SILICIUM

von Erdenstern
Rezension von Stefan Cernohuby | 25. Oktober 2017

SILICIUM

Die Zukunft kann nicht immer nur hoffnungsvoll und voller Zuversicht betrachtet werden. Das merkt man schon daran, wie sich die Gegenwart entwickelt. Der Mensch glaubt, seine eigene Zukunft zu entwickeln, doch vielleicht erkennt er nur nicht, dass seine eigene Schöpfung sich irgendwann gegen ihn richtet? Erdenstern haben mit ihrem neuen Album „SILICIUM“ ein musikalisches Konzept entworfen, dass sich düsteren Zukunftsaussichten annimmt.

Um die Zukunft soll es gehen, insofern ist der erste Titel des Albums mit „The Future“ auch gleich ein Wegweiser. Er erinnert zu Beginn ein wenig an die Soundunterlegung klassischer Computerspiele wie der „Wing Commander“-Reihe, dann mischen sich E-Gitarren unter die Streicher. Man erahnt, dass mehr hinter allem steckt...
Hämmern, kalte und synthetische Geräusche lauern auch hinter dem Klangteppich von „Megalopolis“, genauso wie düstere, verzerrte Akkorde.
Genug von der Umgebung, mit „The Runners Awake“ geht es ganz offensichtlich ins tägliche Leben in der Zukunft. Geradezu optimistisch und selbstbewusst wirkt das Lied, in das sich die Hintergrundgeräusche nahtlos einfügen.
„Welcome To The Club“, erstmals mit Worten im Hintergrund, spiegelt eine halb-synthetische Welt wieder, in der Computerstimmen dominieren und eher beklemmende Stimmung erzeugen.
„Born Into This World“ beginnt wie ein Kinderlied auf dem Klavier, wird dann etwas getragener bis sich am Ende düstere Stimmungen wie Choräle ins Lied mischen.
Das der Mensch nicht mehr Herr der Lage ist, lässt sich in „Uprising“ erfühlen, das fast die Stimmung eines klassischen musikalischen Duells zwischen einer Mundharmonika und einer E-Gitarre widerspiegelt.
„The Drug Works“ ist ein psychedelisches, surreales Tonkonstrukt, das über seine ganze Länge keine richtige Struktur annimmt – sicher absichtlich.
Künstliche Intelligenz ist das Thema von „Artitificial Intelligence“, weckt aber ein wenig Assoziationen an das Intro der Fernsehreihe „American Gods“.
„The Restricted Area“ klingt getragen und geheimnisvoll, mit einigen, wenigen seltsamen akustischen Querschüssen in Form einer weiblichen Stimme.
Mit „Trouble“ wird es flotter, aber auch bedrohlicher, was sich in „Armed Unmanned Aerial Vehicle“ fortsetzt. In „Hey! Going Down Means Dying“ setzt sich die Bedrohung fort, schaltet hier nur rhythmisch zwei Gänge zurück. Auch „Blood And Steel“ setzt auf einschüchternde Atmosphäre mit militärischem Beigeschmack.
„Understand. We Lost Them“ ist schon gemäß dem Titel kein euphorischer Track. Traurige Streicher treffen hier aufeinander und weben einen melancholischen Klangteppich.
„Survivors“ sind die, die übrig bleiben. Das wird hier mit E-Gitarren und starken musikalischen Meinungsäußerungen zum Ausdruck gebracht.
An „Abandoned Vessel“ kann alles bedeuten. Eine Gelegenheit, Nostalgie oder auch eine Falle. Dieser Track lässt aber eher an letzteres glauben.
„A Reckless Chase“ ist drängend, hektisch und man kann kaum an ein Entkommen glauben.
Nicht alle Gäste sind willkommen. Und auch „The Uninvited“ macht nicht den Eindruck, dass man sich auf die im Song akustisch dargestellten Besucher freut.
Wenn man glaubt, dass die Zukunft nur negativ werden kann, kommt der Titel „A New World?“. Eine drängende und anschwellende Hymne, die letztendlich doch Optimismus verbreitet.
Den Abschluss des Albums bildet der Titelsong „SILICIUM“. Ein sechsminütiger Track, der offen lässt, wie man das Gesamtbild des Albums deuten will, positiv oder negativ. Er beginnt ruhig, endet aber dann orchestral.

Das Album selbst ist ein formschönes Perlcase mit einem gelungenen Booklet und einer Schicht Silizium darüber – oder ist es doch nur ein verstärkter Karton mit stilisierten Leiterbahnen? An der Qualität von Cover und CD lässt sich absolut nichts aussetzen. Wie sieht es aber mit den Tracks selbst aus?
Auf der Webpräsenz von Erdenstern steht geschrieben, dass das Album von einer Welt am Abgrund, in einer Abwärtsspirale erzählt. Künstliche Intelligenzen, gefährliche Maschinen und radioaktive Wüsten, in denen etwas Unbekanntes erwacht ist, werden ebenfalls angeführt.

Teils ist dieses Konzept, mit mechanisch-synthetischem Beigeschmack, vorhanden. Das ergibt einige sehr gelungene Tracks, besonders zu Beginn des Albums. Hier man „Megalopolis“, „Artificial Intelligence“ und „Welcome To The Club“ hervorheben. Dieser rote Faden zieht sich allerdings nicht durch das gesamte Album. Das bedeutet zwar nicht, dass die anderen Songs nicht gut gelungen sind, aber gerade bei den bedrohlichen Liedern hätte man sich vielleicht etwas mehr Silicium gewünscht.

Insgesamt ist „SILICIUM“ allerdings ein weiteres gelungenes Album von Erdenstern, das besonders für Endzeitszenarien und eine Welt am Rande des Abgrunds, während der Konfrontation mit einer übermächtigen Maschinenintelligenz hervorragend geeignet ist. Zwar wäre ein etwas durchgängigerer Faden hinsichtlich des Hauptthemas wünschenswert gewesen, das mindert das Hörerlebnis und besonders die Einsatzmöglichkeiten des Soundtracks nur unmerklich. Ein weiteres Erdenstern-Album, das in der Sammlung nicht fehlen sollte.

Tracklist:

1. The Future
2. Megalopolis
3. The Runners Awake
4. Welcome To The Club
5. Born Into This World
6. Uprising
7. The Drug Works
8. Artificial Intelligence
9. The Restricted Area
10. Trouble
11. Armed Unmanned Aerial Vehicle
12. Hey! Going Down Means Dying
13. Blood And Steel
14. Understand. We Lost Them
15. Survivors
16. Abandoned Vessel
17. A Reckless Chase
18. The Uninvited
19. A New World?
20. S I L I C I U M

Details

  • Autor*in:
  • Erschienen:
    07/2017
  • Umfang:
    1 CD
  • Typ:
    CD
  • ASIN:
    B076K8VN8Y

Bewertung

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