Deathstroke

Deathstroke Defiance


Dunkle Titanen
von Christopher Priest, Carlos Pagulayan, Larry Hama, Bill Sienkiewicz, Diogenes Neves (Illustrator*in)
Rezension von Gabriel Zupcan | 27. Februar 2019

Deathstroke Defiance

Deathstroke hat dem Töten abgeschworen. Den coolen Codenamen möchte er jedoch weiterhin behalten. Seine neue, integre Persona stellt sich an die Spitze eines neuen Superheldenteams: Defiance. Die tapferen Teenies sollen in den Händen des ehemaligen Auftragskillers zu seiner Vision der „Titans“ geformt werden.

Panini bringt die komplette Storyline von Deathstrokes eigenem Superteam gesammelt in einem „Megaband“. Trotz des leicht abweichenden Namens ist das hier die direkte Fortsetzung der laufenden Serie aus der Feder von Christopher Priest. Gelegenheitsleser, die sich vom schicken Megaband angezogen fühlen, sollten beachten, dass hier sehr viele Rückbezüge auf Deathstroke 1-5 (Rebirth) genommen werden.
Das neue Team besteht aus Slades Sohn Joseph alias Jericho, seiner Tochter Rose, dem aktuellen Kid Flash (Wally West), Tanya Spears, der Nachfolgerin von Power Girl, und Terra, einer alten Bekannten aus Deathstrokes klassischen Tagen. Slades Ex-Frau Adeline betätigt sich als Fädenzieherin im Hauptquartier. „Defiance“ ist ihr Baby und sie leitet das Projekt. Doch mit geläuterten Soziopathen umzugehen ist nicht leicht und Slade Wilson verfolgt wie immer seine eigenen Ziele auf seine unbeirrbare Weise. Bevor die düstere Version der Titans loslegen kann, wird jedoch in Chinatown ein alter Pate der Triaden von einer unbekannten Kämpferin getötet. In typischer Priest‘scher Erzählweise wird das später noch eine große Rolle spielen. Der erste Auftrag lockt Defiance auf die (fiktiven) Chetland-Inseln, wo sie ihre Feuertaufe bestehen. Doch wie erwartet, ist vieles faul. Der Grund für ihr Eingreifen ist konstruiert. Von Slade Wilson höchstselbst, der seine „Ich töte nicht mehr“-Regel offensichtlich etwas interpretierbar auffasst. Und Defiance ist kein selbstloses Team von Gut-Tuern. Deathstroke präsentiert dem amerikanischen Botschafter nach erfolgreicher Mission knallhart eine saftige Rechnung für die Dienstleistungen von Defiance. Auch die Teammitglieder sind nicht alle die, die sie zu sein scheinen. Jeder hat seine eigenen, egoistischen Motive mitzumachen. Jericho versucht den Mörder seiner Verlobten zu finden, Kid Flash soll das Team infiltrieren und Terra war ohnehin nie zu trauen (Fans der alten Teen Titans-Serie werden sich erinnern!). Defiance scheint bereits zu Beginn zum Scheitern verurteilt zu sein.

In bewährter Weise geht Christopher Priest zu Werke. Kapitel, die oft genau eine Seite lang sind, und eine hochkomplexe, verschachtelte Erzählweise, die zwischen Gegenwart und Vergangenheit genauso oft wechselt, wie zwischen den Schauplätzen. Auch die Charaktere entsprechen dieser Thematik. Niemand ist das, was er zu sein scheint, sondern hat viele Facetten. Gar nicht so wenige davon von düsterer Natur, selbst bei Charakteren, die man bislang für nette Saubermänner gehalten hat. Umgekehrt kann auch ein gewissenloser Lügner wie Deathstroke einen Rest Menschlichkeit zeigen, auch wenn er immer noch enigmatisch bleibt. Damit ähnelt er in gewisser Weise Batman und Defiance ist eine dysfunktionale Variante der Bat-Familie. Doch während die Bat-Familie trotz all ihrer Konflikte am Ende professionell und diszipliniert handelt, fehlt diese Erfahrung und das bedingungslose Vertrauen bei Defiance. Priest jongliert ebenfalls mit anderen DC Charakteren in Gastauftritten und hat sich hierzu die Creme de la Creme der Schurkigkeit geholt. Die Society (of Super Villains) sitzt zu Gericht über Deathstroke und der Riddler darf ihn verteidigen. Ebenso besucht einer der neuesten DC-Charaktere erstmals die USA: der „New Super-Man“ aus China, Kong Kenan. Dieser Junge ist der fleischgewordene Zeitgeist und sein Auftritt ist mehr als amüsant.
Grafisch zeigt sich „Deathstroke Defiance“ durchgehend stark. Die Zeichner halten sich an Priests strenge Panels und trotz wechselnden Artworks wirkt der Band wie aus einem Guss. Verrückte Super-Action-Megaspreads à la Tony S. Daniel findet man hier selten. Blut fließt zwar nicht in Strömen, aber effektiv, wo es gerade gebraucht wird. Auch wenn stellenweise augenzwinkernd die faule Ausrede des „roten Betäubungsgels“, das der geläuterte Slade verwendet, gebraucht wird.

Nach dem Ausflug in die Gefilde der Zeitreisen, macht Priest nun mit Deathstroke das, womit er selbst angefangen hat: Familiendrama im Superheldengenre mit vielen verschnörkelten Storylines und einer guten Ladung Blei. Abgeschmeckt wird durch echt schwarzen Humor – Deathstroke ist kein post-pubertärer Sprücheklopfer, er führt seine Worte wie ein Präzisionsgewehr.

Details

Bewertung

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