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Wiener Küche Vegan

von Holzbaum Verlag (Hrsg.)
Rezension von Elisabeth Binder | 06. September 2015

Wiener Küche Vegan

Vegan ist sicherlich nicht eine spontane Assoziation, die LiebhaberInnen der österreichischen Küche generell und der Wiener Küche im Besonderen herstellen. Die österreichische Kulturjournalistin und Schriftstellerin Eva Bakos kommentierte das Verhältnis der Wiener zu ihrer Küche so: "Der Wiener empfindet jede Fehlinterpretation seiner Lieblingsspeisen als besonders infame Art der Geschichtsfälschung." Ein Buch zu veganer Wiener Küche, das sich durchaus auf die zitierten Lieblingsspeisen bezieht, beweist also eine ordentliche Portion Mut.

Gibt es in der Wiener Küche ein Leben jenseits von Würstelstand und Schnitzelland? Beim ersten Durchblättern kann diese Frage mit einem eindeutigen Ja beantwortet werden, denn bei näherer Betrachtung sind einige der Klassiker eigentlich schon mit geringen Modifizierungen von Haus aus vegan. Das ist auch nicht wirklich eine Überraschung, denn die Wiener Küche ist eine Mischung der Volksküchen aus den Ländern der Monarchie und da war Fleisch eher die Ausnahme als die Regel. Panieren lässt sich bekanntlich alles und das geht auch ohne Ei ganz gut, wie der Praxistest mit dem Sellerieschnitzel bewiesen hat.

Was den anonymen KochbuchautorInnen hoch anzurechnen ist, ist die Tatsache, dass sie bis auf ganz wenige Ausnahmen auf industrialisierte vegane Ersatzstoffe verzichten. Sojafleisch und -würste sucht man vergebens. Es werden einfach nur die gemüse- und kohlehydratlastigen Teile der Wiener Küche berücksichtigt und gegebenenfalls modifiziert. Eines der Meisterstücke im Kochbuch ist der vegane Kaiserschmarrn, ein Emblem der Wiener Mehlspeisküche. Der Laie mag sich fragen, wie ein Kaiserschmarrn ohne Milch und Eier auskommt, der Praxistest hat jedoch gezeigt, dass dies durchaus möglich ist.
Zumeist sind die Rezepte knapp gehalten und für geübte KöchInnen leicht nachzukochen. Stellenweise kann das durchaus ehrgeizig ausfallen, wenn beim Apfelstrudel auf die Verwendung von fertigem Strudelteig verzichtet wird. Ein wenig verunsichernd ist die Anwesenheit von Fotos zu Rezepten, die in der Mehrzahl der Fälle nur hübsch abgelichtete Zutaten im Rohzustand zeigen. Die Fotos fungieren in den meisten Fällen als Seitenfüller, nicht jedoch als zweckdienlicher Hinweis auf das beschriebene Endprodukt des nebenstehenden Rezepts.Die meisten Rezepte sind mit einleitenden Sätzen versehen, die, nicht ganz überraschend, gerade bei den Süßspeisen poetisch werden. Danach folgen die Zutatenliste und die Beschreibung der Zubereitung in Kochbuchprosa, also nicht in einzelnen, klaren Schritten. Es lohnt sich auf jeden Fall, vor dem Kochen das Rezept in Gänze durchzulesen.
Sprachlich macht das Kochbuch auf jeden Fall keine Kompromisse. Wer Probleme mit der Identifikation von Zutaten hat, sollte im Register blättern. Dort werden auch einige Begriffe, die nördlich von Österreich gebräuchlich sind, referenziert. In manchen Fällen helfen auch die Fotos weiter. Ansonsten ist das Register einfach eine alphabetische Listung der Rezepte in den einzelnen Kapiteln und bietet daher wenig Zusatzinformation. Das Buch liegt gut in der Hand und, ganz wichtig für Kochbücher, lässt sich schön aufklappen, so dass man während des Kochens immer wieder einen Blick auf die Rezepte werfen kann.

Wiener Küche Vegan ist ein handliches, kompaktes Kochbuch mit sehr brauchbaren, alltagstauglichen Rezepten für halbwegs erfahrene KöchInnen.

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