Und was isst du dann?


Ein Kochbuch über Leckerstes. Glutenfrei, pflanzlich, zuckerlos
von Felix Bork, Deniz Ficicioglu
Rezension von Elisabeth Binder | 08. Mai 2018

Und was isst du dann?

Wer mit dem Hattrick von "glutenfrei, pflanzlich und zuckerlos" seine Essgewohnheiten beschreiben muss oder will, der wird von Allesfressern oft als kulinarische Spaßbremse abgestempelt. Dieses Vorurteil wollen die Bloggerin Deniz Ficicioglu (zuckerlos und glutenfrei) und der Illustrator Felix Bork (vegan, zuckerlos) mit ihrem Kochbuch widerlegen.

Das Buch beginnt mit einer näheren Erklärung, warum Menschen, die unter Intoleranzen oder Malabsorptionen bestimmter Nährstoff leiden, verständlicherweise der Humor fehlt, wenn es um ihre Krankheit geht. Oft dauert es Jahre, bis Folgeerscheinungen wie schwere Verdauungsprobleme, Müdigkeit und Kopfschmerzen auftreten. Die Entstehung der Intoleranzen von Laktose, Fruktose und die damit verbundenen Krankheitsbilder werden in verständlicher Form erklärt. Die dazugehörigen Illustrationen sind hingegen bemüht, die Tabus rund um die krankheitsbedingten Verdauungsprobleme ganz unwissenschaftlich mit einer Portion Brachialhumor aufzubrechen. Das ist anfangs ganz lustig, wird aber durch die ständige Wiederholung etwas anstrengend. Im Anschluss an die Theorie berichten die Autoren dann noch über ihre ganz persönlichen Erfahrungen im fruktoselosen und veganen Alltag. Wer nach der Lektüre der Unverträglichkeiten einmal die Zutatenlisten gängiger Lebensmittel in einem "normalen" Supermarkt etwas näher studiert, wird schnell bemerken, dass ein Großteil davon für an Unverträglichkeiten Leidende in den Giftschrank gehört. Bevor es mit den Rezepten zur Sache geht, gibt es noch eine kurze Warenkunde zu allseits verträglichen Kernzutaten. Da findet man einiges, das schon den Weg in den Mainstream geschafft hat, wie beispielsweise Ahornsirup, Kokosöl oder Miso. Andere Zutaten zielen darauf ab, gewohnte Geschmackserlebnisse im laktose-, fruktosefreien und veganen Lebensmitteluniversum zu reproduzieren. Vor allem dem Umami, also dem fleischig-würzigen, versucht man sich über Umwege anzunähern.

Der Rezeptteil beginnt mit allem, was man so in der Früh essen kann. Das reicht von monochromen Smoothies (rot, grün, weiß) über die persönlichen Porridge-Favoriten der Autoren, glutenfreien Brotvarianten bis zum Katerfrühstück. Letzteres besteht aus einem Kilo Tiefkühlpommes für zwei Personen. Aber bitte ohne Ketchup, denn sonst gibt es mit Fruktoseintoleranz Probleme. Im nächsten Kapitel geht es um Basics. Das sind einerseits Rezepte für schnelle Gerichte, die man leicht in den Alltag einbauen kann, und andererseits Rezepte für unbedenkliche Geschmacksträger im Eigenbau, wie beispielsweise Würzöle, eingelegtes Gemüse oder auch der Brühwürfel. Dann geht es weiter mit "Was Richtiges", wobei sich der grobe inhaltliche Unterschied zum vorigen Kapitel nicht ganz erschließt. Die warmen Gerichte sind allesamt Abwandlungen von Altbekanntem, wie Risotto, Polenta und Bolognese. Dazwischen gestreut finden sich ein paar Salate, eine Suppe und ein Sandwich. Spannend wird es im Kapitel "Süßes", denn dort ist die Distanz zwischen den Zutaten handelsüblicher Süßspeisen und denen, die alle Intoleranzen berücksichtigen, doch am größten. Die acht Rezepte sind wirklich gelungen. Hier geht es nicht so sehr um Nachbauten, sondern darum mit den eingeschränkten Zutaten ein Maximum an Geschmack zu produzieren. Das nachfolgende Kapitel zu den Getränken ist schnell durchgeblättert und kommt leider etwas besserwisserisch daher.

Die Rezepte sind in der Zubereitung zumeist sehr simpel und kommen mit wenigen Zutaten und Arbeitsschritten aus. Lediglich einige der Basisrezepte sind sehr zutatenintensiv, allen voran die selbstgemachte Brühe. An einigen Stellen würde man sich auch als geübte Köchn mehr Genauigkeit in den Angaben wünschen. Gerade bei den Süßspeisen sind Angaben zur Größe der Backformen vage. Die Kernzutaten werden konsequent in den Rezepten eingesetzt, so dass die preislich doch etwas teureren Lebensmittel nach einmaligem Einsatz nicht auf dem Müll landen müssen. An einigen Stellen scheint es so, dass die Autoren das Ziel ihres Kochbuchs etwas aus den Augen verlieren. Unter Umständen hätten die sechs Seiten mit Illustrationen zum Reifegrad einer Avocado besser mit mehr Rezepten gefüllt werden können. Ähnliches gilt auch für die letzten sechs "Rezepte" für Skinny Bitches (Alkohol mit Soda). Das findet man vielleicht nach dem dritten Drink ganz lustig, nüchtern betrachtet schleicht sich jedoch eine leichte Verärgerung ein.

Mit "Und was isst du dann?" haben Deniz Ficicioglu und Felix Bork einen kulinarischen Friedensvertrag verfasst, der außer für wirklich unverbesserliche Fleischliebhaber für ein Ende essensideologischer Diskussionen sorgt. Denn schließlich "wollen doch alle nur was Geiles zu essen" (S. 13)

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