Handbuch der österreichischen Schimpfwörter


Verschärfte Ausgabe
von Peter Ahorner
Rezension von Sandra Kolbinger | 14. Mai 2018

Handbuch der österreichischen Schimpfwörter

Der Lexika stehen in verstaubten Bücherregalen viele. Die einen informieren über die Länder dieser Welt, die anderen über die deutsche Sprache oder fassen alle Pilzarten Europas zusammen. In selbiger Tradition steht zwar auch Peter Ahorners Werk, allerdings macht sich das „Handbuch der österreichischen Schimpfwörter“ doch etwas anders aus. Auch dieser Titel will Wissen versammeln, doch wohl eher aus einem humoristischen Anlass, denn aus einen, der die Welt erklären möchte. Vermutet man zumindest wohlwollend.

Das kleine rot-weiß-rote Hardcoverbüchlein ist handlich im Format und besticht durch eine klare Kommunikation. Es geht um Österreich – die Fahnenflaggen verraten es auch einem schnellen, unschuldigen Blick. Die Kuh darauf lässt auf Volksnähe schließen und dann ist da noch der alles erklärende Titel: Schimpfwörter. Aus Österreich. Der erste Eindruck ist Programm. Von A bis Z finden sich die schönsten österreichischen Kuriositäten im gepflogenen Austausch von Widerlichkeiten. Ein vergleichsweise harmloses „Aasgeier“ eröffnet diesen Reigen und wetteifert mit so manch derberen Ausdruck, der einen die Schamesröte ins Gesicht jagt und ein Schmunzeln auf die Lippen. „Hochgschissener“, „Zammdruckta“, „Watschngsicht“ und was sich auf 120 Seiten sonst so ausgeht, das hat Ahorner alles zusammengetragen. Eine Einleitung rückt die Thematik ins richtige Licht und so liest es sich mit Humor – denn so ist es gedacht und keineswegs als Nachschlagewerk, wie man seinen Nachbarn kreativ sprachlich ohrfeigen kann. Es bleibt nicht bei einer bloßen Nennung, die jeweiligen Begriffe werden zudem vielfältig erklärt und gegebenenfalls mit Beispielen versehen. Auch im Inneren findet sich das rot-weiß-rot wieder – und auch die Kuh! Sie hüpft über die nicht vorhandene Alm im rechten unterem Eck. Daumenkino vom Feinsten also und somit werden alle spielerischen Sinne angesprochen, die sich mit einem Buch bedienen lassen. Außer Ausmalen vielleicht …

Wer diese Beschreibung hört, denkt vielleicht ein zottiges Thema bekam einen ebensolchen Anstrich, aber das trifft nur zum Teil. Es werden Schimpfwörter behandelt, natürlich, aber keineswegs auf durchgehend niveaulose Weise. Stattdessen wurde sich darum bemüht, den in der linken Spalte stehenden Kraftwörtern rechtsstehend anständige und sinnige Erklärungen beizulegen. Man nehme das Beispiel „Eintunkter“. Es werden zwei fachkundige Verwendungsmöglichkeiten erläutert – jene, die für einen für blöd verkauften Menschen herangezogen wird, und jene, welche einen vom Alkohol Willfährigen bezeichnet. Gerade in dieser Diskrepanz liegt selbstredend eine weitere Quelle für den Humor, der sich bei der Lektüre breit macht. Besonders empfehlenswert zur vollen Entfaltung der Belustigung sei eine Lektüre in der Öffentlichkeit genannt. Ähnlich wie Schwarzfahren – der Adrenalinpegel steigt, nur ohne dem Risiko des Kontrolleurs. Es macht sich allerdings auch eine Schwachstelle bemerkbar. Der deutsche Verlag Ueberreuter lies dem Titel ein „österreichisch“ hinzufügen, richtiger wäre allerdings ein „wienerisch“ oder doch wenigstens „ostösterreichisch“. Man vernimmt eine doch recht deutliche Tendenz hin zur Hauptstadt, die eben noch lange nicht alle Qualitäten der österreichischen Schimpfkultur – eine sehr ausgeprägte, wie ersichtlich wird – transportiert. Und da wäre man auch schon bei der zweiten Schwachstelle: wer kein Ortskundiger ist oder mit Dialekten wenig am Hut hat, der würde sich über eine beigefügte Lautschrift freuen. So käme der zur Schau gestellte wissenschaftliche Anspruch und die damit verbundene Erhöhung des komischen Effekts sogar noch besser zum Tragen.

Peter Ahorner setzte sich mit „Handbuch der österreichischen Schimpfwörter“ ein ambitioniertes Ziel und konnte es erreichen. Die Schimpfwörter der österreichischen Nation sind jetzt zusammengetragen und perfekt für den Genuss zwischendurch aufbereitet. Das ideale Geschenk für alle Deutschen, die Österreich lustig finden, und für alle Österreicher, die aktive Kulturbewahrung betreiben wollen. Und natürlich auch für sonst jeden, der mit dem Wienerischen in Kontakt treten möchte. Nur Obacht: lieber leise lesen und mit Bedacht anwenden.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Genre:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2018
  • Umfang:
    120 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783800076932
  • Preis (D):
    14,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Anspruch:
  • Humor:

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