Wien abseits der Pfade

von Georg Renöckl
Rezension von Stefan Cernohuby | 21. Juni 2019

Wien abseits der Pfade

Ein Pfad ist im Grunde ein schmaler Weg. Wenn man enge Gassen, Häuserschluchten und breite Fahrbahnen mit einbezieht, müsste eine Großstadt aus einer großen Menge an Pfaden bestehen, die viele Einheimische und Touristen verwenden. Bewegt man sich aber abseits derselben, kann man vermutlich andere Orte entdecken. Darauf spekuliert man, wenn man zu Georg Renöckls Werk „Wien abseits der Pfade“ greift.

Oft ist es so, dass sich direkt neben einem belebten Platz voller Touristen ein versteckter Hinterhof befindet. Dass manche Häuser einen Innenhof besitzen, den man durchqueren kann. Oder dass nach unscheinbaren Kellertreppen versteckte Lokale und historische Kleinode auf einen mutigen Besucher warten. So quert Georg Renöckel besonders in den ersten Kapiteln oft bekannte Plätze in der Wiener Innenstadt, führt den interessierten Besucher dann aber auf thematische Abwege. Und irgendwo gibt es dann immer etwas, das man auch servieren und als Rezept festhalten kann. So schleicht man nicht nur quer durch den ersten Bezirk und bewegt sich dort an den üblichen Touristenströmen vorbei. Man findet sich auf den Spuren der schönen alten Donau wieder, unter anderem dort, wo die Donau früher war. Da kommt man am Donaukanal, an der Alten Donau, aber auch am Franzosenfriedhof vorbei. Man besucht historische Bäder, begegnet vielen Bauwerken von Otto Wagner und erfährt auch die eine oder andere spannende Aussage, die man einem der wichtigsten Architekten für Wiens Stadtbild in den Mund legt. Man begleitet Reiseführer mit alternativen Konzepten, besucht moderne Traditionalisten und begegnet vielem, das nur in Wien typisch ist – aber nicht so, dass man als Tourist darauf normalerweise aufmerksam würde. Es gibt Blicke hinter Kulissen und natürlich auch einen Blick über Wien.

Wien bietet so viele Möglichkeiten, mit Geschichte und Kultur in Kontakt zu kommen. Braucht es daher ein solches Werk? Eines, das sich Wien von einer ganz anderen Seite nähert? Welches das Verborgene neben dem wohlbekannten offenbart und Geheimtipps bietet? Nun, die Antwort könnte kaum wienerischer sein. Kommt darauf an. Im unserem Fall kann man eine gewisse Ortsverbundenheit mit Wien nicht leugnen – und gleichzeitig auch Ortskenntnis. Insofern ist sowohl die Herangehensweise von Georg Renöckl interessant, als auch die von ihm ausgewählten Örtlichkeiten. Denn selbst als Einheimischer und Wien-Erforscher gibt es noch einige Tipps, einige Hinweise, denen man selbst noch nicht nachgegangen ist. Und ja, das macht das Werk sogar für Eingeborene wertvoll. Und auch für all jene, die eine Stadt nicht nur anhand ihrer größten Sehenswürdigkeiten kennenlernen, sondern auch zu ihrem Kern vorstoßen wollen. Zu dem, was sie ausmacht. In diesem Buch findet man diesbezüglich einige gute Ansätze – und hat die Möglichkeit auf ähnliche Weise noch mehr zu entdecken. Denn der Verfasser des Buchs deutet durchaus an, dass es in Wien noch viele Ecken gibt, die ebenfalls interessant wären, und die am besten durch zielloses Schlendern erforscht werden können.

„Wien abseits der Pfade“ ist nicht wirklich ein Reiseführer. Das Buch von Georg Renöckl beschreibt einen anderen Ansatz, wie man sich durch die Stadt Wien bewegt, wie man versteckte Details und den Kern ihres Wesens finden kann. Und natürlich gibt es einige Geheimtipps, wie man verborgene Orte nahe belebter, touristisch genutzter Bereiche findet. Das macht das Werk sowohl für Wiener selbst interessant, als auch für all jene, die nicht nur die Top-10 der Sehenswürdigkeiten abarbeiten wollen.

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