Die Flamme erlischt

von George R. R. Martin
Rezension von Stefan Cernohuby | 02. April 2016

Die Flamme erlischt

Der erste Roman jedes Autors ist nicht nur für ihn etwas ganz Besonderes, sondern auch für seine späteren Fans, die sich irgendwann unvermeidlich an die Grundlagenforschung machen. Im Fall von George R. R. Martin, vielen hauptsächlich für seine Reihe „Das Lied von Eis und Feuer“ und die zugehörige Verfilmung bekannt, hat ursprünglich in völlig anderen Genres geschrieben. So war sein erster Roman, wie auch etliche der darauffolgenden Werke, der Science-Fiction zuzuordnen. Wir haben uns sein Erstlingswerk „Die Flamme erlischt“ im vollen Bewusstsein seiner Ausrichtung angesehen.

Ein einsamer Planet zieht seit ewigen Zeiten durchs All, ohne jemals einem Sternensystem anzugehören. Doch als Worlon ein System mit sieben Sternen durchquert, wird er entdeckt und für die Zeit, in der er unterwegs ist, urbar gemacht und für ein zehnjähriges Festival vorbereitet. Ein Festival, das längst vorbei ist, als die eigentlichen Ereignisse des Buchs beginnen.
Dirk t´Larien, von Avalon stammend, erreicht völlig unerwartet eine besondere Botschaft seiner früheren Geliebten Gwen. Das Flüsterjuwel, das von längst vergangener Lieber berichtet, kann nur ein Hilferuf sein. Er kommt ihm nach und reist nach Worlon, auf der die Ökologin Gwen gemeinsam mit einem Kollegen arbeitet. Doch noch weit mehr ist passiert, so ist sie mit dem Hoch Kavalaan stammenden Jaantony Riv Wolf hoch-Eisenjade Vikary – kurz Jaan Vikary – einen Bund eingegangen, den man wie eine Ehe verstehen könnte. Doch das Gesellschaftssystem von Jaans Volk kennt Liebe nur als erwünschtes Nebenprodukt, worum es allen angehörigen desselben geht, ist deren für Außenstehende kaum verständliche Ehrenkodex. Dirk glaubt, Gwen habe ihm den Hilferuf geschickt, damit er sie von der Welt rettet. Auf der Suche nach einem Ausweg, immer beobachtet von Jaans engstem Gefährten und teyn Garse Janacek. Dabei provoziert er eine Situation, in der ein Duell mit einer anderen Fraktion unvermeidlich scheint. Doch von Gwens Kollege Ruark darin bestätigt, fliehen Dirk und Gwen. Sie lösen dadurch Ereignisse auf einem sterbenden Planeten aus, deren Folgen sie niemals vorhersehen hätten können.

Schon allein die Grundlagen der Szenerie sind wohlüberlegt und einzigartig. Die Theorie des „einsamen Wolfs“, also eines Planeten, der ohne jegliche Bindung an ein Sternensystem quer durch die Galaxis streunt, wurde zwar in der Wissenschaft behandelt, aber noch niemals so in eine Romanhandlung eingebunden wie hier. Das im Original „Dying of the Light“ genannte Werk ist somit auf einem unvermeidlich sterbenden Planeten angesiedelt, dessen Vegetation und Städte eine kurze Blüte erlebt haben. Der Protagonist wird auf diesem Himmelskörper mit einer Gesellschaft konfrontiert, die in ihren Ansichten ebenfalls im Niedergang begriffen ist – auch wenn sich die meisten ihrer Angehörigen das niemals eingestehen würden. Dennoch übt diese Gesellschaft trotzdem einen großen Reiz auf Dirk aus, genau wie auf den Leser, der sich an vielen Stellen sicher noch eine genauere Behandlung der Materie gewünscht hätte. Doch dafür geht es dann schon zu schnell zur Sache – die Ereignisse überschlagen sich und es bleibt wenig Zeit um akademische Studien zu betreiben. Fakt ist, dass der Roman sich sehr eingehend mit verschiedenen Weltanschauungen beschäftigt, die aufeinandertreffen – und dazu gehören sehr radikale Wendungen. Jeder Liebhaber klassischer Science-Fiction wird an dem Werk, das noch aus dem Jahr 1978 stammt, sicher große Freude haben.

„Die Flamme erlischt“ war das Romandebüt von George R. R. Martin und stellt einen beeindruckenden Science-Fiction-Roman der alten Schule vor, der in einem ebenso eindrucksvollen Szenario angesiedelt ist. Das Werk kann mit einer sterbenden Welt, komplett unterschiedlichen Weltanschauungen und einer großen Menge Drama aufwarten. Nicht nur Fans von George R. R. Martin können hier zugreifen, alle Fans guter Science-Fiction sollten es ebenso tun.

Details

Bewertung

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