Frauen fotografieren


Der Shooting-Ratgeber für Posing, Licht und Aufnahmetechnik
von Jeff Rojas
Rezension von Michael Seirer | 18. Mai 2017

Frauen fotografieren

Nach seinem erfolgreichen Buch “Männer fotografieren” hat der New Yorker Modefotograf Jeff Rojas konsequenterweise den logischen Nachfolger veröffentlicht: “Frauen fotografieren”. Worauf ist nun zu achten, wenn man Frauen vor der Kamera hat? Insbesondere, wenn es nicht Posing-erprobte Modelle mit Traummaßen sind? Das Buch behandelt dabei Themen wie Kommunikation mit dem Modell, gelungene Posen und Lichtsetups, aber auch den richtigen Umgang mit den unterschiedlichen Körper- und Gesichtsformen. 

Im ersten Teil des Buches behandelt Rojas die verschiedenen Körpermerkmale, wie man diese erkennt und welche Eigenheiten diese auszeichnen. Dabei geht er auf unterschiedliche Gesichtsformen und Figurtypen ein. Mit Hilfe von (digitalem) Contouring, einer Technik, die er von seiner Makeup-Artistin gelernt hat, entschärft oder betont er einzelne Aspekte der Formen und Typen. Beispielfotos machen die Unterschiede klar - die empfohlenen Bereiche für Contouring sind grün markiert. Zusätzlich gibt es Tipps, wie man durch geschickte Wahl des Objektivs unerwünschte Eigenschaften zurücktreten lassen kann (beispielsweise eine hohe Stirn). Ein kurzer Einschub über das Abwedeln und Nachbelichten in Photoshop zeigt, wie Contouring in der Praxis aussehen kann. Nach dem Gesicht widmet sich der Autor dem ganzen Körper, beschreibt unterschiedliche Typen, wie zum Beispiel den Apfel- oder Birnen-Typ, und gibt entsprechende Posingtipps. Am Ende des ersten Teils finden sich noch eine kurze Abhandlung über Farbmanagement (im Kontext der korrekten farblichen Darstellung der Haut) und Schritt-für-Schritt Anleitungen für unterschiedliche Aspekte der Hautretusche inklusive Frequenztrennung oder der Vermeidung von Spiegelungen bei Personen mit Brillen.

Ein wichtiger Aspekt bei Fotoshootings ist, dass man sich als Fotograf oder Fotografin in die Person vor der Kamera hineinversetzt und erkennen kann, wie diese sich gerade fühlt. Dabei hilft es ein gutes Verständnis von Körpersprache zu haben. Im zweiten Teil, “Posing und Styling” wird daher zu Beginn darauf eingegangen und typische Haltungen erklärt (zum Beispiel Hände in den Taschen, Arme verschränkt etc.). Beim ersten Treffen mit einem unbekannten Menschen entscheiden wir in Sekundenbruchteilen, ob uns diese Person sympathisch ist oder nicht. Daher ist es besonders für Fotos wichtig, unerwünschte Reaktionen zu vermeiden. Es folgen Kapitel über stehende, sitzende und liegende Posen - immer illustriert durch ein Beispielfoto und ein paar Sätze als Erklärung. Das Kapitel “Styling” befasst sich hauptsächlich mit der Auswahl der richtigen BHs für Boudoirfotografie und einem Sammelsurium von Hinweisen zu fotofreundlichem Makeup und Haaren.

Im dritten Teil liegt der Fokus dann auf der Lichtsetzung. Nach einer kurzen Abhandlung über die Eigenschaften von Licht und erhältliche Modifier, wie Beauty Dishes oder Barndoors, werden für die Bereiche Portraifotografie, Werbefotografie und Modefotografie einige Lichtsetups mit Beispielfotos und Lichtsetzungs-Diagrammen beschrieben.

“Frauen fotografieren” wird vom Verlag als für “fortgeschrittene Fotografen” eingestuft. Diese Einschätzung kann man nur teilweise nachvollziehen. Welches Objektiv für Portraits gut geeignet ist, ist für auch für einen Fotografen mit wenig Erfahrung kein fortgeschrittenes Wissen. Dafür werden Begriffe wie “Licht featheren” oder “ein Flag setzen” ganz ohne Erklärung verwendet.

Inhaltlich wechselt der Autor innerhalb eines Kapitels oft zwischen unterschiedlichen Themen, zum Beispiel sind Posingtipps im Kapitel Figurtypen beschrieben - wo das Buch doch später einen eigenen Teil für Posing bereitstellt. Verwirrend wirkt auch die Behandlung von Farbmanagement im Kapitel “Persönliche Problemzonen”. Hilfreiche Hinweise zur Kommunikation mit dem Modell, vom Autor selbst als wichtig dargestellt, finden sich spärlich. Hier würde man sich mehr Tiefgang wünschen.

Immer wieder merkt man auch, dass das Buch ursprünglich in englischer Sprache veröffentlicht wurde und ins Deutsche übersetzt wurde. Viele Sätze wurden zu eng am Original übersetzt und der lockere, wahrscheinlich sogar witzige Stil der englischen Version funktioniert in deutscher Sprache leider so nicht wirklich. Dazu kommt, dass einige Sätze beziehungsweise Satzteile immer und immer wieder verwendet werden - das ist auf Dauer ermüdend zu lesen.

Die verwendeten Bilder im Buch sind klar erkennbar aus zwei Kategorien: einerseits Abbildungen aus dem Portfolio des Autors und andererseits Fotos, die für das Buch entstanden sind. Erstere sind qualitativ sehr gut, letztere wirken lieblos und sind manchmal auch nicht wirklich hilfreich beim Verständnis des dazugehörigen Textes.

Jeff Rojas hat mit “Frauen fotografieren” einen Shooting-Ratgeber mit guten Inhalten zu den Themen Körpermerkmale, Posing und Beleuchtung geschrieben. Die verwirrende Anordnung der einzelnen Abschnitte, die zu direkte englische Übersetzung und die teilweise zu oberflächliche Behandlung wichtiger Themen wie Kommunikation mit dem Modell trüben jedoch das Lesevergnügen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Genre:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2017
  • Umfang:
    223 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783864904363
  • Preis (D):
    29,90 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Anspruch: