Populismus für Anfänger


Anleitung zu Volksverführung
von Walter Ötsch, Nina Horaczek
Rezension von Manfred Weiss | 03. September 2017

Populismus für Anfänger

Auf dem Weg zur Macht sagen Politiker nicht immer nur die Wahrheit. Populismus, oder im alten Begriff Demagogie, verwendet dabei Werkzeuge, die Sachthemen oft überlagern. Sie besser zu verstehen und einfacher zu durchschauen ist ein zentraler Fokus von “Populismus für Anfänger - Anleitung zu Volksverführung”.

Walter Ötsch und Nina Horaczek beschreiben in dem Buch den modernen Populisten und versuchen seine Strategien verständlicher und durchschaubarer zu machen. Konkretes Thema des Buches ist dabei der Rechtspopulismus. Die hier zitierten Akteure reichen dabei vom Schweizer Christoph Blocher bis zum Niederländer Geert Wilders. Aber auch Donald Trump, Viktor Orban, Norbert Hofer oder Frauke Petry dienen als Beispiele und Inputgeber. In Summe werden 70 verschiedene Verhaltensmuster identifiziert, die im Arsenal eines erfolgreichen (Rechts-)Populisten nicht fehlen dürfen. Diese Muster reichen dabei von “Reduzieren sie alles auf Ihre Kernbotschaft” bis zu “Verbreiten Sie den Mythos von der guten alten Zeit”. 

In 70 Schritten zum Musterpopulisten

Populismus ist ein althergebrachtes Phänomen und keine Mode unserer Zeit. Wenn die gewählten Beispiele sich rein auf Rechtspopulisten von heute beziehen, so vermutlich vor allem, da die Fülle des Materials allein hier schon überbordend ist. Trotz der Einschränkung scheint dann die Liste der 70 ausgewählten Verhaltensmuster, vor allem, wenn man sie komprimiert liest (am Ende des Buches findet sich eine Auflistung der 70 identifizierten Muster) bereits wieder sehr komplex. Wobei aber alle Verhaltensmuster detailreich und mit vielen konkreten Beispielen sowie Zitaten der eingangs erwähnten Akteure geschildert werden.
Das Buch als Anleitung für erfolgreich umgesetzten Populismus aufzubauen und die Verhaltensweisen der Demagogen dadurch transparent zu machen, dass man ihr Tun an den postulierten Mustern messen kann, ist jedenfalls ein spannender Ansatz, der die Beschäftigung mit dem Thema erleichtert.

Populismus und Politik: untrennbar?

Wobei ein zweihundert Seiten starkes Buch über Populismus vermutlich schon eine Antithese in sich ist. Populismus scheint viel einfacher gestrickt. Das ist letztlich auch der Eindruck, den man aus dem Lesen des Buches mitnimmt. Vermutlich lassen sich Wesen und Inhalt der Vorgehensweise von Populisten und Populistinnen auf der ganzen Welt viel komprimierter darstellen. Trotzdem ist das Buch gerade jetzt während der Wahlwerbephase zu den Nationalratswahlen im Herbst ein spannender Ratgeber um Slogans, Argumentationslinien oder die Themenwahl für Diskussionen oder Reden besser zu verstehen. Dazu braucht man nur die verschiedenen Aussagen von Politikern und Politikerinnen in den Medien mit den beschriebenen Mustern zu vergleichen. Nahezu alle passen in der einen oder anderen Form irgendwie in die 70 vorgestellten Verhaltensmuster. Irritierender Weise trifft das allerdings mehr und mehr auf Wahlwerbende aller Parteien zu. Womit die Frage offen bleibt, ob ein nicht unbeträchtliches Maß an Populismus Wahlen oder Politik nicht ohnedies einfach inhärent ist.

“Populismus für Anfänger” ist ein umfassendes Kompendium über Verhaltens- und Themenmuster von Rechtspopulisten. Das Buch nennt zwar am Anfang seine Akteure und zitiert sie in den diversen Beispielen. Beim Lesen wird einem aber klar, dass Populismus und Demagogie heute schon weiter verbreitet sind, als vielen lieb sein mag und lange schon nicht mehr beim hier zentral betrachteten Rechtspopulismus enden. Insofern ist das Buch lesenswert für alle politisch oder gesellschaftlich interessierten Menschen. Es fügt dem was real passiert nichts hinzu, sondern liefert einen Hintergrund um die politische Sprache oder das politische Handeln besser zu verstehen.

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