Marco Polo - Bis ans Ende der Welt

von Oliver Plaschka
Rezension von Stefan Cernohuby | 25. Januar 2017

Marco Polo - Bis ans Ende der Welt

Zu Reisen ist für uns heutzutage etwas Selbstverständliches. Eine Reise um die Welt ist zwar mit etwas Aufwand verbunden, aber dennoch keine allzu große Sache mehr. Zu einer Zeit in der weder von Flugzeugen, noch Automobilen oder Eisenbahnen die Rede sein konnte, war eine Reise jedoch eine völlig andere Unternehmung. So etwas wie der Prototyp aller Weltreisen war der Venezianer Marco Polo. Seine oft erzählte Geschichte wurde nun vom deutschen Autor Oliver Plaschka aufgegriffen und neu erzählt.

Als der junge Marco nach dem Tod seiner Mutter allein bei seinem Onkel heranwächst, versucht er, seinen Platz im Leben zu finden. Die Geschäfte der Familie liegen ihm nicht sehr. Mit Fünfzehn verliebt er sich und macht einer jungen Dame den Hof, als plötzlich völlig unerwartet sein Vater Nicolò und sein anderer Onkel Maffeo wieder in Venedig auftauchen. Sie sprechen von einer Reise, welche die beiden Juwelenhändler bis in die Mongolei und das ferne Reich des Kublai Khan geführt hat. Marco spürt, dass es nicht dabei bleiben soll. Und tatsächlich planen die beiden eine weitere Expedition ins Reich des Khans. Der große Plan lautet, eine Allianz zwischen dem Papst und dem Herrscher des gewaltigen Reichs zu schmieden. Doch schon die Reise dauert beinahe vier Jahre. Dabei kommen ihnen leider die mitreisenden Priester abhanden und nur wenige Geschenke für den Khan erreichen diesen auch wirklich. Aus der gewünschten Allianz wird es nichts und die Brüder Polo und ihr Sohn bekommen eigene Aufgaben. Sie werden zu Beratern des Khans, helfen diesem bei der Kriegsführung, bei diplomatischen Angelegenheiten und nicht zuletzt bei der Bewirtschaftung einiger Reichsteile. Doch Marco Polo hat nicht nur ein Auge auf einen der größten Schätze im Reich geworfen, er wird auch wider Willen in Intrigen verstrickt. Erst beinahe zwanzig Jahre nach der Abreise erreicht er wieder Venedig und nach einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Venedig und Genua steckt er Jahrelang im Gefängnis. Dort erzählt er Rustichello da Pisa, einem Schriftsteller, seine Geschichte. Doch wie wahr die Erzählung tatsächlich ist, das weiß keiner, vermutlich nicht einmal Marco Polo.

Immer noch gibt es historische Auseinandersetzungen über die tatsächlichen Reisen des Marco Polo. Der überwiegende Tenor lautet, dass seine Reise in der Tat stattgefunden hat, auch wenn einige der überlieferten Episoden ein wenig überzeichnet wirken. Oliver Plaschka hat nun die schwere Aufgabe übernommen in die Fußstapfen vieler zu treten, welche den Stoff bereits auf die eine oder andere Weise umgesetzt haben. Egal ob Film, Fernsehserie oder Romane – der Autor hatte mit Sicherheit inspirierende Vorbilder und ihr Gegenteil. Der Marco Polo seines Romans ist ein unvoreingenommener junger Mann, der den Khan der Mongolen überraschender Weise fasziniert. Er begegnet allem Neuen offen, ohne Vorurteile und akzeptiert dabei sowohl fremde Bräuche als auch Begebenheiten, die jeder Moral widersprechen, die er je gelernt hat. Das ist der Punkt, der vielleicht etwas fragwürdig ist, allerdings erzählt Polo ja seine Geschichte auch an Rustichello so, wie er es für richtig hält. Insofern könnte eine gewisse positive Färbung tatsächlich möglich gewesen sein. Fakt ist, Oliver Plaschka hat in sicherlich langer Arbeit und mit viel Recherche einen herausragenden historischen Roman geschaffen, der auf so viel Fakten basiert, wie er benötigt. Das Werk, das über 800 Seiten lang ist, wirkt mitunter wie eine Hommage an frühere historische Romane, die nicht allein der Unterhaltung verpflichtet waren. Und das tut dem Roman gut.

„Marco Polo – Bis ans Ende der Welt“ ist ein Roman, der sich nicht nur mit der Wahrheit hinter der Geschichte des berühmten Venezianers beschäftigt. Er erzählt von Abenteuern, großer Liebe, Verrat und Weltreisenden, lange bevor das Wort überhaupt erfunden wurde. Es besteht aus bewiesenen Fakten, Mutmaßungen und Interpretationen, um ein möglichst stimmiges Bild zu ergeben. Entstanden ist ein Roman, wie man ihn zu diesem Thema schon lange nicht mehr gesehen hat. Für Liebhaber von historischen Romanen ist das Werk ein absoluter Pflichtkauf.

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