sich erste Liebesbande entwickeln. Denn diese passen zur Entwicklung der gelungen gezeichneten Charaktere.
Doch dann, wo man eigentlich erwarten würde, dass die Handlung des ersten Bandes abgeschlossen wäre, folgt etwas überraschend ein Abschnitt, der ein fast eigenständiges Abenteuer behandelt. Ein Abenteuer, das man vielleicht als Auftakt eines weiteren Bandes der Reihe erwartet hätte – obwohl diese nicht zwangsläufig in chronologischer Reihenfolge erscheinen müssen. Zwar ist der sprachgewaltige Erzählstil von Ju Honisch im ganzen Werk vorhanden, doch auch die für ihre selten kurzen Romane bekannte Autorin schafft es nicht, diesen letzten Abschnitt ohne Probleme und konsistent in das Werk einzubinden. Dennoch ist „Seelenspalter“ ein toller Auftakt für eine neue Reihe in einer eigenen Welt, die sicher noch viele spannende, weitere Abenteuer präsentieren wird.

„Seelenspalter“ ist der erste Roman der Reihe „Die Geheimnisse der Klingenwelt“ von Ju Honisch. In einem abwechslungsreichen, spannenden und mit überzeugenden Charakteren versehenen Buch bleibt als einziger Kritikpunkt ein Schlussabschnitt, der an einer Stelle kommt, wo man ihn als Leser nicht unbedingt erwartet. Davon einmal abgesehen, kann das Werk überzeugen und macht dem Leser bereits Appetit auf den zweiten Band. Wer deutschsprachige Fantasy mag, sollte diesen Roman keinesfalls auslassen.

Details

Bewertung

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