Dunkle Gefährten

von Nadine Muriel
Rezension von Stefan Cernohuby | 09. April 2016

Dunkle Gefährten

Literatur kann man nicht immer direkt einem Genre zuordnen. Denn die meisten Hauptgenres besitzen Subgenres, in denen es zu unterschiedlichen Ausprägungen kommt, besonders im Bereich der Horrorliteratur. Als „Unheimliche Geschichten“ wird eine Zusammenstellung von Kurzgeschichten und Novellen der Autorin Nadine Muriel bezeichnet, welche den Titel „Dunkle Gefährten“ trägt. Wir wollten uns näher ansehen, ob man mit diesen Gefährten bedenkenlos auf Reisen gehen kann...

Für manche Menschen gibt es nichts Wichtigeres als Freundschaft. Und gerade in der Blüte der eigenen Jugend wünscht man sich oft, dass jene in dieser Zeit geknüpften Freundschaftsbande ewig währen – allerdings macht man sich selten Gedanken darüber, was die Konsequenzen dafür wären. Davon erzählt die erste Geschichte „Der Freundschaftsbund“.
Dass der Mond eine starke Anziehungskraft auf Erde und Menschen ausübt. ist bekannt. Und doch wird in „Die azurnen Wälder“ eine neue Dimension seines Einflusses vorgestellt.
„Der Kühlschrank“ ist eine Geschichte, die wenige Leser kalt lässt. Wer hatte noch nicht das Gefühl, dass der eigene Kühlschrank manchmal seltsame Geräusche von sich gibt? Hier findet man die Gründe dafür.
„Am Pucksee“ ist eine Geschichte, in der ein heranwachsendes Mädchen, das sich von seinen Freunden zurückgezogen hat, eine seltsame Bekanntschaft an einem sagenumwobenen See macht. Denn bei dem jungen Mann kann es sich ihrer Meinung nach nur um einen Geist handeln.
„Senta“ erzählt von Verlust, von mysteriösen Ereignissen und der Wiederkehr eines geliebten Menschen – aber hat nicht jede Wiederkehr von den Toten ihren Preis?
„Die Gefährtin“ ist eine Novelle, die von Ereignissen auf einem Todesacker berichtet, die insgesamt zwei Personen beinahe in den Wahnsinn treibt – ohne, dass die beiden voneinander wissen.
Wer Stechmücken schon immer eine höllische Natur zugestehen wollte, kann sich davon in „Die Stechmücke“ überzeugen. Oder Fliegengitter in die Fenster einbauen.
Die zweite Novelle „Desert Miracle“ ist laut eigenen Angaben durch einen Australien-Aufenthalt der Autorin inspiriert worden. Sie erzählt von einem eher neuen Aberglauben, der Touristen betrifft. Und wie viele von ihnen wurden bereits in Versuchung geführt?
„Florianas Vernissage“ schließt den Band ab. Hier trifft eine junge Goldschmiedin und Galeristin bei einer einzigartigen Vernissage auf Personen, die sie nie wieder vergessen kann. Darunter die extrovertierte Malerin Floriana und deren Geliebten Hein.

Horror- oder Gruselliteratur kann mehrere verschiedene Ausprägungen annehmen, wie schon zu Beginn angedeutet. Den einfachsten Vertreter des Genres, die mit Schreckerlebnissen arbeiten, kommen in diesem Band nicht vor. Und auch wenn es den einen oder anderen Moment gibt, in dem sich der Leser ein wenig ekelt, sind auch dies nicht die Schwerpunkte der Geschichten. Es ist eher der kontinuierliche Aufbau grusliger und geheimnisvoller Szenarien, der langsame Anstieg des unnatürlichen Gefühls, der die Handlung der verschiedenen Geschichten kennzeichnet. Teils in historischen, teils in gegenwärtigen Gefilden angesiedelt, gibt es mehrere Geschichten, die wirklich hervorragend gelungen sind. Dazu kann man mit Sicherheit „Der Freundschaftsbund“ und auch „Desert Miracle“ zählen. Expliziter Horror oder Gewalt werden kaum dargestellt, es wird auch nur sehr wenig Blut getrunken – obwohl der Geschmack der Angst der Stechmücke sicherlich gemundet hat. Den einzigen Vorwurf, den man der Autorin machen kann ist, dass sie bei manchen Geschichten ein wenig den richtigen Moment zum finalen Absprung verpasst hat. Man denkt sich als Leser, dass jetzt eigentlich der perfekte Moment für das Ende wäre – und dann geht die Geschichte doch noch weiter. Manchmal ist ein bisschen Weniger fast mehr. Trotzdem handelt es sich um eine Sammlung sehr guter Horrorgeschichten, bei denen dem Verfasser dieser Kritik der eine oder andere Schauer über den Rücken gelaufen ist. Wer Grusel und Horror mag, ist hier sicher an der richtigen Adresse.

„Dunkle Gefährten“ ist eine Kurzgeschichtensammlung von Nadine Muriel, die dem Horrorgenre mit weniger expliziten Darstellungen zuzuordnen ist. Auch wenn es eine oder zwei Geschichten mit ein wenig Überlänge geben mag, erhält der Leser zahlreiche Kurzgeschichten und zwei Novellen, die allesamt die richtige Stimmung verbreiten. Da der Band darüber hinaus nicht einmal 7 Euro kostet, sollten Liebhaber einer gepflegten Gruselei zugreifen.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:

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