Tell Me!


Wie Sie mit Storytelling überzeugen
von Thomas Pyczak
Rezension von Michael Seirer | 05. Juli 2017

Tell Me!

Was macht eine gute Geschichte aus? Wann fesselt sie Zuhörer und bleibt im Gedächtnis? Autoren von Romanen und Drehbüchern kennen Klassiker wie Joseph Campbells Buch “The Hero with a Thousand Faces” mit der Beschreibung einer klassischen Heldenreise. Aber muss es immer genau dieser Ablauf sein? Was macht eine Story zu einer guten Story? Was ist der Kern einer Geschichte und wann verbindet und inspiriert er Menschen? Thomas Pyczak hat sich dem breiten Thema Storytelling angenommen und dazu ein Buch im Rheinwerk Verlag herausgebracht.

“Tell Me!” ist in drei Abschnitte unterteilt: “Connect - so wirken Geschichten”, “Copy - die Baupläne erfolgreicher Geschichten” und “Create - so entstehen gute Geschichten in der Praxis”. Dazwischen wurden zwei kurze, aber wichtige, Einschübe zum Thema “Schweigen” (Schweigen wie Helmut Schmidt oder Schweigen wie Steve Jobs) und “Zuhören” eingeschoben.

Im Abschnitt “Connect” werden die verschiedenen “basic plots” als Mustervorlagen von Erzählungen beschrieben. Geschichten, die diesen Mustern folgen, werden seit der Entwicklung der Sprache am Lagerfeuer erzählt und dienen dazu unsere Gehirne auf die gleiche Wellenlänge zu bringen. Das Gehirn verbindet unablässig einzelne Datenpunkte zu einer (erfundenen) Geschichte. Dabei erfinden verschiedene Typen von Menschen teils völlig andere Geschichten im Kopf. Die Theorie dahinter nennt sich Riemann-Thomann-Modell. Diese Typen sollte man kennen, um darauf eingehen zu können. Ideal ist eine Story dann, wenn sie Aspekte für alle Typen integriert.

Im Abschnitt “Copy” werden Muster und Vorlagen beschrieben, wie Stories strukturiert sein können und welche Abläufe sich bewährt haben. Dabei werden Tools und Formulierungsvorlagen vorgeschlagen, die es zum Beispiel ermöglichen, das eigene Projekt in 20 Sekunden zu beschreiben. Aber auch klassische Erzählstrukturen wie die dramatische Pyramide von Gustav Freytag und das Dreiaktmodell von Syd Field werden aufgeführt. Witzigerweise wird im Buch sogar die Entstehung des Buches “Tell Me!” als Heldenreise erzählt.

Der dritte Abschnitt “Create” widmet sich dann konkreten Beispielen aus der Unternehmenspraxis und liefert Beispiele, wie bekannte Marken durch Storytelling mit viralen Kampagnen erfolgreich waren. Aber auch für das Erzählen der (eigenen) Lebensgeschichte finden sich Tipps, damit man bei der Frage “Was machst du?” nicht ins Straucheln kommt. Insbesondere wird die Unternehmensgeschichte von AirBnB erzählt, die sich durch einige spannende Wendungen auszeichnet. Als mögliche Quelle für gute (Unternehmens-)Stories wird auch noch das Auswerten von Big Data-Erkenntnissen erläutert. Die Botschaft: weg von faden Datawarehouse-Reports und hin zu Data-Storytellling! Unterlegt wird das mit interessanten Beispielen aus dem Umfeld von Google und Netflix.

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Auf knapp 270 Seiten schafft es das Buch trotz vieler Beispiele und Geschichten nicht zu sehr in den Stil amerikanischer Sachbücher abzurutschen (in denen in die Länge gezogene Geschichten das schon mehrfach Beschriebene wiederholt zu untermauern versuchen). Die beiden Einschübe “Die Kunst des Schweigens” und “Die Kunst des Zuhörens” gehen im Buch mit sechs beziehungsweise acht Seiten jedoch fast unter. Dabei handeln sie von einem fundamental wichtigen Prinzip um das eigene Storytelling zu verbessern: Schweigen, um das Gesagte zu Verstärken und wirken zu lassen und Zuhören und Nachfragen um aktiv neue Erkenntnisse zu erhalten.

Das Buch versucht allgemein zu bleiben: Storytelling ist schließlich nicht nur in der Marketing- und Kommunikationsbranche sondern auch im Business- und privaten Bereich anwendbar. Weiterführende Literaturtipps in den Fußnoten ermöglichen das vertiefende Studium. Diese nochmals in einem eigenen Kapitel zusammenzufassen wäre noch besser gewesen.
Am Ende der Kapitel finden sich layouttechnisch hervorgehobene “Take away”-Blöcke, welche die Kernbotschaft nochmals zusammenfassen.

Ein flüssiges Lesen und Erinnern ist etwas schwierig, da viele Kapitel für sich alleine stehen und nicht auf andere Kapitel aufbauen.

Viele weiterführende Links, ebooks und Videos werden als URL in einer Fußnote angegeben Hier wäre das Verwenden eines URL Shorteners oder eines QR Codes hilfreich gewesen. In der Ebook-Variante des Buches sind diese aber praktischerweise klickbar.

Viele der vorgestellten Tools wirken wie Instant-Lösungen mit genauer Schritt-für-Schritt-Anleitung. Beim genauen Hinsehen erfordern sie alle aber ein intensives Arbeiten mit der Vorlage, inklusive dem Austesten von Ergebnissen an der Zielgruppe. So gesehen kann man es fast schon als ein Arbeitsbuch ansehen.

“Tell Me!” fasst die verschiedenen Ansätze zum Thema Storytelling strukturiert zusammen und liefert Mustervorlagen und -formulare mit, die dabei helfen, die eigenen Geschichten zu erzählen. Damit bleibt es nicht in theoretischen Erläuterungen stecken, sondern liefert konkrete Formulierungsanleitungen und -hilfestellungen für die praktische Umsetzung gleich mit. Die Analyse vieler bekannter Kino- und Werbefilme ermöglicht ein gutes Verständnis der im Hintergrund wirkenden Mechanismen. Wer Geschichten fesselnd erzählen will und möchte, dass diese im Gedächtnis der Zuhörer bleiben, sollte sich das Buch unbedingt näher ansehen.

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