Midgard

Thalassa und der Bettlerkönig

von Carsten Wille
Rezension von Stefan Cernohuby | 05. Februar 2011

Thalassa und der Bettlerkönig

Die größten Metropolen der Geschichte scheinen ein Schicksal miteinander zu teilen. Irgendwann kommt der Tag, an dem sie fallen. Ob Babylon, Rom, Karthago, Moskau oder viele andere, sie alle sind schon einmal in Trümmer gesunken. Um eine Stadt von ähnlichem Format geht es auch in einem neuen Quellenband für das Rollenspiel Midgard". Der Titel desselben lautet "Thalassa und der Bettlerkönig", wovon einige Fans vermutlich schon eine ungefähre Vorstellung haben.

Im Vorwort wird erwähnt, dass es sich bei Thalassa um ein Projekt handelt, dass nach zehn Jahren schlussendlich vollendet werden konnte. Es folgt eine kleine Anleitung für den Spielleiter, was er vom Band erwarten kann, wie er an ihn herangehen sollte und was er nicht explizit finden wird. Danach wird die Beschriftung von Gebäuden und Personen im weiteren Band erklärt.
So gut wie jede Großstadt hat einmal sehr klein begonnen, aber einige wenige haben eine sehr lange Geschichte. So auch Thalassa, das zuerst als Marvenna bekannt ist, bis es nach etwa 400 Jahren im Zuge eines Volksaufstands umbenannt wird. Doch das ist erst der Anfang. Denn Thalassa schwingt sich nicht nur zu einer Hochburg des Handels auf, sondern auch zur Hauptstadt des Valianischen Imperiums. Kunst, Architektur sind lange Zeit ihre Markenzeichen. Doch die sogenannten Dunklen Meister, eine Fraktion der Seemeister, lassen sich immer mehr mit Dämonen ein. Die Gegenfraktion, die Grauen Meister, verbündeten sich dagegen mit den Feinden des Imperiums. Dieser Konflikt ist es, der die Stadt schlussendlich vernichtet. Und doch ist nie völlig das Leben aus ihr gewichen. Denn nun ist sie das Reich des Bettlerkönigs, der sich selbst Mendarch" (Anti-Herrscher) nennt.
Zuerst wird das alte Thalassa vorgestellt. Und doch wird sofort erwähnt, was sich statt Wäldern nun dort befindet. Nach einer Umgebungsbeschreibung mit einigen Anekdoten betritt man die Stadt gemeinsam mit dem Erzähler. Man erfährt sowohl die Struktur und den Hintergrund der aktuellen Stadt und des Bettlerkönigs, als auch wie alles auf den Besucher wirkt. Dazu gibt es genauso wichtige Informationen über verwendete Sprachen, wichtige Feiertage und noch wichtigere Persönlichkeiten. Dabei wird nach Vierteln vorgegangen. Interessant dabei ist die Vorgehensweise vom Augenscheinlichen bis zum tatsächlichen (mutmaßlich dämonischen) Hintergrund. Ein kurzes Bestiarium und Thaumaturgium schließen den eigentlichen Band ab, danach findet man neben den üblichen Verzeichnissen auch eine schön gestaltete und in Farbe gehaltene Karte der ganzen Region.

Wie schon zu Beginn des Quellenbuchs wird erwähnt, dass Thalassa ein Langzeit-Projekt dargestellt hat, in das viele Leute ihr Herzblut einfließen gelassen haben. Das spürt man, wenn man durch den Band blättert und die liebevoll ausgearbeiteten Details zu verschiedenen Charakteren und Orten bemerkt. Es fehlt also weder an Tiefe noch an Möglichkeiten, so viel ist sicher, denn im Spiel ist die Stadt schon immer am Rande erwähnt worden. Trotzdem ist die Ausarbeitung nicht so statisch, dass man alles vordefiniert bekommt, sondern man erhält noch genügend blinde Flecken, um seine eigene Fantasie mit einzubringen. Einzig und allein das Gesamtkonzept kommt einem ein wenig bekannt vor, angesichts von Ähnlichkeiten in phantastischer Literatur. In Quellennachweisen werden sowohl als Inspirations- und Informationsquellen verschiedene historische Nachschlagewerke angegeben, die sich zu einem Gutteil um Karthago drehen. Und doch ist ein Bettlerkönig, der Herr über eine zerstörte Stadt ist, schon im "Cthulhu"-Ableger "Der König in Gelb" vorgekommen und dort auch sehr oft thematisiert worden. Insofern lässt die Lösung, die aktuell gefunden wurde, ein wenig halbherzig anmuten. Hier hätte man noch eine Stadt mit dunklerem Hintergrund und einem noch weit gefährlicheren Herrscher schaffen können. Doch dies ist vermutlich Geschmackssache. Von der Ausarbeitung her kann man am Band keine Kritik üben. Jeder Spielleiter, der seine Spieler durch die Welt Midgards ziehen lässt, tut gut daran, sich "Thalassa und der Bettlerkönig" zuzulegen. Denn dieses Buch bietet Stoff für zahlreiche Abenteuer.

Der Quellenband Thalassa und der Bettlerkönig" ist das Ergebnis eines langjährigen Projekts und die Beschreibung einer besonderen Stadt. Die einstige Metropole wird nun von völlig anderen Menschen bewohnt, was für Spielleiter und Spieler sehr interessante Möglichkeiten bietet. Die gute Ausarbeitung des Werks macht das Werk empfehlenswert, deshalb sollte es für die Spielwelt Midgard keinesfalls unberücksichtigt bleiben. Denn das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt definitiv.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
    Keine Bewertung
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Spieltiefe:

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