The Urban Files


Music inspired by The Dresden Files
von Erdenstern
Rezension von Stefan Cernohuby | 10. Juli 2016

The Urban Files

Inspiration für Musik kann aus den unterschiedlichsten Quellen kommen. Man kann andere Musik hören, Filme oder Serien sehen oder sich in der Natur befinden. Doch manchmal wird man auch durch das Lesen einer Romanreihe inspiriert. Wenn man diese Inspiration dann umsetzen und sie sogar unter Angabe der Inspirationsquelle veröffentlichen kann, hat man einen großen Schritt geschafft. So auch Erdenstern, deren Album „The Urban Files“ den Untertitel „Music inspired by The Dresden Files“ trägt.

Falls sich einige Leute schon immer die Frage gestellt haben, was gewesen wäre, wenn Sherlock Holmes neben seinen investigativen Fähigkeiten auch noch etwas weniger zurückhaltend sowie Magier gewesen und statt in London in Chicago auf Verbrecherjagd gegangen wäre, bekommt einen Teil der Antwort in der Reihe „The Dresden Files“ von Jim Butcher. Eine Reihe, die immerhin auch schon in Form einer nur eine Staffel langen Fernsehserie adaptiert wurde. Auch Erdenstern wurden von der Thematik inspiriert. Das urbane Setting, die übernatürlichen Wesen und der hard-boiled Detective, sind eine bunte Mischung und spannende Ausgangsbasis für Ideen.
Ideen, die wir uns hier näher ansehen wollen.
„The Urban Files“ beginnt mit einer „Introduction“, die man auch als Grundthema oder Intro einer Fernsehserie verstehen und verwenden könnte.
In „Beyond the windy City“ hört man zwar Musik mit urbanem Grundcharakter, die unterschiedlichen Instrumentengruppen und ihre jazzartig eingestreuten Elemente zeigen jedoch, dass es viele Farbtöne in der Stadt gibt.
Ein übernatürliches Verbrechen gilt es wohl in „Supernatural Crime Scene“ zu betrachten. Begleitet wird dies von Streichern, einem kirchlich anmutenden Choral und einem Grundthema, wie man es in fantasylastigen Rollenspielen kennt. Etwas für düsteren und geheimnisvollen Hintergrund.
Deutlich mehr Thema steckt in „Investigation in Twilight“. Vor allem die Kombination aus verzerrter Basis und Blasinstrumenten lässt zu Beginn des Lieds mehr als nur einen Hauch Morricone aufkommen. Mit einem Zwischenteil, in dem auch Tasteninstrumente eine Rolle spielen dürfen, bleibt es jedoch variantenreich, um gegen Ende wieder zum Grundthema zurückzukehren.
„The Pub“ wirkt entgegen der Beschreibung schräg, schwermütig und betrunken zu sein, fast zu locker und leicht und man meint eine ähnliche Melodik wie in Klassikern wie „The Tennessee Walz“ zu hören.
Doch die Musik der Stadt ist vielfältig und so fühlt sich „Preparation“ angemessen sakral und geheimnisvoll.
Völlig überrascht wird man von den verzerrten Gitarrenklängen von „Fool Moon“. Man fühlt sich von dreckigen, ein wenig idustrial-rockigen Klängen begleitet und bekommt das Gefühl, Trent Reznor könnte um die nächste Ecke biegen.
„An old Friend“ beginnt so sanft und getragen, dass man sich fast in Sicherheit gewiegt fühlt – doch die Melancholie im Lied deutet darauf hin, dass längst nicht alles gut ist.
Mit „Let’s go get’em“ kann man definitiv Aktionen einleiten – stellenweise fühlt man sich vielleicht ein wenig an das Thema von „Mission Impossible“ erinnert, was aber durchaus passend sein kann.
Harry Dresden bekommt es mit Mächtigen aus Himmel und Hölle zu tun. „Demigods and Arkangels“ soll diese Stimmung vermitteln, was auch die lauter werdenden Choräle am Ende kennzeichnen.
Frauen können für Helden oft gewaltige Probleme bedeuten. Das Stück „Femme Fatale“ hat auf jeden Fall das Potenzial Verführung und Gefahr überzeugend zu vermitteln.
Sphärisch verzerrte Gitarrenklänge führen den Hörer in „Underground“ in selbigen. Hier spielt die umgebende Geräuschkulisse eine wichtige Rolle.
Erhaben geht es in „The Council“ zu, genau wie vorgesehen, während man in „Hunting the Beast“ die hektische Stimmung einer Jagd nachempfinden kann, bei der es eindeutig um etwas Übernatürliches geht.
„The Twilight Club“ ist ganz offensichtlich ein verruchter Jazzclub, wo man sicherlich auch auf Verführerinnen treffen kann, wie sie in „Temptation“ thematisiert werden – in beiden Fällen geht es eher ruhig zur Sache.
Ganz anders als in „Afraid of the Dark“, wo man immer wieder aus fast kompletter Stille von drohenden, drängenden Klängen überrascht wird. Ein wenig unheimlich ist auch „On these Streets“, wobei man sich jetzt bis zum Schluss nicht ganz klar ist ob das eine gute oder weniger gute Sache ist.
Bei „Chicago Downtown Creatures“ geht es sehr lebhaft und sprunghaft zu. Dabei ist das wilde Treiben mit derartig hellen, positiven Tönen untersetzt, dass man das Lied auch problemlos in fröhlichen Disney-Pixar-Treiben wie in „Die Monster AG“ hätte einsetzen können.
Wenn etwas Böses näherkommt, sollte man das entsprechend darstellen. So wie in „Manifestation“, in der man das deutlich wahrnimmt, so wie das drängende Lauterwerden der verzerrten Gitarren.
Drängend, hektisch und episch geht es in „A Final Straw“ zu. Doch es handelt sich nicht um den letzten Strohhalm, denn erst „The Urban Files“ schließt das Album würdig und rund ab.

