Wie Design wirkt


Psychologische Prinzipien erfolgreicher Gestaltung
von Monika Heimann, Michael Schütz
Rezension von Michael Seirer | 05. April 2017

Wie Design wirkt

Gutes Design - was ist darunter zu verstehen? Ist es nicht nur Geschmacksache? Welche Prozesse helfen beim Erstellen einer Markenkommunikation und liefern reproduzierbar bessere Ergebnisse? Wann ist Design nicht nur gefällig sondern auch wirksam? Was bedeutet es überhaupt, wenn Design “wirkt”? Monika Heimann und Michael Schütz - Designerin und Werbepsychologe - haben sich diese Fragen gestellt und ihr Wissen in einem umfangreichen Buch im Rheinwerk Verlag veröffentlicht.

Die beiden Autoren legen ein gewichtiges Werk von gut 620 Seiten vor, in dem das Zusammenspiel von Design und Psychologie erläutert wird. Dabei beziehen sie sich auf Grundlagen aus der Gestalt-, der analytischen, Sozial- und Neuropsychologie. Mehrfach betont wird, dass es immer um die erzeugte Wirkung im Betrachter geht: Welche Assoziationsräume werden eröffnet und an welche Bedeutungen wird angeknüpft? Insofern ist das “Gefallen” ein Etikett, das der Betrachter am Ende eines Wirkungsprozesses auf seine Eindrücke attributiert.

Im ersten Kapitel werden die Grundprinzipien der Wirkung von Design erklärt und gezeigt, dass diese grundsätzlich komplex, aber steuerbar sind. Entsprechend dem Trend von immer bildlicherer Werbung beziehungsweise Kommunikation geht es im zweiten Kapitel dann darum, wie Bilder wirken und was ein “starkes” und “schwaches” Bild ist. Auch die Bedeutung von Symbolen wird angerissen. Der Betrachter steht sodann im dritten Kapitel im Mittelpunkt, wo es darum geht, wie man mit Themen Wirkung erzeugen kann. Im kurzen Kapitel vier folgt eine Abhandlung über die psychologischen Grundprinzipien der Wahrnehmung. Auf gut 120 Seiten folgen Ausführungen über Farbe beziehungsweise Farbwirkung. Diese werden zuerst theoretisch beschrieben, danach anhand von praktischen Dimensionen wie “Farbwirkung auf Zielgruppen” oder “Farbwirkung in der Produktverwendungsdimension” erläutert.

Es folgen zwei Kapitel über das wirkungsvolle Arbeiten mit Formen und Flächen. Das abschließende Kapitel 9 widmet sich dem ganzheitlichen Einsatz der bisher beschriebenen Dimensionen, um zu einer charakteristischen Kombination aus Flächenkomposition, Formen und Farben zu gelangen.

Das letzte Kapitel behandelt, wie man wirkungsvolle Designideen entwickelt. Insbesondere wird InsightArt, ein kreativer Prozess zur Ideenfindung, beschrieben.

Das Buchlayout ist nüchtern, gut lesbar und ist am Format eines Lehrbuches angelehnt. Der Textfluss wird durch viele farbige Darstellungen ergänzt, welche oft aus dem Bereich Werbedesign stammen. Die Autoren regen durch viele Übungen dazu an, das Gelesene praktisch zu vertiefen. Meist eher kurz gehaltene Exkurse erklären notwendige Fachbegriffe und liefern Hinweise für jene, die sich weiter mit der Materie beschäftigen wollen. Wichtige Sätze sind grau hervorgehoben und am Ende jedes Kapitels findet sich eine Zusammenfassung.

Das Werk kommt ohne psychologisches Grundwissen aus, schafft es aber geschickt, dieses, falls notwendig, zu vermitteln. Die Sprache der Autoren ist verständliche und kommt ohne verwirrenden Fachjargon aus. Das Literatur- beziehungsweise Quellenverzeichnis hilft bei dem Wunsch, einzelne Inhalte zu fundieren. Leider ist die Verweisdichte nicht immer gleich - die Kapitel zur Farbwirkung beinhalten kaum Referenzen. Auch das im Kapitel 9 in großem Umfang beschriebene eigene Experiment der Autoren mit nur zwölf Teilnehmern wirkt etwas deplatziert. Am Ende jedes Abschnittes wird die Bedeutung für das Design konkret beschrieben.

Die unzähligen Beispiele werden im Detail erläutert, wobei nicht nur gute, sondern auch weniger gelungene Sujets erläutert werden. Nicht digitale Themen wie zum Beispiel Oberflächengestaltung (Material, Struktur, Muster) werden nur kurz angerissen. Text und Schrift werden ebenfalls stiefmütterlich behandelt - was beim Umfang des Buches aber verschmerzbar ist, da sich allein dazu viele Bücher schreiben lassen.

Die praktischen Übungen sind gut geeignet, um das Gelesene zu festigen beziehungsweise auszubauen. Das ist bei der inhaltlichen Breite und Tiefe des Buches auch dringend notwendig, um den Stoff zu internalisieren.

“Wie Design wirkt” ist ein umfangreiches Buch zur Psychologie der Gestaltung. Es schafft den schwierigen Spagat zwischen inhaltlicher (wissenschaftlicher) Tiefe und praxisrelevanter Darstellung mit guter Lesbarkeit. Relevante Aspekte der Gestalt- und Wahrnehmungspsychologie werden verständlich erläutert, wobei immer die konkrete Bedeutung für das Design im Vordergrund steht. Wer sich also mit wirkungsvoller Gestaltung näher beschäftigen will, sollte unbedingt einen Blick in dieses Buch werfen.

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