Hilfe, was darf ich noch essen?

von Anne-Marie Butzek
Rezension von Janett Cernohuby | 07. September 2014

Hilfe, was darf ich noch essen?

Wohin man sieht, überall sprießen Angebote für vegane Lebensmittel wie Pilze aus dem Boden. War anfangs das Regal im lokalen Supermarkt noch recht klein - eigentlich nur ein Fach - gibt es jetzt schon eigene Abteilungen für diese Speisen. Doch auch auf dem Buchmarkt werden wir von einer Welle veganer Kochbücher überflutet, die uns zeigen, wie einfach es ist, ohne tierische Produkte zu kochen. Darf man da eigentlich noch guten Gewissens zu Fleisch, Milch oder Eiern greifen? Ist das nur ein aktueller Modetrend oder ist vegane Kost die Küche der Zukunft? "Hilfe, was darf ich noch essen?" wird sich so mancher fragen - und nicht nur Anne-Marie Butzek in ihrem gleichnamigen Ernährungsberater.

In der Tat erlebt der vegane Trend gerade einen regelrechten Boom. Nicht nur weil normale Supermärkte immer mehr Produkte ohne tierische Bestandteile anbieten, sondern weil man mittlerweile überall Werbeflyer für diese Lebensphilosophie sieht, mit Literatur dazu überhäuft wird und auch immer mehr Geschäfte eröffnen, die sich ganz auf die vegane Linie eingestellt haben. Und irgendwie haben sie ja gar nicht so Unrecht, die Veganer. Hinterfragt man einmal die Tierhaltung - beziehungsweise die Massentierhaltung -, wird man schon bald feststellen, dass das liebe Vieh nicht nur artungerecht, sondern absolut unwürdig gehalten wird. Immer wieder finden wir in Medien Berichte, heimlich aufgenommene Bilder und Filme über die Zustände in deutschen Mastbetrieben.
Konstruiert? Ausnahmen? Nein, leider nicht. Dann kaufe ich eben Bio? Haha, nur wenig unterscheidet einen Bio-Bauern von einem Nicht-Bio-Bauern. Also wird man am besten Vegetarier. Doch halt, Vegetarier sind ja auch nicht besser als Fleischfresser, schließlich konsumieren ja mit Eiern und Milch trotzdem tierische Produkte.
Also bleibt, will man die Welt, die Tiere und die hungernden Menschen retten, doch nur die vegane Lebensweise als Alternative! Oder? Wer diese Frage einmal kritisch betrachtet, wird hier schon bald Bedenken haben. Nur um ein paar Stichworte zu nennen: Ackerflächen, Schädlingsbekämpfung, Düngung, Monokulturen, Verteilung der Nahrung unter armen und reichen Bevölkerungsschichten, Marktpreise.
Ist Veganismus das Modell der Zukunft, schließlich verspricht er neben dem Tierschutz auch den Welthunger beseitigen zu können. Oder doch die bewusste Ernährung mit tierischen Produkten? Ach ja, da wäre ja noch die grausame Massentierhaltung, die beim Bio-Bauern nur minimal besser ist.
Man hat es nicht leicht, wenn es darum geht, sich verantwortungsvoll zu ernähren. Guter Rat ist teuer - die Antworten darauf oft sehr unterschiedlich, sehr einseitig, sehr gekauft.

Eine eindeutig Antwort auf diese Frage, was man überhaupt noch essen darf, gibt die Autorin nicht, aber sie gibt sehr viele Denkanstöße. Und noch wichtiger: Sie zeigt, dass Veganismus nicht die Zukunft ist. Ohne zu weit ins Detail zu gehen (dafür sollte man unbedingt das Buch lesen), seien hier ein paar Schlagworte gegeben: Ackerbau, Monokulturen, Transportwege, gewinnorientierte Unternehmen.
Doch was tun, wenn man auf der anderen Seite die Massentierhaltung nicht unterstützen will? Wenn man sich beim Verzehr des Sonntagsbratens schlecht fühlt, weil einem die Bilder über das, was sich während Transporten, in Schlachtbetrieben oder sogar schon zuvor auf Bauernhöfen zugetragen hat, nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Ganz klar, ein Umdenken, ein neues Handeln muss her. Das erreichen wir aber nicht nur dadurch, dass wir der Ernährung mit tierischen Produkten entsagen. Hierzu gehört zuerst einmal der bewusstere Umgang mit Lebensmitteln. Das fängt beim Kauf im Supermarkt an. Warum nur muss es das Billigste vom Billigen sein? Warum geizen wir so sehr, wenn es darum geht, für qualitativ hochwertigere Speisen 2 Cent mehr auszugeben? Und dann wundern wir uns, dass auch die Bauern sparen, wo sie nur können? Beim Platz, bei den Ställen, beim Heu, bei der Frischluft?
Der nächste Punkt, den wir überdenken sollten, sind die Massen. Die Massen an Lebensmitteln, die jährlich auf den Müll wandern. Muss das wirklich sein? Kann man nicht Lebensmittel einen Tag später verzehren, als es ein maschinell aufgedrucktes Datum vorschreibt (unter der Voraussetzung, sie sind noch nicht verdorben)?
Und natürlich, muss wirklich jeden Tag Fleisch auf dem Speiseplan stehen? Geht es denn wirklich nicht auch einmal ohne?
Neben diesen einfachen Themen zeigt uns Anne-Marie Butzek auch, warum der Veganismus so auf dem Vormarsch ist. Sie spricht von dem Dilemma, in dem wir uns befinden. Und sie erklärt, warum wir dennoch ruhigen Gewissens Fleischesser, Vegetarier oder Veganer sein können. Denn um sich ohne Schuldgefühle zu ernähren, sollten wir wissen, wie unsere Lebensmittel produziert werden. Das schildert die Autorin sehr ausführlich und anschaulich, greift dabei auf Statistiken zurück, zeigt Fakten und macht damit deutlich, wie unsere Entscheidung für einen dieser Speisepläne durch Werbung und Wirtschaft beeinflusst werden. Am Ende muss ein jeder die Frage für sich selbst beantworten, ob er nun normale, fleischarme oder gar fleischlose Ernährung anstrebt. Doch dank diesem Buch kann man es mit ruhigem Gewissen tun.

Somit räumt Anne-Marie Butzek mit Vorurteilen und Schlagworten zu Themen der Ernährung auf, hilft uns mit gutem Gewissen uns für ein "Glaubensrichtung" zu entschieden - denn das ist es, wozu unsere Ernährungsform scheinbar immer mehr mutiert. "Hilfe, was darf ich noch essen?" ist ein Buch, welches vonnöten war, um bei manchem bereits entstandene Gewissensfragen zu beantworten und uns wieder etwas entspannter mit dem Thema umgehen lassen zu können.

Details

  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    09/2014
  • Umfang:
    200 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783864890741
  • Preis (D):
    14,99 €

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