Auch mit „The Urban Files“ beweisen Erdenstern ihre Vielseitigkeit. Auf Basis der Inspiration einer Romanreihe wurden unterschiedliche Fragmente einer sehr facettenreichen Welt aufgegriffen und exemplarisch dargestellt. Die musikalischen Highlights dieses Albums sind zweifellos „Fool Moon“ für seinen schmutzigen Rock-Charakter, „Investigation in Twilight“ für den Morricone-Touch und auch die „Chicago Downtown Creatures“, die man vor dem inneren Auge schon beinahe herumtollen sehen kann. Selbst wenn einige wenige der anderen Lieder nicht unbedingt völlig der angegebenen Stimmung entsprechen oder vielleicht dem Hörenden zu einhundert Prozent zusagen, ist der Gesamteindruck wieder einmal hervorragend. 22 Tracks sind es, die den Käufer der CD erwarten. Und egal ob dieser den Tonträger, der übrigens mit tollem Design und zweisprachigem Booklet in einem „Super Jewel Case“ ausgeliefert wird, als Stimmungsmusik oder für Rollenspielzwecke dienen soll – er erfüllt beide Zwecke bestens.

„The Urban Files“ ist ein Album von Erdenstern, das durch die Inspiration von Jim Butchers „Dresden Files“ entstanden ist. Doch es handelt sich um weit mehr als nur eine Hommage. Denn sowohl wird die magisch-vielseitige Natur des urbanen Abenteuers dargestellt als auch eine musikalische Bandbreite erreicht, wie bisher noch bei keinem Erdenstern-Album. Titelmelodie, Filmmusik und Hintergrundmusik eines entsprechenden Filmprojektes könnte von Erdenstern problemlos abgedeckt werden. Von unserer Seite sprechen wir eine definitive Kaufempfehlung aus.

Tracklist:

01 Introduction
02 Beyond The Windy City
03 Supernatural Crime Scene
04 Investigation in Twilight
05 The Pub
06 Preparation
07 Fool Moon
08 An Old Friend
09 Let’s Go Get’Em
10 Demigods and Archangels
11 Femme Fatale
12 Underground
13 The Council
14 Hunting The Beast
15 The Twilight Club
16 Temptation
17 Afraid Of The Dark
18 On These Streets
19 Chicago Downtown Creatures
20 Manifestation
21 A Final Straw
22 The Urban Files

Details

  • Autor*in:
  • Erschienen:
    06/2016
  • Umfang:
    1 CD
  • EAN:
    0609224513046
  • Spieldauer:
    79:48 Minuten

Bewertung

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