Die Bücher, der Junge und die Nacht

von Kai Meyer
Rezension von Emilia Engel | 12. März 2023

Die Bücher, der Junge und die Nacht

Kai Meyers Werk ist ein fabelhaftes Buch über die Leidenschaft für Bücher, über Geheimnisse, Lügen, Wahrheit und Intrigen. Traurig, manchmal beklemmend ist es dennoch ein Buch, das voller Hoffnung und Liebe steckt. Der Autor beschreibt das Graphische Viertel in Leipzig so atmosphärisch, dass man als Leser und Leserin sich sofort darin wiederfindet, beinahe so, als wäre man selbst dort gewesen. Wer sich auf diese Geschichte einlässt, kann sich auf eine unterhaltsame und bewegende Lektüre freuen.

1933. In der Bücherstadt Leipzig lebt der junge Buchbinder Jakob Steinfeld und betreibt gemeinsam mit seinem russischen Freund Grigori eine kleine Buchhandlung mit Buchbinderei, das “Montecristo”. Doch es ist nicht einfach in diesen Zeiten. Die Verlegerfamilie Pallandt hat Jakob schon mehrmals unter Druck gesetzt, damit er das Montecristo verkauft. Denn das Grundstück soll Teil des Pallandtschen Grundstücks werden, in dem Karl Pallandt seine Druckereien angesiedelt hat. Zudem tauchen immer mehr Braunhemden auf, die Jakob ins Visier nehmen und das nicht nur wegen seinem jüdischen Freund. Als eine schöne Frau ihm ein mysteriöses Manuskript zum Binden anbietet, würde Jakob gerne zustimmen, doch die Probleme, die damit einhergehen würden, möchte er sich lieber nicht aufhalsen. Aber schon bald ändert er seine Meinung und er lernt die junge Frau näher kennen. Doch viel Zeit für Liebe bleibt in diesen stürmischen Zeiten nicht.
1943, Leipzig brennt und ein Junge entkommt seinem geheimen Verlies in einer Bibliothek, dieer noch nie in seinem Leben verlassen hat.
1971, Jakobs Sohn Robert ist wie sein Vater besessen von Büchern und hat seine Leidenschaft zu seinem Beruf gemacht. Er versteht es, Buchraritäten ausfindig zu machen und zu gutem Geld zu machen. Als seine Freundin Marie Robert die neue Bibliothek zeigt, deren Bestände sie verkaufen soll, beginnt für Robert eine Reise in die Vergangenheit. Was ist eigentlich mit seinem Vater passiert? Wer ist seine Mutter? Und was sind das für Bücher, nach denen seit langem gesucht wird? Doch diese Nachforschungen sind alles andere als ungefährlich.

Kai Meyer ist ein großartiger Geschichtenweber, der es versteht sowohl junge als auch erwachsene Leser*innen in seinen Bann zu ziehen. “Die Bücher, der Junge und die Nacht” ist ein Buch, das in dreierlei Erzählstränge unterteilt ist. Zum einen verfolgen wir die Geschichte von Jakob Steinfeld, wie er Juli kennenlernt und welche Probleme dieses Kennenlernen mit sich bringt. Jakob ist ein sympathischer Charakter, der gerne Menschen hilft, auch wenn ihn das in Schwierigkeiten bringt. Sein Freund Grigori und er liefern immer amüsante Dialoge, die bei der Leserschaft für Schmunzeln sorgen und etwas Leichtigkeit in diese Geschichte zaubern. Jakobs Nachforschungen bringen ihn in Teufels Küche. Jakobs Sohn Robert findet viele Jahre später eine ganze Sammlung an Steinfeld-Buchausgaben und beginnt seine ganz eigenen Nachforschungen. Robert hatte in seiner Kindheit viel erlebt. Der Zweite Weltkrieg hat auch an ihm seine Spuren hinterlassen. Nun ist es für ihn an der Zeit, seine Vergangenheit nicht mehr zu verdrängen, sondern, im Gegenteil, ans Licht zu bringen. Ihm zur Seite steht eine forsche Marie, die sowohl Kontrahentin als auch Geliebte ist. Zusammen sind sie ein wirklich gutes Team. Der dritte Erzählstrang bietet jeweils die kürzesten Kapitel. Ein Junge, der aus der Gefangenschaft fliehen kann und danach durch Deutschland zieht, in dem der Krieg erbarmungslos tobt. Wie sich die Leserschaft denken kann, hängen diese Geschichten natürlich alle zusammen. Kai Meyer hat es wirklich gut geschafft, jeden Teil dieses Romanes gleichermaßen spannend zu halten. Jeder dieser Teile ist für sich eine mitreißende Geschichte, da möchte man gar nicht erst bis zu einer bestimmten Stelle vorblättern. Langsam aber stetig eröffnen sich dem Leser und der Leserin immer mehr Zusammenhänge, bis am Ende ein ausgesprochen rundes Bild entsteht, das keine Fragen offen lässt. Ganz besonders werden die bibliophilen Leser und Leserinnen begeistert sein, denn die Bücherliebe der Protagonisten, aber auch die ganzen Verleger- und Buchhändlergeschichten machen dieses Werk Für passionierte Buchliebhaber besonders interessant.

Für eine fesselnde Lektüre mit Tiefgang und geschichtlichem Hintergrund bietet sich “Die Bücher, der Junge und die Nacht” ausgezeichnet an. Es ist eine Hommage an Bücher und diese Bücherliebe verbindet in diesem Buch die Generationen. Es bietet aber auch zarte Liebesgeschichten, die ans Herz gehen. So gesehen spielt es zwar in einer düsteren Episode der Weltgeschichte, ist aber dank dieser Lichtblicke dennoch keine allzu schwere Lektüre.

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