Wir drehen am Klima - na und?

von Gerd Gantör
Rezension von Stefan Cernohuby | 02. November 2015

Wir drehen am Klima - na und?

Das Wetter schlägt immer schlimmere Kapriolen, so kommt es einem zumindest vor. Die Sommer sind heiß wie nie, die Winter kaum mehr nennenswert, im Herbst gibt es schlimme Stürme und Schneefälle gibt es wenn überhaupt im Frühjahr, wo sie die Ernte erfrieren lassen. Sind Menschen für diese Klimaänderungen verantwortlich? Wenn ja, müssten wir nicht etwas dagegen tun, oder tun wir das nicht schon? Gerd Ganteför versucht in „Wir drehen am Klima – na und?“ einige dieser Fragen zu beantworten und die Thematik eine etwas andere Richtung zu lenken.

Der Physikprofessor, hauptsächlich bekannt für seine Forschungen im Bereich Nanotechnologie und Clusterphysik, hat die Klimaforschung zu seinem Steckenpferd gemacht und bereits zahlreiche Texte und auch Bücher zu diesem Thema veröffentlicht. In seinem Vorwort bezieht er sich vor allem auf Deutschland, seine Rolle und seine Energiepolitik.
So gewappnet wird man zuerst mit einer historischen Betrachtung des Lebensraums Erde, der Umwelt und vor allem der beschränkten Sichtweise der jeweiligen Generation mit ihrem damaligen Wissensstand hingewiesen. Und darauf verweist er auch in Punkto deutscher Energiewende. Denn über die Geschichte der Energiegewinnung geht es direkt zu Deutschland. Was versucht man gerade zu erreichen? Man will gleichzeitig Kernenergie abschaffen und auch fossile Energieträger wie Gas, Kohle und Öl durch erneuerbare Energien ersetzen. Ein Vorhaben, das nur schleppend vorangeht und nur teilweise von Erfolg gekrönt ist. Darüber hinaus stellt sich für den Autor die Frage, warum eigentlich das Ganze? Die bisherigen Maßnahmen haben laut seiner Meinung nur einen Effekt, sie machen den Strom teurer und reduzieren die Lebensqualität der Menschen. Denn schließlich sei Deutschland das einzige Land, das ein solches Programm fahre – während der Rest der Welt immer mehr Schadstoffe produziere. Eine Verringerung der CO2-Emissionen, die mit den aktuellen Bestrebungen einhergeht, sei aufgrund ihrer Konzentration auf die Energiegewinnung, nicht aber auf andere Gebiete, keinesfalls zielführend. Ein weiterer Punkt ist, dass über kurz oder lang auch ohne Schadstoffemissionen das Weltklima verändert werden muss – schon allein um die Welt weiter lebenswert zu gestalten.

Man kann ein Thema sehr punktuell betrachten oder global. Oder man versucht beides zu machen und trotzdem glaubwürdig zu bleiben. Gerd Ganteför versucht in „Wir drehen am Klima – na und?“ den dritten und schwierigsten Ansatz. Denn einerseits konzentriert er sich komplett auf Deutschland, die in seinen Augen die einzigen sind, die den Versuch unternehmen, Kernenergie und fossile Energiequellen durch erneuerbare Energien ersetzten. Er weist dabei auf politische Fehlentscheidungen, falsche Strategien, fehlgeleitete Kommissionen und kosmetische Maßnahmen hin, die mehr kosten als sie Nutzen bringen. Daher wäre die Energiewende bereits jetzt zum Scheitern verurteilt und man solle sie besser abblasen. Gleichzeitig aber solle weltweit eine Strategie entworfen werden, um dem Klimawandel Herr zu werden und das Klima selbst idealerweise mit Hilfe technischer Mittel zu steuern – besser als USA und Russland im letzten Jahrhundert.
Leider blickt der Autor jedoch nicht über den Tellerrand, nimmt andere Bemühungen nicht ernst oder andere Länder gar nicht wahr. Frankreich mache sowieso was es wolle, Spanien habe aufgegeben – wegen der schwächeren Wirtschaftssituation – und sonst unternehme kein anderes Land etwas. Es gibt jedoch auch Länder, die keinerlei Atomkraftwerke besitzen und bei denen fast 80% der eigenen Stromproduktion aus erneuerbaren Energiequellen stammen, was jedoch nicht erwähnt wird. Auch die Aussage „Na und?“ zu den Klimaänderungen durch den Menschen ist nur wenig überzeugend. Ja, vermutlich ist die Anstrengung eines Landes zu wenig um einen Umschwung zu erzielen. Aber wenn sich jeder zurücklehnt und die langfristige Problematik einhundert Jahre in die Zukunft verschiebt, wo die Lage dann langsam ernst wird, ist auch nichts gewonnen. Insofern ist ein Vorangehen Deutschlands durchaus wünschenswert. Dann noch mit theoretischen technischen Ansätzen anzukommen, die in der Praxis noch nie verwendet wurden, macht die Sache auch nicht besser. Daher könnte man die Frage auch dem Autor des Buchs stellen. „Na und?“ Denn was fängt man mit dem gewonnenen Wissen an? Wenig, da das ganze Thema nicht wirklich auf einen vernünftigen Punkt gebracht wird. Wir können dem Werk daher nur durchschnittliche Qualität attestieren – obwohl die Quellenangaben pro Kapitel eine erfrischende Abwechslung darstellen. Denn Wissen ohne Ziel oder wirkliche Schlussfolgerung ist nur eingeschränkt interessant.

„Wir drehen am Klima – na und?“ ist ein Buch von Gerd Ganteför, das sich in erster Linie mit der Klimaerwärmung, ihren Hintergründen und den deutschen Bemühungen, das Problem anzugehen berichtet. Leider ist das Werk so sehr auf Deutschland und seine Fehler in diesem Bereich fokussiert, dass der Wissensgewinn für den Leser getrübt wird durch fehlende Schlüsse und theoretische alternative, laut Autor aber nötige Bemühungen, das Klima in den Griff zu bekommen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Erschienen:
    10/2015
  • Umfang:
    248 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783527337781
  • Preis (D):
    24,90 €

Bewertung

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  • Anspruch: