Das Rad der Zeit - das Original
Die Jagd beginnt
von Robert Jordan
Rezension von Stefan Cernohuby
| 06. Februar 2010
Ein etwas verhaltener Start bedeutet nicht immer etwas Schlechtes. Auch wenn eine Reihe mit ihrem ersten Band noch nicht die gesamte Leserschaft überzeugen kann, bietet der zweite Teil die Möglichkeit, ein breiteres Publikum zu erreichen. Natürlich vorausgesetzt, man kann auch jene Leser, denen der Beginn nicht so gut gefallen hat, davon überzeugen, weiterzulesen. Lohnt es sich beim zweiten Band der Reihe "Das Rad der Zeit" von Robert Jordan?
Rand al´Thor hat ein kleines Problem. Da die Silbe "al" im Normalfall eine adelige Person bezeichnet, wird er immer öfter für eine fremde Lordschaft gehalten und auch genötigt, sich dementsprechend zu kleiden. Seinen Freunden gefällt dies nicht. Sie können seinem Verhalten nichts abgewinnen und entfernen sich von ihm. Dies ist allerdings von ihm beabsichtigt. Als "wiedergeborener Drache" tituliert, soll er ausziehen, das Horn von Valere wiederzubeschaffen und sich dem dunklen König erneut zu stellen. Doch das ist längst nicht alles. Genauso muss er sich mit Intrigen auseinandersetzen. Seine Reise führt ihn nicht nur nach Cairhien, wo unter anderem das tödliche große Spiel gespielt wird, sondern auch in fremde Welten, die zwar sehr nah, aber doch sehr fern sind. Zudem muss sich Rand mit der Tatsache auseinander setzen, dass er in der Lage ist, die wahre Quelle zu berühren - oder einfacher ausgedrückt, er kann Magie wirken. Da diese Fähigkeit Männern seit Jahrhunderten verboten ist, da selbige dadurch verrückt werden, wird sein Leben auch nicht gerade einfacher. Und zu schlechter Letzt behauptet sein dunkler Widersacher von ihm immer wieder, dass er eigentlich Lews Therin wäre. Kann sich Rand den dunklen Einflüsterungen entziehen und seinen Weg gehen, ohne dass er zu seinem Untergang wird?
War der erste Band der Reihe "Das Rad der Zeit" unter der positivsten Betrachtungsweise bestenfalls als eindeutige Hommage an J. R. R. Tolkien und bei negativer Deutung als Wiederverwertung der gleichen Szenen aufzufassen, entwickelt sich der zweite Teil darüber hinaus. Zwar nimmt die Handlung weitere Anleihen auf, wie zum Beispiel aus der Artussage, doch darüber kann man großzügig hinwegsehen. Die Charaktere entwickeln sich weiter und dem Autor gelingt, diesen Entwicklungsprozess so glaubwürdig zu gestalten, dass einem nicht einmal die Wandlung eines Jungen zu einem epochalen Held allzu abwegig erscheint.
"Die Jagd beginnt" entspricht sowohl vom Titel her als auch von der erzählten Geschichte eher dem, was man sich unter Fantasy vorstellt. Die Erzählung schreitet voran und nun bekommt man einen ersten Einblick darin, was sich der Autor eigentlich unter dem Weben der Zeit vorstellt und wie groß die Vision ist, die als Metaplot hinter der eigentlichen Handlung angesiedelt ist. Fantasyfans können hier beruhigt zugreifen. Der einzige Wermutstropfen besteht darin, dass es sich empfiehlt den weit schwächeren ersten Band zu lesen, damit man den Werdegang der wichtigsten Charaktere versteht.
Mit "Die Jagd beginnt" beginnt gleichzeitig auch jener Teil der Reihe "Das Rad der Zeit" von Robert Jordan, der die wirkliche Faszination der Leser entfacht. Nicht mehr als Hommage oder Szenen-Plagiat zu sehen, kann dieser Roman wirklich überzeugen. Liebhaber klassischer Fantasy sollten um diesen Roman keinen Bogen machen. Denn es ist sicherlich lohnenswert, sich mit der Materie auseinanderzusetzen, auch wenn hier noch nicht ganz klar ist, ob das Gesamtwerk dem geplanten und im Hintergrund langsam Gestalt annehmenden Metaplot gerecht wird.
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