Spitzer Stift schlägt stumpfes Schwert

von Terry Pratchett
Rezension von Stefan Cernohuby | 08. September 2025

Spitzer Stift schlägt stumpfes Schwert

Es ist schon sehr lange her, dass ein Verlag ein neues Buch von Terry Pratchett angekündigt hat. Das ist aus mehrerlei Gründen nachvollziehbar. Zum einen ist der britische Kultautor bereits 2015 verstorben, zum anderen hat er testamentarisch verfügt, dass es keine posthumen Veröffentlichungen aus unvollendeten Werken geben würde. Nun hat man jedoch ein Schlupfloch gefunden, aufgrund dessen „Spitzer Stift schlägt stumpfes Schwert“ erschienen ist.

Das Werk enthält insgesamt 21 in dieser Form nicht veröffentlichte Kurzgeschichten von Terry Pratchett. Ein großer Teil davon handelt im fiktiven Ort Blackbury, das Kennern bereits aus zahlreichen anderen Erzählungen bekannt sein dürfte. Hier wird nicht nur die größte Pastete der Welt zubereitet und ein Dschungel angelegt. Nein, es spielt auch das Wetter verrückt, eine Dampfwalze beginnt zu spuken und ein komisches Ding aus dem Weltraum landet. Aber auch andere beliebte Themen werden wieder aufgegriffen. Der Weihnachtsmann, die Steinzeit und Interaktionen zwischen Rittern und Drachen. Die spannendste enthaltene Kurzgeschichte ist allerdings eine Überraschung. Sie spielt in einer Art Prä-Scheibenwelt, inklusive Zauberer, Helden und vielen anderen Elementen, und war einmal als Fortsetzungsgeschichte in einer Zeitschrift in Verwendung. Aber, und das ist das Besondere, sie war die einzige Geschichte aus diesem Band, die im Original unter Terry Pratchetts Namen erschien. Alle anderen Werke erschienen bei verschiedenen Medien unter Pseudonym.

Liest man die Kurzgeschichten ohne diesen Kontext, könnte das verwirren. Man erhält die Prototypen bekannterer Versionen. Sowohl „Wie alles Begann“ als auch „Drachensuche“ wurden später von Terry Pratchett nochmals gründlich überarbeitet und unter seinem eigenen Namen veröffentlich, beziehungsweise auch vertont. Andere stammen aus sehr frühen Schaffensperioden und wurden unter verschiedenen Pseudonymen, in der Mehrzahl aber als Patrick Kearns publiziert.
Jene Geschichten zeigen im Ansatz, was den Reiz und die Tiefe von Pratchetts Werken ausgemacht hat. Jedoch sind sie in überwiegender Zahl nicht ausgereift und – so seltsam das auch klingt – nicht wirklich gut. Abgesehen von der Erzählung „Die Suche nach den Schlüsseln“, bei der deutlich wird, dass der Autor zu diesem Zeitpunkt sein Handwerk schon deutlich besser beherrschte. Für alle Sammler und Fans ist „Spitzer Stift schlägt stumpfes Schwert“ daher eine wertvolle Ergänzung, da ein Großteil der enthaltenen Geschichten so noch nicht erschienen sind. Und das obwohl Pratchett selbst das Gleichnis mit Feder und Schwert mehrmals relativiert hatte.
Aus einem literarischen Standpunkt, der die Qualität der Geschichten berücksichtigt, sind die enthaltenen Storys (so steht es auch auf dem Einband) eher vernachlässigbar. Und doch wird man nach dem Lesen des Werks zufrieden sein. Man hat ein bisher unbekanntes Kapitel der Geschichte eines großen Autors gelesen. Und man hat erkannt, dass auch er ein Mensch war und die Qualität seiner Werke eine Lernkurve zeigt. So wie bei allen anderen auch.

„Spitzer Stift schlägt stumpfes Schwert“ ist eine Kurzgeschichtensammlung. Das allein wäre nicht bemerkenswert, doch sie enthält überwiegend Storys, die Terry Pratchett in seiner frühen Schaffenszeit unter Pseudonym veröffentlicht hatte. Auch wenn es in dieser Form eher der Sammel- und Vollständigkeitsaspekt ist und nicht die Qualität der enthaltenen Erzählungen, kann man das Werk allen Fans nur ans Herz legen.

Details

  • Autor*in:
  • Originaltitel:
    A Stroke for the Pen - The lost Stories
  • Übersetzer*in:
    Andreas Brandhorst
  • Verlag:
  • Genre:
  • Erschienen:
    08/2025
  • Umfang:
    240 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783492707350

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:

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