Hello, Robot.


Design zwischen Mensch und Maschine
von Mateo Kries, Christoph Thun-Hohenstein, Amelie Klein (Hrsg.)
Rezension von Michael Seirer | 17. November 2017

Hello, Robot.

Beim Wort “Roboter” denken viele Menschen an R2-D2, Terminator und Cyborgs wie sie in Filmen und TV Serien der Populärkultur vorkommen. Oft geht es darum, den Menschen als Vorbild zu verbessern und sich damit selbst zu übertreffen. Dabei sind heutige Entwicklungen, wie zum Beispiel Drohnen, Pflegeroboter oder selbstfahrende Autos von Telsa und Google, schon sehr weit von einer menschenähnlichen Maschine entfernt. Was zeichnet nun einen Roboter aus und inwieweit werden uns Roboter in unserem Leben in Zukunft unterstützen oder sogar bedrohen? Die Ausstellung “Hello, Robot.” und der dazugehörige Ausstellungskatalog untersuchen den Stand der Dinge und mögliche zukünftige Entwicklungen.

Die Wanderausstellung "Hello, Robot." war vom 21. Juni 2017 bis zum 01. Oktober 2017 im Museum für angewandte Kunst (MAK) in Wien zu sehen. Dabei führen 14 Fragen als Leitmotive durch die Ausstellung und sollen die Besucher dazu anregen, die eigenen Meinungen zur Robotik zu evaluieren und sich mit den ausgestellten Kunstwerken beziehungsweise Gedankenexperimenten zu beschäftigen.

Begleitend zur Ausstellung wurde ein Katalog herausgegeben, der die aufgeworfenen Fragen und die ausgestellten Projekte zeigt. Das Besondere dabei ist, dass das ganze Buch von einem Algorithmus entworfen wurde! Das Berliner Grafikstudio Double Standards gab dazu die Parameter vor und auf Knopfdruck konnten hunderttausende Layoutvarianten produziert werden. Auch das Cover ist wirklich gelungen: Von einem stilisierten Menschen ausgehend wird mit immer weiter nach außen führenden Linien ein immer weniger menschliches Bild gezeichnet, bis schlussendlich nur noch ein abstraktes Muster übrig bleibt. Die dabei optisch entstehende Sogwirkung verstärkt den Effekt und die Symbolik noch weiter. 
Design spielt für die Ausstellung eine wichtige Rolle. Roboter kommen aus der Massenproduktion in Industriehallen heraus und bevölkern mehr und mehr den menschlichen Alltag. Damit diese akzeptiert werden, braucht es Design als Vermittler.

Die großen Kategorien “Science und Fiction”, “Programmiert auf Arbeit”, “Freund und Helfer” und “Eins werden” werden in 14 Fragen weiter präzisiert. Beispielsweise finden sich Fragen wie “Sind Sie schon einmal einem Roboter begegnet”, “Denken Sie, Ihr Job könnte von einem Roboter übernommen werden?”, “Hätten Sie gerne, dass ein Roboter sich um sie kümmert?” oder “Tritt der Roboter an die Spitze der Evolution?”. Pro Kapitel wird in die Thematik mit Texten und Gesprächsprotokollen eingeführt. Nachfolgend werden künstlerische Positionen auf ein bis zwei Seiten dargestellt.

Die Fragen sind nur vordergründig leicht zu beantworten. Sie zeigen uns mögliche zukünftige Denkrichtungen. Manche davon fühlen sich realer an als andere, manche besorgniserregend oder vielleicht sogar erschreckend. Ultimativ verbessern wir durch den immer weiter geführten Optimierungsdrang den Menschen durch das Einpflanzen von Chips oder Prothesen immer mehr. Diese erlauben uns Dinge, die sonst nicht möglich wären. Ab wann verschmilzt der Mensch mit der Maschine? Schon heute bewegen wir uns nicht nur in realer Architektur aus Stahl und Beton, sondern auch in einer unsichtbaren Kommunikations- und Datenarchitektur deren permanentes Zur-Verfügung-Stehen erwartet wird (Stichword WLAN-Zugriff). Aber was, wenn sich Systeme plötzlich gegen uns wenden, die gesammelten Daten erpresserisch nutzt?

Das Buch liefert durch die vielen unterschiedlichen Projekte ein sehr breites Spektrum von möglichen Ansichten und Gedankenspielen. Es ermöglicht durch viele Fussnoten und URLs zum Weiterlesen das Vertiefen in einzelne Themenkomplexe. Das Layout unterstützt flüssiges Lesen, aufeinander folgende Seiten mit viel Text sind jedoch immer wieder durch wechselnde Spaltenanzahlen unruhig zu Lesen. Viele Fotos illustrieren die Projekte anschaulich. Die aufgeworfenen Fragen führen dazu, dass das Buch dabei immer wieder weggelegt wird um sich den eigenen Gedanken hinzugeben. Beispielsweise die Fotos von Edward Burtynsky “Manufacturing #10AB, Cankun Factory, Xiamen City, China” wo man riesige Produktionshallen in China sieht, in denen hunderte Menschen maschinengleich in Arbeitskojen sitzen und gleichförmige Tätigkeiten durchführen. Neben dem konsumkritischen Aspekt zeigt die Arbeit auch, dass der Mensch - bevor er durch Maschinen ersetzt wird - zuvor selbst Teil einer solchen wird.

Spannend ist auch der Fragenkomplex rund um “Hätten Sie gern, dass sich ein Roboter um sie kümmert?”. Die vorgestellten Prototypen zeigen deutlich, dass ein Roboter nicht nur ein konstruiertes, menschenähnliches und herzloses Ding ist, sondern dass Roboter heute durch das Simulieren menschlicher Berührung Sicherheit und Geborgenheit vermitteln (können(?)).

“Hello, Robot” zeigt auf 328 Seiten die ungeheure Vielschichtigkeit des Themas und dessen Relevanz. Es werden viele offene ethische und soziale Fragen angesprochen. Die in die Ausstellung und den Katalog aufgenommenen Arbeiten zeigen mögliche Denkansätze und -richtungen. Die durchgängig gut fotografierten und illustrierten Inhalte regen zum Nachdenken an. Das Buch hat jedenfalls genug Stoff um es mehrfach zu lesen. Und nicht zuletzt bringt es auch gute alte Bekannte wie Mr. Gadget oder Mega Man wieder in Erinnerung.

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